Freitag, 17. Juli 2020

Nach Gäubahn-Fildertunnel-Fata Morgana kann es kein Zurück zum vorherigen Planungsstand geben

Der vorgeschlagene 10 bis 12 Kilometer lange neue Tunnel für die Gäubahn auf den Fildern hat Null komma Null Chancen auf Realisierung. Das wurde hier in diesem Blog bereits mehrfach ausgeführt.

Trotzdem ist dieser neue Tunnelvorschlag spannend und mit Nebenwirkungen versehen. Denn dieser Vorschlag hat bewirkt, dass auch die Stuttgart 21-Protagonisten die bisherige Planung für die Gäubahn auf den Fildern im Rahmen von Stuttgart 21 als "Murks" und nicht umsetzbar bezeichnet haben. Eine einfache Rückkehr zur alten Planung ist deshalb unvorstellbar.

Warum ist der Gäubahn-Fildertunnel-Vorschlag nicht realisierbar?
Der vorgeschlagene Gäubahn-Fildertunnel müsste im Rahmen des Bundesverkehrswegeplans durch den Bund realisiert werden. Dafür wäre allerdings eine Nutzen-Kosten-Betrachtung erforderlich. Nach aller Erfahrung ist es absolut unwahrscheinlich, dass ein 10 bis 12 Kilometer langer Tunnel (möglicherweise der dann längste Eisenbahntunnel Deutschlands) ausgerechnet für das Mauerblümchen Gäubahn einen Nutzen-Kosten-Faktor von über eins ergibt. Der Bund darf somit - auch wenn der politische Wille vorhanden wäre - diesen Tunnel nicht bauen.

Auch aus einem anderen Grund darf der Bund den Tunnel nicht bauen. Denn dieser Tunnel ersetzt nur die bisherige "Murks-Planung" für die Gäubahn auf den Fildern. Diese wiederum ersetzt die bestehende Panoramastrecke der Gäubahn, die für die Gäubahn immerhin bereits zwei eigene Gleise zum Stuttgarter Hauptbahnhof beinhaltet. Der vorgeschlagene Gäubahn-Fildertunnel ist somit ausschließlich wegen städtebaulicher Belange erforderlich, was eine Finanzierung durch den Bund ausschließt.

Nicht zuletzt steht auch der Deutschlandtakt diesem Tunnel entgegen. Denn für den Deutschlandtakt und für ein funktionierendes Rendezvous der Züge zur vollen und halben Stunde im Stuttgarter Hauptbahnhof muss die Gäubahn den Stuttgarter Hauptbahnhof über eigene Gleise erreichen. Beim vorgeschlagenen Gäubahn-Fildertunnel würde die Gäubahn jedoch in den Flaschenhals Fildertunnel von Stuttgart 21 münden. 

Was sind die Defizite der bisherigen Planung für die Gäubahn auf den Fildern?
Die bisher reine S-Bahnstrecke zwischen S-Rohr und dem Flughafen soll in eine Mischbetriebsstrecke umgewandelt werden. Das steht im Gegensatz zu den Bestrebungen in allen anderen S-Bahn-Regionen (z.B. München, Zürich, Hamburg, Frankfurt/Main), wo immer mehr separate Gleise für die S-Bahn gebaut werden.

Außer dem Mischbetrieb beinhaltet die bisherige Planung auch noch eingleisige Streckenabschnitte und höhengleiche Gleiskreuzungen. Alles zusammen sowie auch noch die Einfädelung in den Fildertunnel machen die bisherige Planung höchstwahrscheinlich unfahrbar.

Der Vorsitzende des Verbands Region Stuttgart muss sich jetzt erklären
Für Thomas Bopp, den Vorsitzenden des für die Stuttgarter S-Bahn zuständigen Verbands Region Stuttgart, schlägt jetzt die Stunde der Wahrheit. Jetzt muss Thomas Bopp erklären, ob er für einen Ausbau der S-Bahn ist oder nicht.

Falls er einen Ausbau der Stuttgarter S-Bahn bejaht, muss er sich jetzt umgehend für den Bau des dritten Gleises im Verlauf der Gäubahn zwischen Böblingen und Herrenberg einsetzen. Dieses dritte Gleis ist erforderlich, um die heute immer noch bestehenden Taktlücken bei der S1 zwischen Böblingen und Herrenberg zu beseitigen - eigentlich ein Unding und ein Skandal.

Des Weiteren muss sich Thomas Bopp klar dafür aussprechen, dass die Stuttgart 21-Pläne für den Mischbetrieb zwischen S-Rohr und dem Flughafen umgehend ad acta gelegt werden und nicht in das Genehmigungsverfahren gehen.

Nicht zuletzt muss sich Thomas Bopp dafür einsetzen, dass beim Stuttgart 21-Tiefbahnhof ein ergänzender Kopfbahnhof erhalten bzw. gebaut wird, der neben den Zügen der Gäubahn sowie den von Ludwigsburg durch den Pragtunnel kommenden Zügen auch zwei Gleise für die S-Bahn beinhaltet. 

Wie kann es jetzt mit der Gäubahn im Bahnknoten Stuttgart weitergehen?
Nach einer Inbetriebnahme von Stuttgart 21 - wann auch immer die sein wird - kann die Gäubahn zunächst mal für die Dauer von mindestens fünf bis zehn Jahren unverändert über die Panoramastrecke zum Kopfbahnhof beim Stuttgarter Hauptbahnhof fahren.

Nach der Inbetriebnahme von Stuttgart 21 können dann Planungen umgesetzt werden, die die Gäubahn zwischen dem Nordbahnhof und dem Kopfbahnhof etwas tiefer legen. Das ist für die Gäubahn unproblematisch, weil heute steilere Strecken befahren werden können als zur Dampflokzeit. Dies ist auch für den Städtebau unproblematisch, weil sich vor Mitte der Dreißiger Jahre ohnehin nicht viel auf dem heutigen Gleisvorfeld des Stuttgarter Hauptbahnhofs tun wird und weil es genügend Flächen auch neben der Gäubahntrasse für eine Bebauung geben wird.

Die Sanierung und Modernisierung der Panoramastrecke der Gäubahn zwischen S-Österfeld und dem Nordbahnhof können stufenweise und etappierbar umgesetzt werden.

Die Pläne zum Bau eines dritten Gleises für die Gäubahn beim Stuttgarter Flughafen sowie für einen Mischbetrieb zwischen S-Rohr und dem Flughafen sind sofort zurückzuziehen.

Ebenso ist zu klären, ob das heute praktizierte Ausweichen der S1 der Fahrtrichtung Herrenberg auf das Gleis 1 im Bahnhof Vaihingen weiterhin notwendig ist und welcher Maßnahmen es allenfalls bedarf, dies zu beseitigen. Der kurze eingleisige Abschnitt der Gäubahn im Bereich Nordbahnhof ist zweigleisig auszubauen.  

Des Weiteren sind umgehend die Planungen zum Bau eines dritten Gleises im Verlauf der Gäubahn zwischen Böblingen und Herrenberg aufzunehmen. Das dritte Gleis ermöglicht es, die heute vorhandenen Taktlücken bei der S1 zu beseitigen. Zudem wird der Betrieb der Gäubahn und der S1 damit pünktlicher.

 

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