Freitag, 1. März 2019

Resolution der Grünen zu Leistungsfähigkeit von Stuttgart 21 erfordert weitere Klarstellungen

Die Kreismitgliederversammlung der Grünen hat jetzt endlich einen Schritt hin zu einer Modifizierung und Anpassung des Projekts Stuttgart 21 unternommen. Angestrebt werden weitere Gleise zum Hauptbahnhof und ein Kombibahnhof. Als erster Schritt soll die Bahn nachweisen, dass mit Stuttgart 21 der geplante Fahrplan des Landes gefahren werden kann und dass eine Verdoppelung des Bahnverkehrs möglich ist.

Der Vorstoß der Grünen ist zu begrüßen. Allerdings wird bisher nicht genügend unternommen, um diesem Vorstoß auch zum Erfolg, sprich: zu Mehrheiten zu verhelfen. Es müssen deshalb dringend Ergänzungen und Klarstellungen zu diesem Vorstoß nachgereicht werden, damit dieser Vorstoß nicht das Schicksal unzähliger anderer Vorschläge erleidet.

1. Zusätzliche Gleise kosten Geld, das an anderer Stelle wenigstens zum Teil eingespart werden muss
Der Bund wird kaum eine große Bereitschaft zu erkennen geben, die vorgeschlagenen zusätzlichen Gleise, die zum Teil unterirdisch verlaufen werden, zu finanzieren. Denn der Bund muss ja erst einmal den Stuttgart 21-Brocken verdauen. Wie ein Damoklesschwert hängt über dem Bund die Möglichkeit, einen Teil der massiv gestiegenen Kosten von Stuttgart 21 direkt übernehmen zu müssen oder der Bahn direkt oder indirekt mit Milliarden unter die Arme zu greifen müssen.

Es ist kaum denkbar, dass unter diesen Umständen andere Regionen in Deutschland zustimmen, wenn der Bund nun erneut Milliarden für den Bahnknoten Stuttgart locker machen soll.

Deshalb bleibt nichts anderes übrig, als die vorgeschlagenen zusätzlichen Gleise über anderweitige Einsparungen bei Stuttgart 21 gegenzufinanzieren. Dafür kommen in erster Linie diejenigen Teile von Stuttgart 21 in Betracht, mit deren Bau noch nicht begonnen worden ist und die nicht zu einer Leistungssteigerung des Bahnknotens Stuttgart beitragen.

Das sind ganz konkret:
Die Rohrer Kurve
Die Führung der Gäubahn über den Flughafen
Der Mischbetrieb Gäubahn / S-Bahn zwischen Rohr und Flughafen
Der neue Flughafenbahnhof für die Gäubahn
Der Tunnel zwischen dem Flughafenbahnhof und dem Fildertunnel
Der neue zweigleisige Flughafenbahnhof für die Relation Stuttgart-Tübingen/Ulm.

Der Vorstoß der Grünen muss also ganz konkret darauf hinweisen, dass diese Elemente von Stuttgart 21 nicht gebaut werden dürfen.


2. Welche zusätzlichen Gleise zum Hauptbahnhof sind erforderlich?
Dieser Punkt muss ganz konkret aufgelistet werden.

Da ist zunächst mal die Zufahrt Zuffenhausen, eine der beiden Hauptzufahrten zum Hauptbahnhof. Stuttgart 21 hat acht Zu-/Ablaufgleise (ohne S-Bahn). Sechs dieser acht Gleise ersetzen die heutige Zufahrt Bad Cannstatt. Nur zwei dieser Gleise ersetzen die heutige Zufahrt Zuffenhausen, die heute bereits zweigleisig ist und die heute bereits ausgelastet ist.

Also muss es zwei zusätzliche Gleise von Zuffenhausen geben, die durch den vorhandenen Pragtunnel zu einem Kopfbahnhof beim Stuttgarter Hauptbahnhof geführt werden.

Dann gibt es die Gäubahn, deren zwei Gleise über die Panoramastrecke ebenfalls zu einem Kopfbahnhof geführt werden müssen.

Nicht zuletzt müssen auch zwei Gleise der S-Bahn zum Kopfbahnhof gefahren werden, einerseits für den gar nicht so seltenen Störungsfall, andererseits aber auch, um die Stammstrecke wenigstens ein wenig zu entlasten und den einen oder anderen Zug fahrplanmäßig im Kopfbahnhof enden zu lassen.

3. Der Disput zwischen der Grünen-Stadtspitze und Grünen-Bundespolitikern ist verheerend
Diesen Disput kann man sich im Rahmen des jüngsten Vorstoßes der Grünen für mehr Gleise zum Hauptbahnhof überhaupt nicht leisten.

Es ist deshalb erforderlich, dass die Grünen-Stadtspitze (OB Fritz Kuhn und Baubürgermeister Peter Pätzold) hier umgehend einlenkt. Die Grünen-Stadtspitze lehnt bisher eine Beibehaltung der Gäubahn über die Panoramastrecke zum Hauptbahnhof sowie zusätzliche Gleise zu einem Kopfbahnhof ab mit der Begründung, dass dies der Entwicklung des neuen Rosensteinquartiers im Wege stünde.

Diese Ablehnung ist ohne Hand und Fuß. Die Entwicklung des Rosensteinviertels und anderer Städtebauprojekte wird überhaupt nicht behindert, wenn die Gäubahn zunächst mal noch weitere fünf Jahre auf ihrer bestehenden Trasse zum Kopfbahnhof fährt. Man sehe sich nur mal die zeitlichen Dimensionen an.

Beim ehemaligen Güterbahnhof in Bad Cannstatt ist Jahrzehnte nach der Freiwerdung des Geländes immer noch kein einziges Gebäude bezugsfertig. Was das Rosensteinviertel betrifft, würden sich nach einer Inbetriebnahme von Stuttgart 21 in den Jahren 2025 bis vielleicht 2028 erst mal einige Jahre für Rückbau und Altlastenbeseitigung anschließen. Dann ist es 2030. Dann wird mit dem Bau von Erschließungsstraßen, von Infrastruktur und von Parks begonnen. Die ersten Gebäude werden vielleicht 2035 fertig. Das gesamte Gebiet wird vielleicht 2050 fertig.

Vor diesem Hintergrund spielt es überhaupt keine Rolle, ob die Gäubahn auf ihrer angestammten Strecke noch weitere fünf Jahre nach der Inbetriebnahme von Stuttgart 21 fährt. Die Stadt hat mit den freiwerdenden Flächen erst mal genug zu tun.

Der Vorstoß der Grünen muss, wenn er eine Chance auf Erfolg haben soll, umgehend diesen Disput ausräumen.

4. Die geplante unterirdische Führung der Gleise zum Kopfbahnhof muss erklärt werden
Gemäß dem Vorstoß der Grünen sollen die zusätzlichen Gleise zum Kopfbahnhof ganz oder teilweise unterirdisch geführt werden. Prompt gibt es dagegen Widerstand. Das ist auch kein Wunder. Denn dieser Punkt muss erklärt werden.

So muss z.B. der vorhandene Kriegsbergtunnel der Gäubahn neu gebaut werden. Der Tunnel ist alt und schadensanfällig. Wenn das Thema Neubau des Kriegsbergtunnels (sowie auch des Hasenbergtunnels) bisher nicht öffentlich diskutiert worden ist, dann alleine deshalb, weil die Bahn die Strecke bereits verkauft hat und die Strecke nach aktuellem Stand zur Stilllegung ansteht. Warum soll sich die Bahn über eine in Stilllegung begriffene Strecke Gedanken machen?

Wenn aber die Gäubahn weiterhin über die Panoramastrecke zum Hauptbahnhof geführt werden soll, werden der Neubau von Hasenbergtunnel und Kriegsbergtunnel schnell zum Thema werden.

Wenn aber der Kriegsbergtunnel schon neugebaut werden muss, dann kann man dies auch dazu nutzen, die Führung der Gäubahn zu verändern. Der Tunnel wird dann länger und so trassiert, dass die Gleise der Gäubahn unmittelbar neben und parallel zum Haltepunkt Nordbahnhof der S-Bahn geführt werden. Dort wird dann ein Haltepunkt für die Metropolexpresszüge der Gäubahn eingerichtet, so dass Fahrgäste von der Gäubahn in die S-Bahn (Relation Vaihingen-Feuerbach) umsteigen können.

Die Trasse der Gäubahn wird dann tiefer liegen als dies heute der Fall ist. Ein weiterer (Tagebau)tunnel für die Gäubahn zwischen Nordbahnhof und Hauptbahnhof ist dann nur noch ein kleiner Schritt.

Fazit
Der Vorstoß der Grünen ist zu begrüßen. Um aber Erfolg zu haben, um also mehrheitsfähig zu werden und beim politischen Gegner anzukommen, bedarf es dringend einiger Klarstellungen. Zudem muss der Disput innerhalb der Grünen umgehend ausgeräumt werden.             

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