Donnerstag, 21. März 2019

Die Argumentationsprobleme beim Projekt Stuttgart 21 zu ETCS, S-Bahn und Stadtbahn, Teil 2 von 4

Dies ist der zweite von vier hintereinanderfolgenden Posts in diesem Blog, in dem auf einen Kommentar der Stuttgarter Zeitung vom 20. März 2019 geantwortet wird. Der Kommentar ist von Thomas Durchdenwald verfasst und trägt den Titel "Signaltechnik für S-Bahnen in Stuttgart "Vom Trumpf zur Lusche"".

Im vorangegangenen Post ging es um die Themen zweite S-Bahn-Stammstrecke sowie dritte Stadtbahn-Stammstrecke. Heute geht es um die Versprechungen im Zusammenhang mit dem Projekt Stuttgart 21 und um das neue Signalsystem ETCS.

Das sagt der Kommentar
In Stuttgart hat man auf die moderne Signal- und Steuerungstechnik ETCS gesetzt. Ohne ETCS wäre der neue Stuttgarter S-21-Bahnknoten dann mit allen heute schon bekannten verkehrlichen Mängeln auch technologisch nicht auf dem Stand der neuesten Technik. Ohne ETCS wäre der S-Bahnverkehr, den täglich mehr als 400.000 Fahrgäste nutzen, nicht ausreichend zuverlässig, pünktlich und leistungsfähig.

Warum braucht man zusätzlich zu Stuttgart 21 noch etwas anderes, um die S-Bahn wieder auf Trab zu bringen?
Das ist ja schon merkwürdig. Jahrelang propagierten die Stuttgart 21-Pappenheimer, dass für die S-Bahn nach Fertigstellung von Stuttgart 21 das Himmelreich anbrechen würde. Die S-Bahn würde durch Stuttgart 21 entlastet. Damit würde es möglich werden, dass die S-Bahn wieder pünktlich und regelmäßig verkehrt. Von ETCS war damals keine Rede.


Jetzt wird es so dargestellt, als ob das damals versprochene Himmelreich doch nicht eintreffen wird, zumindest nicht sofort und zumindest nicht, ohne dass eben doch noch eine weitere Investition getätigt wird, genannt ETCS. Wie wäre es bei dieser Sachlage einfach mal mit einer Entschuldigung seitens der Stuttgart 21-Protagonisten?

Stuttgart 21 bringt Vorteile und Nachteile für die S-Bahn
Konkret wurden die folgenden Vorteile genannt, die Stuttgart 21 für die S-Bahn bringen soll.

1. Durch den neuen Haltepunkt Mittnachtstraße wird der Haltepunkt Hauptbahnhof von Umsteigern entlastet. Das verkürzt die Aufenthaltszeiten am Hauptbahnhof und damit die Zugfolgezeiten im Verlauf der Stammstrecke.

2. Die Metropolexpresszüge entlasten die S-Bahn.

3. Der Mischbetrieb S-Bahn/Regionalzug zwischen Bad Cannstatt und dem Hauptbahnhof entfällt.

4. Der Mischbetrieb S-Bahn/Regionalzug zwischen Plochingen und Bad Cannstatt entfällt.

Bei genauerer Betrachtung ist eigentlich nur der Punkt 3. von wesentlicher Bedeutung. Der bei Punkt 1. erhoffte Effekt ist unsicher und nicht nachgewiesen. Der bei Punkt 2. erhoffte Effekt tritt zum größeren Teil auch ohne und vor Inbetriebnahme von Stuttgart 21 ein. Der Punkt 4. ist fast ohne Belang.

Nun bringt Stuttgart 21 allerdings auch Nachteile für die S-Bahn, die jedoch kaum einmal genannt werden:

1. Es gibt eine neue höhengleiche Gleiskreuzung beim Bahnhof Plochingen zwischen der S-Bahn von Kirchheim/Teck und den Regionalzügen nach Tübingen.

2. Es gibt eine neue höhengleiche Gleiskreuzung in Bad Cannstatt zwischen der S-Bahn in Richtung Waiblingen und den Fern-/Regionalzügen über die Interregion-Kurve zum Hauptbahnhof.

3. Es gibt eine neue höhengleiche Gleiskreuzung beim Flughafen zwischen der S-Bahn in Richtung Vaihingen und den Fern-/Regionalzügen der Gäubahn zum Hauptbahnhof.

4. Nicht zuletzt gibt es eine neue Mischbetriebsstrecke S-Bahn/Fernzüge/Regionalzüge zwischen Stuttgart-Rohr und dem Flughafen.

Von Anfang an war also klar, dass sich die Vor- und Nachteile von Stuttgart 21 auf die S-Bahn allenfalls die Waage halten. Die Mega-Investition Stuttgart 21 lohnt sich zumindest nicht, wenn es um Verbesserungen für die S-Bahn geht.

Das scheint inzwischen überall angekommen zu sein. Deshalb muss man jetzt mit dem neuen Signalsystem ETCS noch einmal tief in die Tasche greifen, damit Stuttgart 21 nicht als Flop dasteht. Es wäre in der Tat ein Akt von Achtung gegenüber dem Wähler/ der Wählerin, wenn die Stuttgart 21-Protagonisten das dann auch mal so darstellen würden.

Im folgenden Post in diesem Blog geht es morgen um die zweite Stammstrecke der Münchner S-Bahn und um die pietistische Neigung der Stuttgarterinnen und Stuttgarter, immer wieder neidisch nach München zu blicken.        
        

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