Freitag, 28. Oktober 2011

Kann der Nürnberger Güterzugtunnel ein Vorbild für Stuttgart sein?

Sobald das Projekt Stuttgart 21 gestoppt ist, kann auch in der Stuttgarter (Bahn)Welt wieder der Normalzustand einkehren. Und dieser Normalzustand macht Schluss mit der gleichsam religiös verbrähmten Verkündigung eines Rückschritts als angeblicher Fortschritt. In diesem Normalzustand gilt es dann, die richtigen Fragen zur Verkehrszukunft zu stellen, Fragen, die zu stellen viele in der Region Stuttgart in den vergangenen 15 Jahren verlernt haben.

Und einige dieser Fragen sind:
Wie kann der Bahnknoten Stuttgart in den kommenden Jahren in Etappen ausgebaut werden?
Wie kann der S-Bahnverkehr in der Region Stuttgart in den kommenden Jahren in Etappen massiv ausgebaut werden?
Wie kann der Regionalverkehr in Baden-Württemberg in den kommenden Jahren in Etappen und im Hinblick auf einen integralen Taktfahrplan ausgebaut werden?
Wie kann der Schienengüterverkehr in den kommenden Jahren in Etappen massiv ausgebaut werden mit dem Ziel, viele LKW-Fahrten von der Autobahn herunterzubekommen?
Wie kann die Lärmbelastung des Schienengüterverkehrs trotz Ausbau in der Zukunft verringert werden?
Wie kann der Bahnkorridor Stuttgart-Ulm in Etappen bei voller Tauglichkeit für den Personenfernverkehr und den schweren Güterverkehr ausgebaut werden?

Zu einigen dieser Fragen gab es in diesem Blog schon die eine oder andere Idee, zum Beispiel zum etappierbaren Ausbau des Bahnknotens Stuttgart oder zum Ausbau des S-Bahnnetzes einschließlich einer besseren Anbindung des Flughafens Stuttgart. Vorschläge gab es auch für einen etappierbaren Ausbau des Bahnkorridors Stuttgart-Ulm. Auch zur Stadtbahn in Stuttgart gab es im Zusammenhang mit der U12 erste Vorschläge für die zukünftige Entwicklung.

Nun soll einmal der Schienengüterverkehr an der Reihe sein. Und der geplante Güterzugtunnel in Nürnberg, der das Thema des letzten Posts war, gibt uns hier eine Steilvorlage. Könnte ein solcher Tunnel auch in der Region Stuttgart sinnvoll sein?



Das Lastenheft für einen Güterzugtunnel in der Region Stuttgart könnte wie folgt aussehen:
  • Das dicht besiedelte Neckartal und das Remstal müssen in Teilen oder ganz vom Güterzuglärm entlastet werden.
  • Der vom Rangierbahnhof Kornwestheim kommende Verkehr muss ohne Fahrtrichtungsänderung in Untertürkheim direkt auf die Remsbahn und weiter in Richtung Bayern fahren können.
  • Im Neckartal und im Remstal sollen auf den vorhandenen Gleisen zusätzliche Kapazitäten für den Personenverkehr geschaffen werden.
  • Der Fernverkehr auf der Remsbahn in Richtung Nürnberg soll den Tunnel ebenfalls benutzen
  • Bei einem Verzicht auf die Neubaustrecke Wendlingen-Ulm soll auch der Personenfernverkehr in Richtung Ulm den neuen Güterzugtunnel benutzen können.

Das sind bereits umfangreiche Aufgaben für den neuen Tunnel. Die ungefähre Lage des neuen Tunnels steht damit fest. Der Tunnel wird unter dem Schurwald mittig zwischen dem Neckartal und dem Remstal verlaufen, sein Name soll deshalb Schurwaldtunnel sein.

Das Westportal des neuen Schurwaldtunnels befindet sich in S-Bad Cannstatt in gerader Verlängerung der Gleisachse des Bahnhofs Bad Cannstatt bei der Augsburger Straße. Kaum eine andere Stelle in Stuttgart eignet sich besser für die Aufnahme eines Tunnelportals. Dort befinden sich keine Gebäude in der Nähe. Das Gelände steigt zudem bei der Augsburger Straße in Richtung Schurwald an. In den neuen Tunnel können sowohl die von Kornwestheim über die Güterzugumgehungsbahn kommenden als auch die vom Bahnhof Bad Cannstatt kommenden Züge einfahren. 

Ein wesentliches Merkmal des Schurwaldtunnels ist eine Streckenverzweigung im Tunnel. Die Hauptstrecke führt in Richtung Neckartal. Eine Abzweigung führt in Richtung Remstal. Die genaue Länge des Schurwaldtunnels und damit die Portale im Osten (Remstal) und Südosten (Neckartal) sind variabel. 

Bei einer etwas längeren Variante befindet sich das Portal im Remstal westlich von Winterbach. Das Portal im Neckartal befindet sich zwischen Altbach und Plochingen. Die unterirdische Verzweigungsstelle befindet sich zwischen Strümpfelbach und Lobenrot. Der Haupttunnel (zwei getrennte Tunnelröhren) zwischen Bad Cannstatt und Plochingen ist ca. 17 Kilometer lang, der Abzweig ins Remstal von der Verzweigungsstelle bis Winterbach ist ca. 8 Kilometer lang.

Denkar sind auch kürzere Varianten. Eine Möglichkeit ist, dass sich die Tunnelportale zwischen Esslingen und Mettingen sowie zwischen Rommelshausen und Endersbach befinden.

Die genannte Länge des Schurwaldtunnels ist im europäischen Vergleich der Regionen ähnlicher Topographie sowie ähnlicher Siedlungsdichte nicht ungewöhnlich. Vielmehr ist der  bautechnisch relativ einfach aufzufahrende Schurwaldtunnel in Bezug auf seine zukünftigen wichtigen Aufgaben absolut passend und keinesfalls überdimensioniert. Und was vor allem wichtig ist: der Schurwaldtunnel stellt keinen Rückbau von Bahninfrastruktur in der Region Stuttgart dar. Vielmehr bietet er die Chance, den Bahnverkehr im Korridor des Remstals und des Neckartals zu verdoppeln bei gleichzeitiger Lärmminderung für die Anwohner.        

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