Eine der zahlreichen Verspätungsquellen für Fernzüge und Regionalzüge im deutschen Bahnnetz ist der in Deutschland auf weiten Strecken praktizierte Mischverkehr.
Der japanische Fernschnellzug Shinkansen hat demgegenüber ein eigenes Gleisnetz, das nicht mit anderen Zügen geteilt werden muss. Entsprechend pünktlich fahren die Shinkansen-Züge.
Bei einem Projekt wie Stuttgart 21, das irgendwann in den Zwanziger Jahren wenigstens zum Teil in Betrieb genommen werden soll und das mit dem Anspruch daherkommt, den Bahnknoten Stuttgart neu zu ordnen, sollte man erwarten, dass es die strikte Trennung von Hochgeschwindigkeitszügen und Regionalzügen wie auch von S-Bahnzügen konsequent umsetzt. Das aber ist nicht der Fall. Stuttgart 21 ist vielmehr ein Mischverkehrs-Dorado. Lassen sich daraus bereits Prognosen für die Qualität des Bahnverkehrs unter Stuttgart 21 ableiten?
Sehen wir uns mal die einzelnen Mischverkehrsstrecken mit dem ICE von Stuttgart 21 an. Da steht an vorderster Stelle der Feuerbacher Tunnel im Nordzulauf zum Stuttgarter Hauptbahnhof. Dort stehen für die Hochgeschwindigkeitszüge (ICE), die sonstigen Fernzüge, die schnellen Regionalzüge und die Metropolexpresszüge(MEX) nur insgesamt zwei Gleise für beide Fahrtrichtungen zur Verfügung. Dabei muss der Feuerbacher Tunnel 40 Prozent des Bahnverkehrs (ohne S-Bahn) beim Bahnknoten Stuttgart bewältigen. Die Vorstellung fällt hier bestimmt nicht schwer, dass der Feuerbacher Tunnel eine hochgradige Verspätungsursache sein wird.
Dann kommt der nur achtgleisige Hauptbahnhof Stuttgart 21. Bei dieser kleinen Gleiszahl ist es selbstredend nicht möglich, für die ICE eigene Bahnsteiggleise und Bahnsteige vorzuhalten. Alle Züge müssen sich die acht Bahnsteiggleise teilen.
Gehen wir weiter zum Fildertunnel. Dort teilen sich die Hochgeschwindigkeitszüge (ICE) die Gleise mit anderen Fernzügen Richtung Süden und mit Regionalzügen Richtung Ulm, Richtung Tübingen und - sollte der Pfaffensteigtunnel kommen, was aber hoffentlich abgewendet werden kann - auch noch mit den Regionalzügen (einschließlich den sonstigen Fernzügen und MEX-Zügen) der Gäubahn. Dem Land BW war es wohl allzu peinlich, dass dort auch noch die MEX nach Tübingen fahren und hat diese Züge kurzerhand in RE-Züge umbenannt.
Auch im weiteren Verlauf zwischen dem Flughafen und Wendlingen liegt eine Mischverkehrsstrecke vor. Dort teilt der Hochgeschwindigkeitsverkehr die Gleise mit den Regionalzügen nach Ulm und nach Tübingen.
Das alles ist eine hervorragende Verspätungsquelle. Je nach Betriebsführung kann man nun den Hochgeschwindigkeitsverkehr bevorzugen. Das Nachsehen hätten dann die Regionalzüge, die dem Hochgeschwindigkeitsverkehr ausweichen müssten. Oder man versucht, alle Züge in etwa gleich zu behandeln. Dann aber zuckelten die ICE hinter den Regionalzügen her und verteilten ihre Verspätungen in ganz Deutschland.
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