Dienstag, 16. August 2022

Die Durchbindung von Regionalzügen bei Stuttgart 21 muss auf den Prüfstand

Es ist der 16.08.2022. Gegen 11 Uhr fährt der IRE 1 aus Richtung Karlsruhe pünktlich in den Stuttgarter Hauptbahnhof ein. Dieser IRE 1 wird im Stuttgarter Hauptbahhnhof nach Aalen durchgebunden.

Der Zug hält an. Die Türen öffnen sich. Eine unübersehbare Menschenmenge ergießt sich aus dem Zug. Der Bahnsteig zwischen den Gleisen 15 und 16 ist proppenvoll von aussteigenden Fahrgästen. Fahrgäste, die in den Zug in Richtung Aalen einsteigen wollen, können kaum am Bahnsteig entlanggehen. Statt dessen muss man sich hinter irgendwelchen Wänden und Vitrinen in Sicherheit bringen. Erst nach einer gefühlt sehr langen Zeit ebbt der Strom der ausgestiegenen Fahrgäste ab. 

Jetzt kommt die Ruhe nach dem Sturm. Der Zug Richtung Aalen ist nur äußerst spärlich besetzt. Es gibt kaum Fahrgäste, die die Durchbindung dieses IRE 1 nutzen und im Zug sitzen bleiben. In Stuttgart steigen viel, viel weniger Fahrgäste in den Zug ein, als aus Richtung Karlsruhe ausgestiegen sind. Mit drei Minuten Verspätung (wegen einer Verspätung des vorausfahrenden Zugs nach Lindau-Reutin) fährt der Zug in Richtung Aalen ab.

Um was geht es hier?
Der IRE 1 wird zweistündlich im Stuttgarter Hauptbahnhof von Karlsruhe nach Aalen durchgebunden. Allerdings sind die Strecken Stuttgart-Karlsruhe und Stuttgart-Aalen denkbar unterschiedlich.
 
Durchbinden sollte man eigentlich nur Strecken, die ähnlich sind, also z.B. ähnlich viele Fahrgäste aufweisen. Das ist bei den Strecken von Stuttgart nach Karlsruhe und von Stuttgart nach Aalen nicht der Fall. Eigentlich benötigt die Strecke Stuttgart-Karlsruhe Züge mit drei gekuppelten Triebwagen anstatt zwei wie dies heute der Fall ist. Für die Strecke Stuttgart-Aalen reicht hingegen ein Triebwagen aus.
 
Bei Stuttgart 21 müssen die meisten Regionalzüge durchgebunden werden
Beim Stuttgart 21-Tiefbahnhof müssen die meisten Regionalzüge durchgebunden werden. Nicht weil dies gut und vorteilhaft ist, sondern weil dies eben nicht anders geht. Bei Stuttgart 21 heißt es also nicht: Form follows Function. Statt dessen heißt es: Function follows Form.
 
Die Durchbindung von Regionalzügen in einem Knotenpunktsbahnhof ist nur sinnvoll, wenn die beiden Strecken ähnliche verkehrliche Charakteristika aufweisen und wenn es eine nennenswerte Zahl von Fahrgästen gibt, die im Knotenpunktsbahnhof sitzen bleiben.
 
Die Kombilösung hätte bei der Durchbindung von Regionalzüge bessere Randbedingungen geliefert
Die Kombilösung für den Stuttgarter Hauptbahnhof mit einem 16gleisigen Kopfbahnhof und einer Durchmesserlinie mit viergleisigem Tiefbahnhof hätte es ermöglicht, viele Fernzüge und eine kleinere Zahl an Regionalzügen durchzubinden. Die Mehrzahl der Regionalzüge hätte jedoch im Kopfbahnhof geendet und dort gute Anschlüsse sichergestellt. Nicht zuletzt bedeutet die Durchbindung von Regionalzügen ja auch eine Durchbindung von Verspätungen von einer Strecke auf die andere.
 
Die Durchbindung von Regionalzügen bei Stuttgart 21 gehört auf den Prüfstand
Die geplante Durchbindung fast aller Regionalzüge im Stuttgart 21-Tiefbahnhof muss noch einmal einer kritischen Überprüfung unterzogen werden. Anzustreben ist, dass nur ein Teil der Regionalzüge durchgebunden wird.

Hierzu braucht es jedoch dringend die Ergänzungsstation für den Regionalverkehr, die dann viele Regionalzüge aufnehmen kann, bei denen eine Durchbindung nicht sinnvoll ist.
       

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