Montag, 3. Januar 2022

Die Ostschweiz und der Kanton Zürich müssen für bessere Bahnverbindungen nach Stuttgart lobbyieren

Was ist die dem Kanton Zürich sowie der Ostschweiz nächstgelegene Großstadt mit mehr als 500.000 Einwohnern? Nun, es ist Stuttgart. Und die Bahnverbindung zwischen dem Kanton Zürich sowie der Ostschweiz nach Stuttgart ist die Gäubahn.

Stuttgart wird in der Ostschweiz sowie im Kanton Zürich eine gewisse Sympathie oder jedenfalls ganz sicher ein gewisses Interesse entgegengebracht. Das betrifft zum einen die bedeutende Industrie in der Region Stuttgart, dann aber auch die Kultur sowie auch die landschaftliche Situation. Für jedermann/frau sichtbar wird dieses Interesse in coronafreien Jahren in Form der zahlreichen Besucherinnen und Besucher des Stuttgarter Weihnachtsmarkts aus der Schweiz. Umgekehrt ist dieses Interesse selbstverständlich auch vorhanden, auch wenn die Schweiz von vielen potenziellen Besucherinnen und Besuchern aus Deutschland als ein wenig teuer eingestuft wird.

Die Schweiz hat bereits geliefert
Die Schweiz hat auf ihrem Territorium bereits bedeutende Maßnahmen umgesetzt, damit die Bahnverbindung nach Stuttgart besser wird. So verkehrt seit dem Jahr 2018 im Stundentakt zusätzlich zu den S-Bahnzügen ein schneller Zug zwischen Sankt Gallen und Konstanz, der die Strecke in nur 33 Minuten zurücklegt. Auch von Zürich über Schaffhausen nach Singen gibt es gute Verbindungen. Im Stundentakt und ohne Umsteigen kommt man in 53 Minuten von Zürich Hauptbahnhof nach Singen (Hohentwiel).

Mit ca. 150 Kilometern Luftlinie ist die Entfernung zwischen der Ostschweiz sowie dem Kanton Zürich und Stuttgart gar nicht so groß. Aber wie lange braucht man mit der Bahn? Die Fahrzeit zwischen Sankt Gallen und Stuttgart beträgt zur Zeit mindestens 3 Stunden und 17 Minuten. Die Fahrzeit zwischen Zürich und Stuttgart beträgt schnellstens 2 Stunden und 55 Minuten. Der Hauptgrund für diese nicht konkurrenzfähigen Fahrzeiten sowie auch Taktzeiten sind die Zustände im Verlauf der Gäubahn auf deutscher Seite der Grenze. Die dort anzutreffenden Langsamfahrstellen und eingleisigen Abschnitte sowie der eigentlich nur bestehende Zwei-Stunden-Takt für die Verbindungen Stuttgart - Schweiz lassen die Bahn gegenüber dem Auto zurückfallen. Selbst von Konstanz aus ist ein Tagesausflug z.B. in die Stuttgarter Wilhelma mit der Bahn kaum zumutbar.   

"Stuttgart 150 Kilometer": So steht es auf der Panoramatafel an einer Aussichtsplattform im Zentrum des Biedermeierdorfes Heiden im Kanton Appenzell Ausserrhoden, das in grandioser Panoramalage über dem Bodensee liegt. Im Gegensatz zu den anderen Punkten, die auf der Panoramatafel genannt werden, sieht man Stuttgart von Heiden aus gar nicht. Aber auf der Panoramatafel genannt wird es trotzdem. Wie rührend! Als Stuttgarter schämt man sich fast ein wenig über so viel entgegengebrachte Anerkennung.

Jetzt sind Deutschland und Baden-Württemberg am Zug
Das Verkehsministerium von Baden-Württemberg sowie Stuttgarts OB Frank Nopper sind jetzt am Zug. Auch das Bundesverkehrsministerium sollte jetzt einmal Farbe bekennen. Und es wäre nicht das schlechteste, wenn aus der Ostschweiz und aus dem Kanton Zürich noch einmal eine Interessenbekundung für bessere Bahnverbindungen nach Stuttgart bei diesen Institutionen eintreffen würde. Hierbei wäre zu betonen, dass eine jahrelange Sperrung einer Hauptverkehrsstrecke - wie das der Gäubahn in Stuttgart nach wie vor droht - in Europa absolut einmalig und inakzeptabel ist. Die Gäubahn muss zudem zu jeder Zeit den Stuttgarter Hauptbahnhof anfahren und dort Anschlüsse in alle Richtungen bieten. Die Gäubahn muss zudem ausgebaut werden, damit sie konkurrenzfähig zum Auto wird.

Was wäre jetzt auf deutscher Seite konkret zu machen? Am wirksamsten wäre es, einen IRE-Service im Stundentakt zwischen Konstanz und Stuttgart einzurichten. Dieser IRE-Service im Stundentakt würde das heute bestehende zweistündliche Gewurstel ablösen. In Konstanz sollte dieser IRE einen schlanken Anschluss an den schnellen Zug von/nach Sankt Gallen haben. In Singen (Hohentwiel) sollte der IRE einen ebenfalls schlanken und idealerweise sogar bahnsteiggleichen Anschluss an den von Zürich über Schaffhausen kommenden Zug haben. Unabhängig von den Verbindungen aus der Schweiz nach Stuttgart muss man auch feststellen, dass Konstanz, die größte Stadt am Bodensee, einen direkten Bahnanschluss nach Stuttgart benötigt. Der eigenwirtschaftlich von den Bahnunternehmen möglicherweise noch angebotene Fernzugverkehr zwischen Stuttgart und Zürich ist hier und heute nicht das Thema. Hier geht es um den von der öffentlichen Hand sicherzustellenden Grundtakt.

Was aber ist dann mit der Schwarzwaldbahn? Sie fährt doch heute im Stundentakt zwischen Singen und Konstanz. Nun, die Schwarzwaldbahn fährt von Karlsruhe kommend dann eben nur noch bis Singen. Was ist wichtiger? Ist es die Verbindung Konstanz-Stuttgart oder die Verbindung Konstanz-Karlsruhe? Mit Verlaub, es ist die erstgenannte. Das kann man auch sofort bei einem Blick auf eine Karte der Hochleistungsstraßen von Baden-Württemberg sehen. Es führt eine direkte Autobahn von Konstanz nach Stuttgart. Wenn man mit dem Auto von Konstanz nach Karlsruhe will, dann fährt man über Stuttgart.

Gibt es noch weitere Randbedingungen für den zukünftigen IRE zwischen Konstanz und Stuttgart? Zu einem späteren Zeitpunkt sollte dieser Zug im Stuttgarter Hauptbahnhof an einem Rendezvous der Züge zur vollen und zur halben Stunde im Rahmen des Integralen Taktfahrplans (Deutschlandtakt) teilnehmen. Aus all diesen genannten Randbedingungen ergibt sich dann das Pflichtenheft für den Bahnausbau im Verlauf der Gäubahn. Konkret: Wo müssen zweigleisige Abschnitte errichtet werden? Wo ist eine Beschleunigung erforderlich? Wie viele Minuten müssen wo im Fahrtverlauf eingespart werden?

Und es ist zu erwarten, dass dieses Pflichtenheft dann doch etwas andere Ausbaumaßnahmen beinhalten wird, als der vom ehemaligen Staatssekretär Bilger formulierte Ausbau der Gäubahn einschließlich des Gäubahn-Bilger-Tunnels zwischen Böblingen und dem Stuttgarter Flughafen.   

Blick am 01.01.2022 auf das Biedermeierdorf Heiden in der Ostschweiz: Heiden befindet sich in herrlicher Panoramalage über dem Bodensee mit Blick zu den Bergen des Westallgäus und des Bregenzerwalds. Eine Zahnradbahn fährt von Rorschach am Bodenseeufer hinauf nach Heiden. Während unten am Bodensee im Winter oft Nebel und kalte Luft vorherrschen, ist es oben bei Heiden oft mild mit guter Fernsicht. Gemäß der Panoramatafel in Heiden ist Stuttgart 150 Kilometer Luftlinie von Heiden entfernt.

 

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