Das vor wenigen Tagen vorgestellte Bundesgutachten zum Gäubahnausbau mit dem 12 Kilometer langen Gäubahn-Filder-Tunnel soll im Einklang mit dem Deutschlandtakt stehen und gute Anschlüsse im Stuttgarter Hauptbahnhof gewährleisten.
Das zumindest behauptet Steffen Bilger, parlamentarischer Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium. Bei näherer Betrachtung zeigt sich jedoch, dass der von Bilger vorgeschlagene Gäubahnausbau mit den Regeln des und der Vorgehensweise beim Integralen Taktfahrplan herzlich wenig zu tun hat.
Beginnen wir mal mit der Aufregung um den von Bilger angekündigten Wegfall der Halte des Fernverkehrs im Bahnhof Böblingen und im Bahnhof Singen (Hohentwiel). Dies sei eine Folge des Ausbaus der Gäubahn. Um die Anschlüsse in den Taktknoten zu gewährleisten, können die Züge des Fernverkehrs nicht mehr in Böblingen und Singen (Hohentwiel) halten.
Hier liegt ein Schulbeispiel dafür vor, wie man es nicht machen darf. Es gibt beim Integralen Taktfahrplan eine ganz klare Reihenfolge. Zunächst wird festgelegt, welche Züge des Regionalverkehrs und des Fernverkehrs über eine bestimmte Strecke fahren. Dann wird festgelegt, an welchen Bahnhöfen diese Züge jeweils halten. Erst dann werden die erforderlichen Ausbaumaßnahmen ermittelt, die dazu dienen, dass die Züge die Kantenzeiten mit Anschlüssen in den Taktknoten einhalten können.
Gehen wir mal als Erstes zum Nah- und Regionalverkehr
Der Nah- und Regionalverkehr ist Sache des Landes. Das Land bestimmt, wie viele Züge fahren. Das Land bestimmt, welche Fahrzeuge zum Einsatz kommen. Und das Land bestimmt selbstverständlich, an welchen Bahnhöfen die Züge halten.
Als einer der ersten Schritte hätte Bilger somit Kontakt mit dem Land BW aufnehmen müssen, um die von dort kommenden Vorgaben für den Regionalverkehr aufzunehmen. Die Wahrscheinlichkeit, dass Bilger das gemacht hat, ist gering. Das sieht man schon allein an der überraschten Reaktion von Landesverkehrsminister Hermann auf das Bundesgutachten zum Gäubahnausbau.
Welche Regionalzüge das Land auch immer bestellen mag. Diese Züge werden in jedem Fall in Böblingen und Singen (Hohentwiel) halten, auch dann, wenn der eigentlich wünschenswerte IRE-Service Stuttgart-Konstanz kommt.
Kommen wir jetzt zum Fernverkehr
Der Fernverkehr wird eigenwirtschaftlich von den Eisenbahnunternehmen angeboten. Auch hier entscheiden diese Unternehmen, ob überhaupt Fernverkehr stattfindet, welche Züge gefahren werden und wo diese Züge halten. Im Fall der Gäubahn kann dies auch das Extrem sein, dass vier- bis sechsmal pro Tag ein ICE-Sprinter Stuttgart-Zürich nonstop verkehrt. Das andere Extrem wäre ein Bummel-IC, der an "jeder Milchkanne hält".
Hat Bilger mit der Deutschen Bahn und mit der SBB Kontakt diesbezüglich aufgenommen? Auch hier ist die Wahrscheinlichkeit eher gering. Erinnerlich ist noch die Stellungnahme von Bahnvorstand Pofalla, der den Gäubahn-Filder-Tunnel als planerische Fiktion bezeichnet hat.
Kommen wir jetzt noch zur Anbindung an den Stuttgarter Hauptbahnhof
Der Integrale Taktfahrplan funktioniert im Stuttgarter Hauptbahnhof nur dann, wenn die Gäubahn auf ihren eigenen Gleisen den Hauptbahnhof erreicht. Würde die Gäubahn über den Flughafen geführt, müsste sie sich in die Warteschlange vor dem Fildertunnel (jede halbe Stunde mindestens 4 Züge aus Ulm und Tübingen) einreihen. Dann aber benötigte das Auflaufen aller Züge im Stuttgarter Hauptbahnhof viel zu lange, als dass noch attraktive Umsteigezeiten angeboten werden könnten.
Fazit
Das Bundesgutachten zum Gäubahnausbau lässt wichtige Regeln zum Integralen Taktfahrplan außer Acht. Es ist ein Schulbeispiel dafür, wie man es nicht machen darf. Das Gutachen muss in den Schubladen verschwinden.
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