Montag, 21. Dezember 2020

Nordzulauftunnel kann zu einem Waterloo für Stuttgart 21 werden

Die CDU-Landtagsabgeordnete Nicole Razavi zeigte sich überzeugt, dass durch den neuen Nordzulauftunnel das Projekt Stuttgart 21 noch leistungsfähiger wird.

Die GRÜNEN haben auf ihrem jüngst abgehaltenen Landesparteitag gemäß einem Ergänzungsantrag sich sogar als Ideengeber des Nordzulauftunnels bezeichnet und gleichzeitig für einen ergänzenden Kopfbahnhof beim Stuttgarter Hauptbahnhof gestimmt. Auch Organisationen wie der Verkehrsclub Deutschland oder der Fahrgastverband Pro Bahn e.V. oder auch die Landesregierung von BW stehen hinter dem Nordzulauftunnel.

Bei näherer Betrachtung ist die Sache mit dem Nordzulaufunnel aber nicht so einfach. Darum soll es heute hier in diesem Blog gehen.

Der Nordzulauftunnel müsste, aus Richtung des Hauptbahnhofs gesehen, nicht etwa erst nördlich der Tunnelrampe des Feuerbacher Tunnels beginnen, sondern bereits mitten im Feuerbacher Tunnel. Darauf deuten nicht nur erste Skizzen hin. Ein Beginn des Nordzulauftunnels im Feuerbacher Tunnel ist auch deswegen unabdingbar, weil sonst der erforderliche Fahrzeitgewinn zwischen Mannheim und Stuttgart nicht erreicht werden könnte. Begänne der Nordzulauftunnel erst nördlich der gerade im Bau befindlichen Tunnelrampe des Feuerbacher Tunnels, gäbe es im Bereich dieser Tunnelrampe einen Geschwindigkeitseinbruch, der es verunmöglichen würde, die Fahrzeit Mannheim-Stuttgart von heute 37 auf unter 30 Minuten zu senken. Eine solche Fahrzeitreduktion ist erforderlich, wenn man in Stuttgart einen Vollknoten im Rahmen des Deutschlandtakts einrichten will.

 

Muss der Feuerbacher Tunnel kurz nach Inbetriebnahme von Stuttgart 21 schon wieder gesperrt werden?
Der Anschluss des Nordzulauftunnels an den Feuerbacher Tunnel erfordert wahrscheinlich eine mehrjährige Sperrung des Feuerbacher Tunnels. Denn es müssen hierzu die Wände des Feuerbacher Tunnels in beiden Röhren auf einer Länge von mehreren hundert Metern aufgeschlitzt werden. Zudem muss quer zu einer der beiden Röhren des Feuerbacher Tunnels eine neue Tunnelröhre gebaut werden.
 
Der Feuerbacher Tunnel ist der am dichtesten belegte Stuttgart 21-Tunnel. Über die Zufahrt Zuffenhausen und somit über den Feuerbacher Tunnel werden ca. 40 Prozent der Bahnverkehrsleistungen im Regional- und Fernverkehr zum und vom Stuttgarter Hauptbahnhof abgewickelt. Zudem ist der Feuerbacher Tunnel von Anfang an überlastet. Eine mehrjährige Sperrung des Feuerbacher Tunnels zieht ein Ende des Bahnknotens Stuttgart nach sich.
 
Das Ganze ließe sich nur dadurch wenigstens ein Stück weit abwenden, wenn vor dem Baubeginn des Nordzulauftunnels die P-Option von Stuttgart 21 gebaut wird, ausgerechnet die unbeliebte P-Option, die zwei Gleise der Zufahrt Zuffenhausen durch den bestehenden alten Pragtunnel und dann in einem neuen Tunnel zum Cannstatter Tunnel von Stuttgart 21 und weiter zum Hauptbahnhof führt.
 
Ohne P-Option gäbe es den Stillstand beim Bahnknoten Stuttgart
Damit müssten allerdings die Kosten der P-Option den Kosten für den Nordzulauftunnel zugeschlagen werden. Ob sich der Nordzulauftunnel dann noch rechnet, ist fraglich.
 
Zudem ist die P-Option nicht so leistungsfähig wie der Feuerbacher Tunnnel. Denn die beiden Gleise der Zufahrt Zuffenhausen werden mit der P-Option ja nicht direkt zum Stuttgarter Hauptbahnhof geführt, sondern auf dem Umweg über den Cannstatter Tunnel, der jedoch bereits eigene Züge aufweist. Damit würde beim Bau des Nordzulauftunnels die Leistungsfähigkeit des Bahnknotens Stuttgart gegenüber dem Zustand mit Feuerbacher Tunnel noch weiter eingeschränkt. Züge müssten dann den Stuttgarter Hauptbahnhof umfahren oder bereits in Vororten enden.
 
Die P-Option steht zudem in Konkurrenz zur Führung des fünften und sechsten Gleises der Zufahrt Zuffenhausen oberirdisch in einen ergänzenden Kopfbahnhof. Bei der P-Option spielt der alte, bestehende Pragtunnel eine Rolle. Dieser Tunnel spielt jedoch auch eine wichtige Rolle, wenn es darum geht, das fünfte und sechste Gleis der Zufahrt Zuffenhausen oberirdisch in einen ergänzenden Kopfbahnhof zu führen.
 
Der Bau des Nordzulauftunnels könnte also eine sehr teure Angelegenheit werden. Denn einerseits ist die Einrichtung der P-Option eine Voraussetzung für den Bau des Nordzulauftunnels. Andererseits raubt jedoch die P-Option dem ergänzenden Kopfbahnhof seine beiden Zulaufgleise von Zuffenhausen, so dass diese ganz neu noch einmal gebaut werden müssten.
 
Gibt es Problemlösungen?
Man sollte es ja nicht dabei bewenden lassen, Probleme aufzuzeigen. Es gilt auch, Lösungsvorschläge zu unterbreiten. Es gibt zwei Problemlösungsvorschläge.
 
Stuttgart 21 darf erst 2035ff in Betrieb gehen
Ein Vorschlag ist, dass die Arbeiten am Feuerbacher Tunnel sofort gestoppt werden und die Tunnelrampe in Feuerbach wieder rückgebaut wird. Stuttgart 21 darf erst in Betrieb gehen, wenn der Nordzulauftunnel fertiggestellt ist, somit also nach 2035. Damit erspart man sich den Bau der P-Option sowie eine jahrelange stark verminderte Leistungsfähigkeit in der Zufahrt Zuffenhausen zum Stuttgarter Hauptbahnhof. Der ergänzende Kopfbahnhof und das oberirdisch verlaufende fünfte und sechste Gleis der Zuffenhausen können dann problemlos eingerichtet werden.
 
Es wird auf den Nordzulauftunnel verzichtet
Der Nordzulauftunnel wird hauptsächlich deswegen gebraucht, um im Rahmen des Deutschlandtakts die Fahrzeit zwischen Mannheim und Stuttgart auf unter 30 Minuten zu senken. Diese Reduzierung der Fahrzeit ist aber nur dann erforderlich und sinnvoll, wenn im Stuttgarter Hauptbahnhof ein Vollknoten im Rahmen des Deutschlandtakts eingerichtet wird.
 
Wenn man der Auffassung ist, dass der Stuttgarter Hauptbahnhof keinen Vollknoten braucht, sondern dass auch ein Halbknoten im Rahmen des Integralen Taktfahrplans (Deutschlandtakts) ausreicht, fällt der Nordzulauftunnel. Zwei zusätzliche Gleise benötigt man in der Zufahrt Zuffenhausen auf jeden Fall. Diese beiden zusätzlichen Gleise können jedoch zum größeren Teil oberirdisch neben die bestehenden Gleise gelegt werden. Sie verlaufen dann durch den bestehenden, alten Pragtunnel und weiter oberirdisch zum ergänzenden Kopfbahnhof. 

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