Mittwoch, 14. Oktober 2020

Der dritte Gutachterentwurf zum Zielfahrplan Deutschlandtakt strebt für Stuttgart einen ITF-Vollknoten an

Der dritte Gutachterentwurf zum Zielfahrplan Deutschlandtakt vom 30. Juni 2020 strebt für den Stuttgarter Hauptbahnhof einen ITF-Vollknoten zu den Minuten 00 und 30 an.

Das hat jedoch massive Auswirkungen auf die Konfiguration des Stuttgarter Hauptbahnhofs, auf die Zahl der Bahnsteiggleise und auf die Zahl der Zu-/Ablaufgleise.

Der Bund übernimmt gemäß dem Gutachterentwurf die Federführung und Koordinierung des Deutschlandtakts als Gemeinschaftsprojekt vieler Beteiligter. Man kann somit davon ausgehen, dass die Inhalte des dritten Gutachterentwurfs zum Zielfahrplan Deutschlandtakt die Meinung und Handlungsabsicht des Bundes widerspiegeln. Der Bund ist zudem gemäß §8 des Bundesschienenwegeausbaugesetzes unmittelbar für den Ausbau des deutschen Bahnnetzes zuständig. Es ist also Sache des Bundes zu bestimmen, nach welchen Vorgaben das Bahnnetz in Deutschland zukünftig ausgebaut werden soll. Und die Hauptvorgaben des Bundes für den Ausbau des Bahnnetzes sind jetzt das Ziel der Verdoppelung der Zahl der Bahnreisenden sowie die Einführung des Deutschlandtakts (Integraler Taktfahrplan, ITF).

Wie jedoch lässt sich aus dem dritten Gutachterentwurf zum Zielfahrplan Deutschlandtakt die Einordnung des Stuttgarter Hauptbahnhofs als zukünftiger ITF-Vollknoten ableiten? Das wollen wir jetzt Schritt für Schritt tun.

 

Welchen Sinn hat der neue Nordzulauf-Tunnel?
Der dritte Gutachterentwurf zum Zielfahrplan Deutschlandtakt sieht einen Infrastrukturausbau im Nordzulauf zum Stuttgarter Hauptbahnhof vor, der einen Fahrzeitgewinn von sechs Minuten beinhaltet. Konkret handelt es sich hier um einen 10 bis 12 Kilometer langen Tunnel bei S-Zuffenhausen, der von der Autobahn A 81 bis zum Feuerbacher Tunnel von Stuttgart 21 führt.
 
Warum aber soll ein solcher, sehr teurer Tunnel noch zusätzlich zu all den Stuttgart 21-Tunneln gebaut werden? Für eine Fahrzeitverkürzung von sechs Minuten alleine würde sich der Tunnel nicht rechnen. Für das fünfte und sechste Gleis der Zufahrt Zuffenhausen alleine wäre der Tunnel ebenfalls überteuert. Das fünfte und sechste Gleis der Zufahrt Zuffenhausen ließen sich ansonsten weitgehend neben die vorhanden Gleise in S-Zuffenhausen und S-Feuerbach legen.
 
Der Hauptgrund für die teure Tunnelinvestition ist, dass die Fahrzeit Mannheim-Stuttgart von heute 37 Minuten auf eine Kantenzeit von ca. 28 Minuten gedrückt werden kann. Dann würden sich die ICE aus Richtung und Gegenrichtung sowohl genau im Mannheimer Hauptbahnhof als auch im Stuttgarter Hauptbahnhof begegnen.
 
Weitere Maßnahmen im Verlauf der Schnellfahrstrecke Mannheim-Stuttgart
Zwischen 37 Minuten und 28 Minuten besteht jedoch ein Unterschied von 9 Minuten. Der neue Nordzulauftunnel alleine würde die Sache somit noch nicht richten. Es bedarf hier weiterer, ergänzender Maßnahmen. Dazu gehört der Feuerbacher Tunnel, der gegenüber dem heutigen Zustand eine Fahrzeitreduktion von 2 Minuten bringt. Der Feuerbacher Tunnel ist zwar jetzt ein Teil von Stuttgart 21. Dieser Tunnel war jedoch auch bereits Bestandteil der Planungen für eine Durchmesserlinie weit vor der Stuttgart 21-Zeit. Dann soll es noch eine Beschleunigung im Gleisvorfeld des Mannheimer Hauptbahnhofs geben. Last but not least soll es auch noch eine Geschwindigkeitserhöhung im Verlauf der Schnellfahrstrecke von heute 260 km/h auf 280 km/h geben, allerdings nur dann und nur dort, wenn und wo es keine Zugsbegegnung gibt. Die 280 km/h gelten also verkehrsabhängig. Das ist wohl nur mit ETCS zu schaffen.
 
Der ITF-Vollknoten in Stuttgart ist gesetzt
Der dritte Gutacherentwurf zum Zielfahrplan Deutschlandtakt strebt also an, dass sich die ICE im Verlauf der wichtigsten Strecke am Stuttgarter Hauptbahnhof aus Richtung und Gegenrichtung im Stuttgarter Hauptbahnhof treffen. Das wiederum ist die wichtigste Voraussetzung für die Einrichtung eines Vollknotens im Rahmen des Deutschlandtakts in einem Hauptbahnhof.
 
Es geht sogar noch einen Schritt weiter. Das Begegnen der Züge aus Richtung und Gegenrichtung bei der wichtigsten ICE-Linie in einem Knotenpunkt führt zwangsläufig zur Einrichtung eines Vollknotens. Denn jetzt können und müssen sich alle anderen an diesem Hauptbahnhof fahrenden Züge um die Züge der wichtigsten ICE-Strecke herum gruppieren. Das heißt, sie müssen vor diesen wichtigsten Zügen im Hauptbahnhof ankommen und nach diesen wichtigsten Zügen wieder abfahren.
 
Dazu bedarf es jedoch mehr Bahnsteiggleise als im Stuttgart 21-Tiefbahnhof vorhanden. Das Defizit lässt sich nur mit einem ergänzenden Kopfbahnhof lösen. Dazu bedarf es auch mehr Zu-/Ablaufgleise als bisher bei Stuttgart 21 vorgesehen. Es sind zwei weitere Zu-/Ablaufgleise für die Zufahrt Zuffenhausen nötig, die durch den alten Pragtunnel führen und in den ergänzenden Kopfbahnhof münden. Dazu bedarf es auch zweier eigener Zu-/Ablaufgleise für die Gäubahn im Verlauf der Panoramstrecke, die ebenfalls in den ergänzenden Kopfbahnhof münden. Der ergänzende Kopfbahnhof wird auch eine Rolle für die Stuttgarter S-Bahn spielen. Zwei oder drei Bahnsteiggleise des ergänzenden Kopfbahnhofs werden auf S-Bahnniveau angehoben. Es wird auch zwei Zu-/Ablaufgleise für die S-Bahn zum ergänzenden Kopfbahnhof geben.         

 

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Hinweis: Nur ein Mitglied dieses Blogs kann Kommentare posten.