Ebenfalls wichtig ist jedoch die weitere Entwicklung auf den Fildern einschließlich des Landesflughafens und der Landesmesse. Das Projekt Stuttgart 21 umfasste ja nicht nur die vollständige Umkrempelung der Eisenbahn im Stuttgarter Talkessel, sondern erstreckte sich auch über die Fildern bis nach Wendlingen.
Nun behauptet die Bahn, dass Alternativen zu Stuttgart 21 erst einmal eine bis zu zehnjährige Planungszeit beanspruchen würden. Ohne dass wir hierauf jetzt allgemein antworten, bleibt festzuhalten, dass dies für die Fildern nicht gilt.
Nachfolgend wollen wir uns einmal näher ansehen,
- warum die Alternative zu Stuttgart 21 auf den Fildern keine zehnjährige Planungszeit benötigt,
- warum auf den Fildern sogar mit Hilfe des Landes BW ganz rasch die Zukunft der Bahn beginnen kann,
- welche faszinierenden Perspektiven für eine bessere Bahnanbindung der Fildern einschließlich des Flughafens und der Landesmesse bestehen,
- warum eine Neuordnung des Schnellbahnsystems auf den Fildern jetzt auf der Tagesordnung steht.
Im Fokus steht zunächst einmal die Stuttgart 21-Strecke von S-Plieningen entlang der Autobahn A8 bis nach Wendlingen. Dieser Streckenabschnitt ist planfestgestellt, es besteht also Baurecht. Zudem wurde bereits mit vorbereitenden Arbeiten begonnen. Bei einem Bauwerk, dem Sulzbachtalviadukt, haben sogar schon die Hauptbauarbeiten begonnen.
Der Stuttgart 21-Abschnitt von Plieningen nach Wendlingen kann als einziger in die Nach-Stuttgart 21-Zeit übernommen werden
Der Streckenabschnitt von S-Plieningen bis nach Wendlingen unterscheidet sich fundamental von fast allen anderen Streckenabschnitten bei Stuttgart 21 und der NBS Wendlingen-Ulm. Dieser Streckenabschnitt weist so gut wie keine Tunnels auf. Er ist somit vergleichsweise preisgünstig zu bauen. Es wird voraussichtlich kaum bautechnische Probleme bei diesem Streckenabschnitt geben. Und dieser Streckenabschnitt lässt sich als einziger Abschnitt von Stuttgart 21 sowie der NBS Wendlingen-Ulm in einen etapierbaren Ausbau des Bahnknotens Stuttgart einbinden.
Von daher wäre es ein Schwabenstreich, würde man nach dem Stopp von Stuttgart 21 den Abschnitt von S-Plieningen bis nach Wendlingen aufgeben und die bereits getätigten Maßnahmen rückbauen. Der Abschnitt von S-Plieningen entlang der Autobahn bis nach Wendlingen ist vielmehr die Jahrhundertchance, um die S-Bahnanbindung des Flughafens und der Landesmesse fundamental zu verbessern, um den seit Jahrzehnten erwarteten Ringschluss für die S-Bahn von den Fildern ins Neckartal herzustellen und um die überlastete Stammstrecke der Stuttgarter S-Bahn zu entlasten. Man könnte sogar sagen, dass die Express-S-Bahn vom Flughafen nach Wendlingen und nach Plochingen für die Stuttgarter S-Bahn das ist, was für die Münchner S-Bahn die zweite Stammstrecke ist.
Für die Übernahme des Stuttgart 21-Abschnitts von Plieningen nach Wendlingen in einen etapierbaren Ausbau des Bahnknotens Stuttgart braucht es kein neues Raumordnungsverfahren. Für den größten Teil der Strecke braucht es nicht einmal ein neues Planfeststellungsverfahren. Es braucht jedoch an den beiden Enden der neuen Strecke jeweils ein ergänzendes Planfeststellungsverfahren.
Zwei ergänzende Planfeststellungsverfahren sind erforderlich
Der bestehende Tunnel unmittelbar östlich angrenzend an den bestehenden S-Bahnhof Flughafen muss umgebaut werden. Vom S-Bahnhof Flughafen verläuft der Tunnel zukünftig nach Osten unter der A8 hindurch und kommt im Bereich der Anschlussstelle Plieningen an die Oberfläche. Da auch zukünftig einige vom Hauptbahnhof kommende S-Bahnen im Flughafenbahnhof enden werden, braucht es östlich des Bahnhofs ein drittes Gleis als Wendegleis. Der bestehende Tunnelabzweig in Richtung Bernhausen wird umgebaut. Dazu weiter unten mehr.
Bei Wendlingen ist ebenfalls ein neues Planfeststellungsverfahren erforderlich. Denn für die Express-S-Bahn benötigt man die Wendlinger Kurve nicht. Dagegen benötigt man die Wendlinger Gegenkurve, über die die Züge direkt zum Bahnhof Wendlingen geleitet werden.
Die Finanzierung der neuen Express-S-Bahn ist klar
Die Finanzierung der neuen Express-S-Bahn erfolgt weder durch den Bund, noch durch die Bahn. Vielmehr wird es das Land sein, das den Löwenanteil der Finanzierung leistet. Beiträge leisten auch der Flughafen sowie der Verband Region Stuttgart. Hierzu sind selbstverständlich parlamentarische Beschlüsse erforderlich.
Nun könnte ein Landtagsabgeordneter, der aus einem Wahlkreis außerhalb der Region Stuttgart kommt, fragen, warum denn das Land diese Express-S-Bahn finanzieren soll. Die Antwort würde lauten: Das Land soll die Express-S-Bahn aus demselben Grund finanzieren, aus dem es Stuttgart 21 mitfinanzieren wollte. Weil nämlich die Express-S-Bahn die Verkehrsanbindung des Landesflughafens und der Landesmesse entscheidend verbessert.
Im Gegensatz zu Stuttgart 21 bietet die Erschließung des Flughafens mit der Express-S-Bahn wesentlich bessere Optionen. Denn Stuttgart 21 hätte keine schnelle und direkte Verbindung vom Flughafen nach Wendlingen, Kirchheim/Teck, Plochingen, Esslingen und Göppingen gebracht. All diese Orte und ihre Umgebung werden über die neue Express-S-Bahn hervorragend angebunden.
Für die Erschließung der Kommunen auf den Fildern ist die Stadtbahn das geeignete Verkehrsmittel
Kommen wir nun zur bestehenden S-Bahnstrecke vom Flughafen nach Bernhausen und zur Erschließung der einzelnen Orte auf den Fildern. Es stellt sich bei der Erschließung mit dem öffentlichen Verkehr ja immer die Frage nach dem geeigneten Verkehrsmittel. Zur Auswahl stehen Bus, Straßenbahn, Stadtbahn und S-Bahn.
Ich bin der Auffassung, dass die S-Bahn nicht das richtige Verkehrsmittel ist, um all die Kommunen auf den Fildern zu erschließen. Die S-Bahn ist zu teuer, sie hat zu große Fahrzeuge, sie benötigt zu große Kurvenradien, zu lange Bahnsteige usw. Das für die Erschließung der Fildern geeignetere Verkehrsmittel scheint die Stadtbahn zu sein.
Von daher sollte man sich ernsthaft überlegen, ob der bestehende S-Bahntunnel vom Flughafen nach Bernhausen nicht für die Stadtbahn umgerüstet werden soll. Nach den aktuellen Planungen soll ja die Stadtbahn, vom Fasanenhof her kommend, ebenfalls den Flughafen erreichen. Sie kann dann von ihrer oberirdischen Haltestelle Flughafen über eine Rampe in den Bahntunnel nach Bernhausen einfahren. Man müsste den bestehenden Bahntunnel etwas umrüsten. Denn die Stadtbahn hat eine andere Spurführung als die S-Bahn und sie hat auch eine andere Stromversorgung (Gleichstrom anstatt Wechselstrom). Die Fahrzeuge der Stadtbahn sind zudem nicht so breit wie die Fahrzeuge der S-Bahn, so dass man auch die Bahnsteigkanten des Haltepunkts Bernhausen umbauen muss. Das steht aber einer Führung der Stadtbahn nach Bernhausen nicht entgegen.
Der entscheidende Vorteil der Stadtbahn ist, dass sie im Gegensatz zur S-Bahn die Option für eine umfassende Verlängerung der Strecke über Bernhausen hinaus nicht nur bis Neuhausen, sondern im Rahmen eines großen Rings über alle Kommunen des Filderraums südlich der A8 (Bernhausen, Sielmingen, Neuhausen, Wolfschlugen, Harthausen, Bonlanden, Plattenhardt, Stetten, Echterdingen, Leinfelden/Flughafen) eröffnet.
Es ist klar, dass das Land BW vor dem offiziell ausgesprochenen Stopp von Stuttgart 21 diese genannten Alternativen nicht offen weiterbetreiben kann. Wir erwarten aber, dass das Verkehrsministerium hinter den Kulissen bereits die ersten Weichenstellungen tätigt, um den Ball rechtzeitig aufnehmen zu können.
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