Freitag, 11. März 2022

S1 und Gäubahn - es geht einfach nicht richtig voran

Die zweistündlichen Taktlücken bei der Stuttgarter S-Bahnlinie S1 zwischen Böblingen und Herrenberg werden auf absehbare Zeit nicht geschlossen - nicht einmal provisorisch.

Dies geht aus einem Zeitungsbericht hervor. Der Verkehrsausschuss des Verbands Region Stuttgart behandelte am 09.03.2022 eine Vorlage, wonach die zweistündliche Taktlücke der S1 zwischen Böblingen und Herrenberg wenigstens provisorisch geschlossen werden soll, indem die betroffenen S-Bahnzüge von Böblingen als Express-S-Bahn nach Herrenberg weitergeführt werden. 

Die Vorlage nennt weitere Details.

 

Langzüge können nicht eingesetzt werden 
Demnach ist von der zweistündlichen Taktlücke jeweils ein S-Bahnzug von Plochingen nach Böblingen und zurück betroffen. Dieser S-Bahnzug muss beim Bahnhof Böblingen wenden. Die Wendeanlage lässt nur Vollzüge (zwei S-Bahn-Triebwagen) zu, nicht jedoch Langzüge (drei S-Bahn-Triebwagen). Auf der S1 fahren ansonsten nur Langzüge. Es ist die meistbelastete S-Bahnlinie in der Region Stuttgart.
 
Sobald die betroffenen S-Bahnzüge als Express-S-Bahn nach Herrenberg verlängert werden, könnten sie als Langzüge fahren. Das scheint dann auch der Hauptvorteil einer Verlängerung der zweistündlich betroffenen S-Bahnzüge nach Herrenberg  zu sein.
 
Warum gibt es diese zweistündlliche Taktlücke bei der S-Bahn zwischen Böblingen und Herrenberg?
Die Ursache ist der zweistündlich verkehrende schnelle IC Stuttgart-Zürich. Dieser Zug zerschießt die Fahrplantrasse der S-Bahn. Anders verhält es sich beim langsamen IC Stuttgart-Singen sowie beim RE Stuttgart-Rottweil/Freudenstadt. Diese Züge fahren in den Taktlücken zwischen den alle 15 Minuten fahrenden S-Bahnen und stören im Normalbetrieb somit die S-Bahn nicht.
 
Warum könnte die in Böblingen alle zwei Stunden endende S-Bahn als Express-S-Bahn bis Herrenberg verlängert werden?
Die Express-S-Bahn fährt zwischen Böblingen und Herrenberg genauso schnell wie die IC und die RE. Deshalb ist hier kein Mischbetrieb vorhanden und deshalb kann die Express-S-Bahn in engem Abstand zum IC fahren.
 
Die Taktlücke bleibt teilweise bestehen
Auch mit einer Express-S-Bahn bliebe die Taktlücke an den Zwischenhaltepunkten Hulb, Ehningen, Gärtringen und Nufringen bestehen. Deshalb ist eine Express-S-Bahn nur teilweise lösungsorientiert. Und das ist wohl auch der Grund, weshalb der Verkehrsausschuss die Express-S-Bahn abgelehnt hat.
 
Unstimmigkeiten
In der Vorlage wird behauptet, dass die Express-S-Bahn keinen zusätzlichen Fahrzeugbedarf verursache. Das erscheint wenig glaubhaft. Denn es sollen doch gerade die betroffenen S-Bahnzüge von Voll- auf Langzüge verlängert werden.
 
In der Vorlage wird behauptet, dass eine vollwertige Schließung der Taktlücken mit Stuttgart 21 angestrebt wird, da hier mit einer Änderung des Fernverkehrskonzepts auf der Gäubahn gerechnet wird.
 
Stuttgart 21 hat bisher Verbesserungen zwischen Böblingen und Herrenberg verhindert
Diese Behauptung ist ärgerlich. Einmal mehr wird Stuttgart 21 ein Vorteil angedichtet. Dabei ist gerade das Gegenteil der Fall.  
 
Mit Inbetriebnahme von Stuttgart 21 wird aus heutiger Sicht die Gäubahn erst mal stranguliert, indem sich nicht mehr zum Stuttgarter Hauptbahnhof fahren kann. Sieht so das neue Fernverkehrskonzept auf der Gäubahn aus? 
 
Die Taktlücke bei der S-Bahn zwischen Böblingen und Herrenberg war schon vielfach das Thema hier in diesem Blog. Als Lösung wurde hier immer wieder der Bau eines dritten Gleises zwischen Böblingen und Herrenberg vorgeschlagen. Das kann selbstverständlich nicht von heute auf morgen erfolgen. Jedoch wäre ohne Stuttgart 21 diese wichtige Kapazitätsmaßnahme wohl schon umgesetzt.    

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