Die Planfeststellungsunterlagen für den ersten Abschnitt der geplanten NBS Frankfurt-Mannheim zwischen Zeppelinheim und der Nordanbindung Darmstadt wurden am 30. November 2021 beim Eisenbahn-Bundesamt eingereicht. Das berichtet die Bahn auf ihrer Projekt-Website "Frankfurt Rhein-Main-Plus".
Ebenfalls auf ihrer Projekt-Website berichtet die Bahn, dass die Fahrzeit mit dem ICE zwischen den Hauptbahnhöfen von Frankfurt am Main und Mannheim zukünftig nur noch 29 Minuten betragen wird. Damit ist gewährleistet, dass sich die Züge aus Richtung und Gegenrichtung beim Halbstundentakt sowohl im Frankfurter als auch im Mannheimer Hauptbahnhof begegnen. Das wiederum ist die Vorraussetzung dafür, dass sowohl im Mannheimer als auch im Frankfurter Hauptbahnhof ein Vollknoten 00/30 im Rahmen des Integralen Taktfahrplans (Deutschlandtakt) eingerichtet werden kann.
Beim Stuttgarter Hauptbahnhof sieht es diesbezüglich schon viel schwieriger aus. Und einen Hauptanteil daran hat das Projekt Stuttgart 21.
Schnellfahrstrecke Stuttgart-Ulm
Nach allem was man so hört wird die Fahrzeit mit dem ICE zwischen Stuttgart und Ulm im Verlauf der Schnellfahrstrecke mehr als 30 Minuten betragen. Damit ist die Fahrzeit nicht Deutschlandtakt-kompatibel.
Hätte man auf den Umweg über den Flughafen verzichtet, wäre eine Fahrzeit von 29 Minuten zwischen Stuttgart und Ulm wohl erreicht worden. Der Umweg des ICE über den Flughafen wurde nur auf Drängen des Landes BW eingerichtet. Jetzt gehen aber die Probleme erst los. Denn eine Führung der Schnellfahrstrecke über den Stuttgarter Flughafen war auch erforderlich, um einen positiven Nutzen-Kosten-Faktor zu erreichen. Pech nur, dass kaum ein ICE am Stuttgarter Flughafen anhalten wird. Es werden in der Hauptsache nur Regionalzüge anhalten. Mit einem Ausbau der S-Bahn am Stuttgarter Flughafen an Stelle des Flughafenbahnhofs für Regionalzüge hätte man die Fildern noch wesentlich besser bedient.
Damit aber noch nicht genug. Es wurden für einen positiven Nutzen-Kosten-Faktor auch noch eine Reihe von Leichtgüterzügen angesetzt, die über die Schnellfahrstrecke hauptsächlich nachts fahren sollen. Eine hochrangige Vertreterin der Bahn hat vor einigen Monaten bestätigt, dass keine Güterzüge über die Schnellfahrstrecke rollen sollen. Warum auch, möchte man fragen. Denn die Geislinger Steige ist nachts ebenfalls verfügbar und nicht so steil wie die Schnellfahrstrecke.
Jetzt geht es aber noch weiter. Für einen positiven Nutzen-Kosten-Faktor bei der Schnellfahrstrecke hat man auch noch den Untersuchungsraum erweitert bis Augsburg, um die vergleichsweise preiswert zu bauende Schnellfahrstrecke Ulm-Augsburg hier noch mit hineinzubringen. Und last but not least hat das Land BW schon früh zugesagt, einen stündlichen Regionalzug über die Strecke zu führen und damit teure Trassengebühren zu bezahlen.
Als die Schnellfahrstrecke Stuttgart-Ulm geplant wurde, war in Deutschland das Thema des Integralen Taktfahrplans noch nicht in aller Munde, sehr wohl aber bereits in der Schweiz.
Also: Die Schnellfahrstrecke Stuttgart-Ulm rechnet sich nicht und sie ist auch nicht Deutschlandtakt-kompatibel.
Schnellfahrstrecke Mannheim-Stuttgart
Die Fahrzeit mit dem ICE beträgt heute schnellstens 37 Minuten. Um die Fahrzeit auf einen Wert von ca. 29 Minuten zu drücken, sind mehrere Maßnahmen erforderlich. Die größte dieser Maßnahmen ist der neue über 10 Kilometer lange Nordzulauftunnel bei Stuttgart.
Leider wird dieser Tunnel in den kommenden Jahrzehnten nicht gebaut. Da gibt es viele wesentlich wichtigere Projekte. Es stimmt übrigens nicht, wie Landesverkehrsminister Hermann vor kurzem in einem Zeitungsinterview sagte, dass im Ampel-Koalitionsvertrag keine einzige Strecke der Bahn explizit erwähnt wird. Das gilt für das Kapitel Mobilität. Weiter vorne jedoch, wo es um Planungsgeschleunigung geht, werden sehr wohl die wichtigsten Strecken des Deutschlandtakts genannt - ohne den Nordzulauftunnel und ohne den Gäubahn-Bilger-Tunnel. Das ist ja auch absolut nachvollziehbar. Denn wie will man es den Menschen in Deutschland verklickern, dass nach dem 10 Mia. Euro teuren Stuttgart 21 jetzt noch weitere Ergänzungstunnel mit weiteren Milliardenkosten gebaut werden müssen.
Während der letztgenannte Tunnel wahrscheinlich nie gebaut werden wird, müssen wir auf den Nordzulauftunnel noch Jahrzehnte warten. Da stellt sich jetzt die Frage nach vernünftigen Zwischenzuständen.
Eine Möglichkeit besteht darin, im Stuttgarter Hauptbahnhof einen Taktknoten 15/45 einzurichten, wie das auch für den Leipziger Hauptbahnhof geplant wird. Hierzu muss die Fahrzeit des ICE Mannheim-Stuttgart von heute 37 Minuten auf zukünftig 43 Minuten verlängert werden. Das wird dadurch erreicht, dass der ICE nicht mehr mit max 260 km/h fährt, sondern "nur noch" mit 200 km/h. Vielleicht ordnet ja eine Aufsichtsbehörde irgendwann sowieso diese Geschwindigkeit an. Bei der Schnellfahrstrecke Mannheim-Stuttgart handelt es sich um eine alte Schnellfahrstrecke, bei der beide Gleise in einem gemeinsamen Tunnel geführt werden.
Aber vielleicht ist es den Stuttgart 21-Protagonisten auch gar nicht so unrecht, dass im Stuttgarter Hauptbahnhof kein Vollknoten im Rahmen des Integralen Taktfahrplan eingerichtet werden kann. Denn dazu hat der Stuttgart 21-Hauptbahnhof einfach zu wenig Gleise. Selbst die geplante Ergänzungsstation wäre mit sechs zusätzlichen Gleisen nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Denn sie wäre mit dem Metropolexpress und mit zusätzlichen Express-S-Bahnen sofort ausgelastet.
Nun wird der Nordzulauftunnel nicht nur wegen des Integralen Taktfahrplans, sondern auch wegen der Leistungssteigerung geplant. Somit stellt sich jetzt die Frage, wie das fünfte und sechste Gleis der Zufahrt Zuffenhausen auch ohne Nordzulauftunnel gelegt werden kann. Zwischen den Haltepunkten Feuerbach und Zuffenhausen kann man die beiden zusätzlichen Gleise neben die vorhandenen Gleise legen. Die beiden zusätzlichen Gleise führen dann durch den vorhandenen Pragtunnel in die Ergänzungsstation beim Stuttgarter Hauptbahnhof. Nördlich von Zuffenhausen ist ein einige hundert Meter langer Tunnel erforderlich. Das Land BW muss jetzt dieses Projekt auf die Tagesordnung setzen und in die Wege leiten. Die Finanzierung kann im Rahmen eines Regionalverkehrsvorhabens mit Zuschüssen vom Bund erfolgen.
Stuttgart 21 spielt eine unselige Rolle, wenn es um den Integralen Taktfahrplan (Deutschlandtakt) im Umfeld des Bahnknotens Stuttgart geht. Nehmen wir mal an, Stuttgart 21 wäre nicht erfunden und nicht gebaut worden. Dann hätte der Bund gerade jetzt den Nordzulauftunnel und die Durchmesserlinie in Stuttgart gebaut. Der Bahnknoten Stuttgart wäre dann viel leistungsfähiger geworden und wäre auch Deutschlandtakt-kompatibel. Vor diesem Hintergrund erweist sich Stuttgart 21 als unnötig wie ein Kropf und sogar als schädlich. Denn die eigentlich wichtigen Projekte für Stuttgart muss jetzt irgendwann doch der Bund bauen.
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