Die mit Steuergeldern und mit Mitteln der Parteienfinanzierung bezahlte Stuttgart 21 - Propagandamaschine läuft auf Hochtouren. Immer wieder finden die Bürgerinnen und Bürger von Stuttgart Broschüren in ihren Briefkästen, die für das Projekt werben. Viele dieser Broschüren - etwa die Papiere, die vom Kommunikationsbüro herausgegeben werden - sind so plumb, dass es wirklich schade wäre, in diesem Blog näher darauf einzugehen.
Hingegen beschäftigen wir uns nun schon im siebten Post mit der Werbe-Broschüre der CDU zu Stuttgart 21. Denn einerseits lässt sich durch das Eingehen auf die einzelnen Argumente der CDU für Stuttgart 21 der ganze Widersinn dieses Projekts noch einmal darlegen. Und andererseits macht die CDU den grundsätzlichen Fehler, ein Projekt, das seinen Antrieb ausschließlich aus der gewinnbringenden Vermarktung von Innenstadtflächen bezieht, mit irgendwelchen verkehrlichen Argumenten rechtfertigen zu wollen. Das ist von vornherein zum Scheitern verurteilt. Da ist der Punkt 4 der CDU-Broschüre, der heute das Thema sein soll, keine Ausnahme. Dieser Punkt trägt die Überschrift "Neckarüberquerung bei Bad Cannstatt".
Bei der Neckarquerung in Bad Cannstatt finden sowohl beim Projekt Stuttgart 21 als auch beim alternativen Konzept K21 Veränderungen statt. Um diese Veränderungen besser einordnen zu können, ist es erforderlich, noch einmal das wesentliche Merkmal von Stuttgart 21 und von K21 zu skizzieren. Beim Konzept K21 wird eine bewährte und funktionierende Eisenbahn-Infrastruktur behutsam und in Stufen erweitert und modernisiert mit dem Ziel, den Bahnverkehr in der Region Stuttgart und im ganzen Land noch attraktiver zu machen, mehr Züge fahren zu lassen, diese Züge besser zu vertakten, die Anschlüsse zu verbessern und gleichzeitig das Bahnfahren auch in der Zukunft für jedermann möglich zu machen. Beim Projekt Stuttgart 21 wird eine funktionierende Eisenbahninfrastruktur plattgemacht und durch eine vollständig neue, in exorbitant teuren Tunneln geführte Infrastruktur ersetzt. Hierbei wird diese neue Infrastruktur nicht leistungsfähiger sein als der Bestand. Der Betrieb wird sich jedoch markant verteuern mit negativen Auswirkungen auf die Zahl der einsetzbaren Züge und die Fahrpreise.
Wie wirken sich diese so gegensätzlichen Projekte nun konkret auf die Neckarquerung in Bad Cannstatt aus? Beim Konzept K 21 werden zu den bestehenden vier Gleisen zwei weitere Gleise über den Neckar gebaut mit dem Ziel, die Qualität des Bahnverkehrs zwischen Bad Cannstatt und dem Hauptbahnhof zu verbessern und die Zahl der Züge erhöhen zu können. Für die beiden neuen Gleise ist eine zusätzliche Brücke erforderlich, die wenige Meter flussabwärts zur bestehenden Brücke gebaut wird. Beim Projekt Stuttgart 21 werden die vorhandenen vier Gleise und Brücken abgerissen und wenige Meter flussabwärts neu gebaut.
Die CDU schreibt in ihrer Broschüre zum Konzept K21: "Das Neckarknie bei Bad Cannstatt würde mit Eisenbahnbrücken regelrecht zugepflastert." Gut gebrüllt, Löwe! möchte man da sagen. Was ist denn mit der nur wenige Meter flussaufwärts zur Bahnbrücke gelegenen König-Karls-Brücke? Diese Brücke ist 50 Meter breit. Die bestehende Bahnbrücke ist dagegen gerade mal 15 Meter breit. Die bei K21 zusätzlich geplante Brücke wird ca. 10 Meter breit sein. 25 Meter breite Bahnbrücken gegen eine 50 Meter breite Straßenbrücke (und das ist nur eine der zahlreichen Straßenbrücken). Müsste man dann bei der König-Karls-Brücke sagen, dass durch diese Straßenbrücke der Neckar "äußerst regelrecht zugepflastert wird"?
Und zeigt sich in dieser Äußerung, dass das Neckarknie durch die Eisenbahnbrücken zugepflastert wird, nicht die grundsätzliche Abneigung der Auto-Partei CDU gegen die Schiene? Die würden am liebsten die ganze Bahn unter die Erde verbannen, damit die Autos an der Oberfläche freie Fahrt haben. Dabei ist die Neckarbrücke in Bad Cannstatt mit den fast ununterbrochen fahrenden Zügen zusammen mit dem Stuttgarter Hauptbahnhof das Wahrzeichen der Großstadt Stuttgart. Könnte man sich die Großstadt Stuttgart ohne den Hauptbahnhof und ohne die Neckarbrücke bei Bad Cannstatt vorstellen? Die Neckarbrücke bei Bad Cannstatt ist das - mal abgesehen vom Flughafen - meistfotographierte Verkehrsmotiv Stuttgarts.
Was wäre die Großstadt Köln ohne die sechsgleisige Hohenzollernbrücke über den Rhein? Und gehören die zahlreichen Eisenbahnbrücken über die Themse in London mit den ununterbrochen rollenden Zügen nicht unzweifelhaft zur Identität dieser Weltstadt? Flüsse, die durch große Städte führen, weisen nun einmal viele Brücken auf. Betrachten wir das mal aus der Perspektive des Kapitäns eines Neckarschiffs. Irgendwie muss sich doch die Durchfahrt entlang des Neckars durch Stuttgart von der Durchfahrt z.B. durch den Odenwald unterscheiden. Im Verlauf des Neckars durch den Odenwald gibt es kaum Brücken. Dafür ist diese Flussstrecke landschaftlich von ungeheurem Reiz. Und der Verlauf des Neckars durch Stuttgart zeichnet sich eben durch viele Brücken aus. Wären sie nicht da, würde der Kapitän gar nicht erkennen, dass er sich jetzt in der Landeshauptstadt Baden-Württembergs befindet. Noch schlimmer: dann wäre Stuttgart keine würdige Landeshauptstadt.
Kommen wir nun zum sogenannten Elefantensteg, einer sehr langen gedeckten Holzbrücke für Fußgänger über den Neckar. Dieser Steg muss sowohl beim Projekt Stuttgart 21 als auch beim Konzept K21 weichen. Man mag dies zunächst einmal bedauern. Der Steg ist jedoch nicht historisch. Er steht nicht unter Denkmalschutz. Der Steg ist vergleichsweise jung. Er wurde erst für die Bundesgartenschau 1977 errichtet. Nun geht die Fußwegverbindung über den Neckar jedoch nicht verloren. Die Fußgänger erhalten sowohl beim Projekt Stuttgart 21 als auch beim alternativen Konzept K21 eine neue Brücke, die in die jeweils neu zu bauende(n) Eisenbahnbrücke(n) integriert ist.
In der CDU-Broschüre liest sich das so: beim Projekt Stuttgart 21 wird dargelegt, dass der Elefantensteg durch einen Steg unter der neuen Brücke ersetzt wird. Beim Konzept K21 wird lediglich gesagt, dass die zusätzlich erforderliche Eisenbahnbrücke im Bereich des heutigen Elefantenstegs verlaufen wird. Also kein Wort über einen Ersatz dieses Stegs.
Darin zeigt sich erneut diese Wadenbeißerei der CDU-Leute, wie wir sie ja bereits im letzten Post im Zusammenhang mit den angeblichen Eingriffen des Konzepts K21 in die Platanenallee im Unteren Schlossgarten angesprochen haben. Aber die Vorgehensweise der CDU ist irgendwie nachvollziehbar. Schließlich muss diese Partei ein Projekt verteidigen, das in seinem Zustandekommen an feudale Zeiten erinnert (Hubschrauberflug von Dürr und Wissmann) und das in der Bevölkerung nicht nur äußerst unbeliebt ist, sondern regelrecht gehasst wird. Da muss man zwangsläufig beim Angriff auf das Konzept K21, das ja eigentlich nichts anderes ist als das Projekt der Bahn, wie es vor dem Hubschrauberflug schon bestand, zu solchen Mitteln greifen. Nur glaube ich, dass die Stuttgarter Bevölkerung diese Mittel nicht weiter ernst nehmen wird.
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