Freitag, 22. Februar 2013

Schäuble`s Stuttgart 21-Attitüden kommen dem totalitären Staat gefährlich nahe

Nun kämpft also auch der Bundesfinanzminister Schäuble verbissen für Stuttgart 21. In einem Interview mit der Stuttgarter Zeitung erklärt er, dass das Projekt Stuttgart 21 von gesamtstaatlichem Interesse sei und gebaut werden müsse.

Kann man eigentlich noch tiefer sinken? Dabei war schon vor diesem Interview klar - und man wusste dies, ohne bei den Hinterzimmergesprächen dabei gewesen zu sein - dass die Baden-Württemberger Schäuble und Kauder es vor allem waren und sind, die Merkel in Sachen Stuttgart 21 einflüstern. Denn allein würde die Dame aus Mecklenburg-Vorpommern sicher nicht auf die Idee kommen, sich zu Stuttgart 21 zu äußern.

Schäuble sollte mal erklären, warum ein Projekt, das im Gegensatz zu vielen anderen Projekten nicht einmal Bestandteil des Bundesverkehrswegeplans ist, plötzlich von gesamtstaatlichem Interesse sein soll. Warum soll für ein Projekt, das der Bund eigentlich gar nicht haben will und für das er bisher nur bereit war, einen Anstandsanteil zu bezahlen, plötzlich mit mehreren Milliarden Euro aus der Bundeskasse finanziert werden?


Schäuble hätte noch Glück gehabt, würde er diese Widersprüche mit seinem Halbwissen um Stuttgart 21 entschuldigen. Sollte Schäuble jedoch seine Aussagen in voller Kenntnis der Umstände des Projekts Stuttgart 21 gemacht haben, dann müssen die Alarmglocken schrillen.

Entweder der Staat hält sich an die selbstgegebenen Regeln oder wir haben eine Diktatur
Es gibt ja beim staatlichen Handeln nur die eine große Alternative. Entweder der Staat hält sich an die Verhaltensregeln, die er sich selbst über Gesetze, Verordnungen und Verwaltungsvorschriften gegeben hat. Oder der Staat handelt an diesen Regeln vorbei. Im ersten Fall haben wir es mit einem demokratischen Staat zu tun. Im zweiten Fall haben wir einen nicht demokratischen Staat, eine verdeckte oder offene Diktatur.

Und so sieht es konkret bei Stuttgart 21 aus:

1. Das Projekt Stuttgart 21 ist nicht Bestandteil des Bundesverkehrswegeplans. Der Bund sieht also keinen Bedarf für Stuttgart 21. Es gibt Dutzende Verkehrsprojekte in Deutschland, die der Bund als wesentlich wichtiger und dringender ansieht als Stuttgart 21. Vor diesem Hintergrund ist es ein Handeln an den Regeln des Staates vorbei, wenn Schäuble jetzt einfach erklärt, dass Stuttgart 21 gebaut werden müsse, dass Stuttgart 21 von gesamtstaatlichem Interesse sei und dass der Bund die explodierenden Kosten des Projekts finanzieren müsse.

2. Alle Verkehrsprojekte, die der Bund finanziert, müssen sich einer Nutzen-Kosten-Analyse unterziehen. Für Stuttgart 21 gibt es eine solche Analyse nicht. Würde man einen Nutzen-Kosten-Faktor für Stuttgart 21 ermitteln, wäre er (wesentlich) kleiner als eins. Die Kosten würden also die Nutzen überwiegen. Um dies festzustellen, braucht man kein Experte auf dem Gebiet zu sein. Bei 60 Kilometer Tunnel für zwei bis drei Minuten Zeitersparnis im Verlauf der Magistrale bei gleichzeitigem Zeitverlust für viele andere Verkehrsrelationen kann man nun einmal keinen Nutzen-Kosten-Blumentopf gewinnen. Schäuble handelt also an den Regeln des Staates vorbei, wenn er einen Bau von Stuttgart 21 fordert, ohne dass diese Maßnahme eine positive Nutzen-Kosten-Relation hat.

3. Stuttgart 21 ist ein Bahnrückbauprojekt. Nach den einschlägigen Gesetzen in Deutschland ist dies genehmigungspflichtig. Eine diesbezügliche Genehmigung liegt nicht vor. Schäubles Statement für den Weiterbau von Stuttgart 21 ist ein Handeln an den Regeln des Staates vorbei, wenn er den Bau von Stuttgart 21 fordert, ohne dass die Rückbaufrage geklärt ist.

Handeln an den Regeln des Staates vorbei
Selbstverständlich gab und gibt es in Geschichte vielfache Varianten, mit denen man an den Regeln, die sich der Staat gegeben hat, vorbeihandelt. Eine Variante ist das Kriegsrecht. Im Kriegsfall treten viele Gesetze und Rechte außer Kraft. Andere Gesetze treten hingegen in Kraft. Eine andere Variante sind Sondervollmachten, die sich der Vertreter eines Staates bzw. ein von Dritten eingesetzter Verwalter eines Staates gibt. Die harmloseste Variante ist die Sonderwirtschaftszone. Hier werden in einem begrenzten Gebiet bestimmte Gesetze, Verordnungen und Verwaltungsvorschriften außer Kraft gesetzt mit dem Ziel, einen überdurchschnittlichen wirtschaftlichen Erfolg für diese Region zu erreichen.

Nun gibt es in Stuttgart aber weder das Kriegsrecht, noch haben wir hier einen Herrscher mit Sondervollmachten. In Stuttgart ist auch keine Sonderwirtschaftszone eingerichtet. Von daher gibt es für einen Vertreter des Bundes nicht den geringsten Grund, den Bau von Stuttgart 21 zu fordern oder den Bau von Stuttgart 21 mit zusätzlichen Bundesmilliarden zu ermöglichen.

Hat Schäuble bei seinen ureigenen Aufgaben den Durchblick?
Nun hat Schäuble ja nicht gerade den unwichtigsten Job innerhalb der Bundesregierung. Er muss sich um die Finanzen des Staates kümmern. Er hat auch ein wichtiges Wort mitzureden, wenn es um den Euro geht. 

Wie aber ist es um die Kompetenz Schäubles auf diesen wichtigen Politikfeldern bestellt? Behandelt er die Finanzen und den Euro auch an den Regeln des Staates vorbei, wie er dies bei Stuttgart 21 zur Schau stellt? Hat Schäuble bei den Finanzen und beim Euro auch nur dieses Halbwissen, das er bei Stuttgart 21 präsentiert? Sollte dies so sein, kann einem wirklich nur noch Angst und Bange werden.

Wenn man sich Schäuble und viele andere Minister der amtierenden Bundesregierung ansieht, meint man, das letzte Aufgebot vor sich zu haben. Noch nie in der Geschichte der Bundesrepublik hat eine Regierung die Ablösung mehr verdient.                              

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