Ende November 2023 wurde der Planfeststellungsbeschluss (= Baugenehmigung) für die sogenannte P-Option erlassen.
Die P-Option ist zwar nicht unmittelbar Bestandteil von Stuttgart 21. Sie wurde jedoch von Anfang an als eine mögliche Erweiterungsoption zu Stuttgart 21 genannt.
Was ist die P-Option?
Im Rahmen der P-Option zweigen nördlich der Tunnelrampe des Feuerbacher Tunnels beim Bahnhof Feuerbach zwei Gleise ab und werden durch den vorhandenen alten Pragtunnel geführt. Diese Gleise tauchen dann südlich des Pragtunnels ab und werden an den Cannstatter Tunnel von Stuttgart 21 angeschlossen. Der Cannstatter Tunnel ist die am wenigsten belastete unter den vier Zulaufstrecken zum Stuttgart 21-Hauptbahnhof.
Wie wird der Bau der P-Option finanziert?
Die Finanzierung der P-Option soll im Rahmen des Bundes-Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes (GVFG) erfolgen. Das heißt, dass die P-Option weder im Rahmen des Stuttgart 21-Budgets noch als Projekt des Bundes finanziert werden soll. Vielmehr ist sie Bestandteil eines Bundesprogramms zur Verbesserung der Verkehrsverhältnisse in den Städten und Gemeinden. Bei diesen Projekten muss stets auch der Nutznießer und Antragsteller (Land BW) einen Eigenanteil bezahlen.
Im heutigen Post in diesem Blog gehen wir der Frage nach, ob die P-Option eine weitere versteckte Unterstützung des Landes für Stuttgart 21 ist.
Zwei Themen sind im Rahmen der P-Option relevant. Das sind der Bau des Nordzulauftunnels und die Kapazitätssteigerung für die Nordzufahrt zum Bahnknoten Stuttgart.
Der Nordzulauftunnel und die P-Option
Der Bund will im Rahmen seines Bedarfsplans für den Ausbau der Bundesschienenwege einen ca. 10 Kilometer langen Nordzulauftunnel beim Bahnknoten Stuttgart bauen. Der Nordzulauftunnel soll die Schnellfahrstrecke Mannheim - Stuttgart direkt mit dem Feuerbacher Tunnel von Stuttgart 21 verbinden.
Der Nordzulauftunnel ist einerseits zur Einrichtung des Deutschlandtakts erforderlich. Denn er verkürzt die Fahrzeit Mannheim - Stuttgart, so dass zusammen mit anderen Maßnahmen eine Fahrzeit Mannheim - Stuttgart von knapp unterhalb der Kantenzeit von 30 Minuten möglich wird. Damit kann sowohl in Mannheim als auch in Stuttgart ein 00/30er-Vollknoten im Rahmen des Deutschlandtakts eingerichtet werden.
Andererseits bringt der Nordzulauftunnel auch das aus Kapazitätsgründen wichtige fünfte und sechste Gleise für die Zufahrt Zuffenhausen (Nordzulauf).
Wegen des Nordzulauftunnels muss der Feuerbacher Tunnel wieder aufgerissen werden
Die Anbindung des Nordzulauftunnels an den Feuerbacher Tunnel wurde beim Bau des Feuerbacher Tunnels von Stuttgart 21 nicht berücksichtigt. Deshalb muss der Feuerbacher Tunnel zur Anbindung des Nordzulauftunnels über eine längere Zeit hinweg gesperrt werden. Damit wäre der Stuttgarter Hauptbahnhof über eine längere Zeit aus Richtung Norden nicht mehr erreichbar. Nur die P-Option - oder alternativ ein Ergänzungsbahnhof - sichert dann noch eine eingeschränkte Erreichbarkeit des Stuttgarter Hauptbahnhofs aus Richtung Norden.
Die P-Option ist also für den Bau des Nordzulauftunnels unabdingbar. Von daher ist die Finanzierung der P-Option entweder eine Sache des Bundes oder aber eine Sache des Stuttgart 21-Betreibers. Denn der Stuttgart 21-Betreiber hätte sich vor dem Bau des Feuerbacher Tunnels über eventuelle direkte Anbindungen der Schnellfahrstrecke Mannheim - Stuttgart an den Stuttgarter Hauptbahnhof Gedanken machen müssen und den Feuerbacher Tunnel entsprechend ausbauen müssen. Jedenfalls ist von daher eine (Teil-)Finanzierung der P-Option durch das Land BW sowie aus Geldern für den Regionalverkehr nicht oportun. Vielmehr kann das als weitere versteckte Subvention des Landes BW von Stuttgart 21 betrachtet werden.
Verbesserungen für den Regionalverkehr?
Die P-Option wird auch immer wieder als Ausbaumaßnahme für den Regionalverkehr betrachtet. Eines ist aber klar: Auch mit der P-Option stehen in der Zufahrt Zuffenhausen (Nordzulauf) nur zwei Gleise für den Fern- und Regionalverkehr zur Verfügung, konkret im Abschnitt zwischen dem Feuerbacher Bahnhof und der Verzweigung nördlich des Zuffenhauser Bahnhofs.
Wir haben hier in diesem Blog aber vielfach gesehen, dass eine zweigleisige Zufahrt zu einem großen Bahnknoten mit Mischverkehr von Fern-/Regionalzügen nicht mehr als 12 bis 13 Züge pro Stunde und Richtung verkraften kann. Stuttgart 21 sieht mehr als diese 12 bis 13 Züge pro Stunde und Richtung im Nordzulauf vor und ist somit überlastet. Die P-Option bringt also zunächst mal keine Verbesserung bei der Kapazität für die Regionalzüge.
Verbesserungen bei den Fahrstraßen im Stuttgarter Hauptbahnhof
Verbesserungen wird es durch die P-Option stattdesssen aber bei den Fahrstraßen im Stuttgart 21-Hauptbahnhof geben. Der Feuerbacher Tunnel und der Fildertunnel münden ja in die inneren Gleise des Stuttgart 21-Tiefbahnhofs. Der Cannstatter Tunnel und der Untertürkheimer Tunnel münden in die äußeren Gleise. Im Regionalverkehr werden zukünftig fast nur Innen-Innen-Verbindungen bzw. Außen-Außen-Verbindungen gefahren. Innen-Außen-Verbindungen und Außen-Innen-Verbindungen sind leistungshemmend, weil dadurch gleich zwei Fahrstraßen auf einmal blockiert werden. Durch die P-Option dockt der Nordzulauf nicht nur innen, sondern auch außen an den Stuttgart 21-Hauptbahnhof an. Damit können die Durchbindungen flexibler gestaltet werden (z.B. Ludwigsburg - Esslingen).
Trotzdem sind die durch die P-Option möglichen flexibleren Durchbindungen im Regionalverkehr keine Sache, die das Land BW finanzieren sollte. Denn Stuttgart 21 kam vor allem in der Anfangszeit mit dem Anspruch daher, die Kapazität des Stuttgarter Hauptbahnhofs verdoppeln zu wollen. Von daher ist die P-Option lediglich eine Maßnahme, mit der die Einschränkungen des Stuttgart 21-Tiefbahnhofs ein kleines Stück weit geheilt werden sollen. Die P-Option muss deshalb vom Stuttgart 21-Betreiber finanziert werden.
Gilt nun der Kostendeckel bei Stuttgart 21 für das Land BW oder gilt er nicht?
Der Landesverkehrsminster betont bei jeder Gelegenheit, dass der Kostendeckel von Stuttgart 21 für das Land gilt. Gleichzeitig finanziert er jedoch mit Landesmitteln zahlreiche Ergänzungsmaßnahmen zu Stuttgart 21, die eigentlich integraler Bestandteil des Projekts sein müssten. Dazu gehört auch die P-Option. Das gefällt wohl den Stuttgart 21-Protagonisten, die ja Stuttgart 21 in einer minimalistischen Version ausführen. Land und Bund stehen Gewehr bei Fuß, mit eigenen Mitteln die Defizite von Stuttgart 21 zu heilen. Warum kommt da vom Landtag in BW, vor allem auch von den Abgeordneten aus dem badischen Landesteil, kein Einspruch?
Der Ergänzungsbahnhof bringt die erforderliche Kapazitätssteigerung
Das Land BW sollte seine Regionalisierungsmittel und seine GVFG-Mittel in erster Linie für einen Ergänzungsbahnhof beim Stuttgart 21-Tiefbahnhof und dessen Zulaufstrecken investieren. Vor allem ist auch dafür zu sorgen, dass eine Zufahrt von Zuffenhausen zum Ergänzungsbahnhof nicht durch die P-Option verunmöglicht wird, dass also die P-Option und der Ergänzungsbahnhof nicht in Konkurrenz zueinander stehen.
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