Mittwoch, 16. Februar 2022

Rosinenpickerei und Cafeteria-Prinzip: Soll so der Gäubahntunnel durchgesetzt werden?

Der vorgeschlagene Gäubahntunnel zwischen Böblingen und dem Stuttgarter Flughafen ist Teil eines erst vor kurzem zusammengezimmerten Gesamtpakets, das unter dem Begriff "Gäubahnausbau" läuft.

Ein Bau des Gäubahntunnels ist nur im Rahmen des Gesamtpakets statthaft. Zum Gesamtpaket gehört jedoch auch der Wegfall der Fernverkehrshalte in Böblingen und Singen (Hohentwiel).

Poltiker und Bevölkerung vor Ort, die den Wegfall der Fernverkehrshalte in Böblingen und Singen (Hohentwiel) ablehnen, müssen deshalb auch den Gäubahntunnel ablehnen. Davon hat man bisher jedoch wenig bis gar nichts gehört.

Ein Bau nur des Gäubahntunnels ohne Umsetzung auch der anderen Maßnahmen des Gesamtpakets ist Rosinenpickerei und ein Handeln gemäß dem Caferteria-Prinzip. Es ist zudem unstatthaft, weil der Gäubahntunnel für sich genommen einen Nutzen-Kosten-Faktor von kleiner als eins hat. Der Nutzen-Kosten-Faktor für den Gesamtausbau der Gäubahn liegt ganz wenig über eins. Hierbei sind Einzelmaßnahmen, die einen guten Nutzen-Kosten-Faktor aufweisen, mit anderen Maßnahmen zusammengewürfelt, die einen Nutzen-Kosten-Faktor von kleiner als eins aufweisen. Ein Bau nur dieser letztgenannten Einzelmaßnahmen - z.B. des Gäubahntunnels - ist nicht statthaft. Die diesbezügliche Gefahr ist latent, weil der Gäubahntunnel als Reparaturmaßnahme für Stuttgart 21 zählt.*

Das erst vor wenigen Monaten gezimmerte neue Gesamtpaket für den Gäubahnausbau löste ein anderes, vorheriges Gesamtpaket für den Gäubahnausbau ab. Dieses Gesamtpaket hatte einen Nutzen-Kosten-Faktor von größer als zwei und kam ohne den Gäubahntunnel aus.

Das Handeln des Staatssekretärs und Bahnbeauftragten der Bundesregierung, Michael Theurer, der wider Erwarten sich als Befürworter des Gäubahntunnels zeigt, ist insofern genau zu beobachten. Wer Gäubahntunnel sagt, muss auch Wegfall der Fernverkehrshalte in Böblingen und Singen (Hohentwiel) sagen und hinter diesen und anderen toxischen Maßnahmen des Ausbaupakets stehen. Wäre dies nicht der Fall, darf der Gäubahntunnel nicht gebaut werden. 

*Dies ist allerdings nur auf den ersten Blick richtig. Denn auch mit dem Gäubahntunnel würde die Gäubahn ihre beiden eigenen Zulaufgleise zum Stuttgarter Hauptbahnhof verlieren. Sie müsste sich statt dessen in den Fildertunnel von Stuttgart 21 einfädeln. Das ist inkompatibel mit dem Integralen Taktfahrplan (Deutschlandtakt) sowie mit dem Ziel, den Bahnverkehr bis 2030 zu verdoppeln.  

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