Freitag, 27. November 2020

Warum der Stuttgarter Hauptbahnhof den ergänzenden Kopfbahnhof unbedingt braucht

Der bei Stuttgart 21 bisher geplante nur achtgleisige Hauptbahnhof braucht unbedingt einen ergänzenden Kopfbahnhof. Zweitrangig ist die bauliche Ausführung des Kopfbahnhofs und seine Höhenlage.

Wir fassen im heutigen Post in diesem Blog noch einmal alle Argumente für einen ergänzenden Kopfbahnhof zusammen, wie sie an den verschiedensten Stellen hier in diesem Blog schon einmal genannt worden sind bzw. wie sie von verschiedensten Institutionen bereits vorgebracht worden sind.

1. Das fünfte und sechste Gleis der Zufahrt Zuffenhausen
Die Zufahrt Zuffenhausen zum Stuttgarter Hauptbahnhof verfügt heute über zwei Gleise für die S-Bahn und zwei Gleise für die Fern- und Regionalzüge. Daran ändert sich auch bei Stuttgart 21 zunächst mal nichts. 
 
Die Zufahrt Zuffenhausen braucht aber dringend zwei weitere Gleise. Sonst wird sie der Engpass des Bahnknotens Stuttgart. Es gibt bundesweit keine weitere Zufahrt zu einem großen Bahnknoten, bei dem sich 40 Prozent der am Bahnknoten verkehrenden Züge nur zwei Gleise teilen müssen. 
 
 
Das fünfte und sechste Gleis der Zufahrt Zuffenhausen kann aber nicht - wie als sogenannte P-Option bei Stuttgart 21 bisher angedacht - über einen weiteren Tunnel zum Cannstatter Tunnel von Stuttgart 21 und dann weiter in den nur achtgleisigen Tiefbahnhof geführt werden. Diese zusätzlichen Züge könnte der Tiefbahnhof nun wirklich nicht mehr aufnehmen.
 
Das fünfte und sechste Gleis der Zufahrt Zuffenhausen muss separat und ohne Verbindung mit anderen Zulaufgleisen in einen ergänzenden Kopfbahnhof geführt werden. Es wird darauf hinauslaufen, dass die von der Schnellfahrstrecke von Vaihingen/Enz kommenden Züge über den Feuerbacher Tunnel in den Tiefbahnhof und die von Ludwigsburg kommenden Züge über den alten Pragtunnel in den ergänzenden Kopfbahnhof fahren.
 
2. Die Führung der Gäubahn am Bahnknoten Stuttgart
Die bisher geplante Führung der Gäubahn auf den Gleisen der Flughafen-S-Bahn ist nicht fahrbar. Ein neuer Tunnel auf den Fildern - der dann längste Tunnel Deutschlands - wird realistischerweise nicht vor 2045 fertig. Dieser neue Tunnel beseitigt darüber hinaus keineswegs alle Engstellen für die Gäubahn. Vielmehr bleiben mit dem nur zweigleisigen Flughafenbahnhof und dem Fildertunnel zwei wichtige Engstellen für die Gäubahn bestehen.
 
Andererseits wird gerade in Stuttgart-Vaihingen ein Regionalbahnhof im Verlauf der heutigen Strecke der Gäubahn gebaut. Dieser Regionalbahnhof macht nur Sinn, wenn die Gäubahn weiterhin auf ihrer angestammten Strecke und auf ihren eigenen Gleisen im Verlauf der Panoramastrecke zum Hauptbahnhof fährt und dort konkret in den ergänzenden Kopfbahnhof einfährt.
 
3. Die Metropolexpresszüge im Verlauf der Württembergischen Schwarzwaldbahn
Die Württembergische Schwarzwaldbahn ist die einzige Radialstrecke beim Bahnknoten Stuttgart, auf der nur S-Bahnzüge, nicht aber die schnelleren Metropolexpresszüge fahren. Dabei haben die Einwohner z.B. von Leonberg und von Weil der Stadt oder auch von Calw genauso das Recht auf eine schnelle Bahnverbindung zum Bahnknoten Stuttgart wie die Einwohner z.B. von Waiblingen, von Nürtingen und von Ludwigsburg.
 
Nun ist zwar im Verlauf der Württembergischen Schwarzwaldbahn demnächst eine Express-S-Bahn geplant. Wegen mangelnder Kapazität der S-Bahn-Stammstrecke fährt diese Express-S-Bahn aber nur bis Zuffenhausen und später bis Feuerbach.
 
Diese Defizite können nur mit einem Metropolexpress geheilt werden, der von Calw mit wenigen Halten bis zum Stuttgarter Hauptbahnhof fährt. Dieser Metropolexpress fährt durch den alten Pragtunnel in den ergänzenden Kopfbahnhof beim Stuttgarter Hauptbahnhof. Im Bahnhof Zuffenhausen muss der Metropolexpress über eine neu zu erstellende Unterfahrung die Gleise der S-Bahn von Ludwigsburg kreuzen, um auf die beiden Gleise für die Regionalzüge von Ludwigsburg zum ergänzenden Kopfbahnhof zu kommen.
 
4. Das Störfallkonzept für die S-Bahn
Bei Stuttgart 21 gibt es kein überzeugendes Störfallkonzept für die S-Bahn bei Sperrung der S-Bahn-Stammstrecke. Der nur achtgleisige Tiefbahnhof kann nicht auch noch S-Bahnzüge aufnehmen.
 
Es ist unabdingbar, dass S-Bahnzüge bei einer Sperrung der Stammstrecke den Stuttgarter Hauptbahnhof weiterhin anfahren können. Hierzu braucht es den ergänzenden Kopfbahnhof. Sinnvoll ist es, dass bereits vor dem S-Bahnhaltepunkt Mittnachtstraße die S-Bahnzüge aus der Stammstrecke herausgeführt und in den Kopfbahnhof geführt werden.
 
5. Planmäßiger S-Bahnverkehr zum ergänzenden Kopfbahnhof
Der vom Verband Region Stuttgart avisierte Weg, zusätzlich zu den 24 Zügen pro Stunde und Richtung, die heute im Verlauf der Stammstrecke verkehren, noch weitere Züge dort fahren zu lassen, ist ein Irrweg. Das böse Erwachen wird kommen, auch mit ETCS.
 
Merkwürdigerweise beschreitet München gerade den umgekehrten Weg. Im Zusammenhang mit der Zweiten Stammstrecke der Münchner S-Bahn werden einige S-Bahnzüge aus der Ersten Stammstrecke herausgenommen. Die Zahl der Züge im Verlauf der ersten Stammstrecke wird von heute dreißig pro Gleis und Stunde auf zukünftig 20 reduziert.
 
Auch hier ist der ergänzende Kopfbahnhof beim Stuttgarter Hauptbahnhof von Bedeutung. Der ergänzende Kopfbahnhof muss in der Lage sein, ca. 4 Züge pro Stunde aus der Stammstrecke der S-Bahn aufzunehmen. Darüber hinaus muss der ergänzende Kopfbahnhof in der Lage sein, weitere zusätzliche S-Bahnangebote, wie sie in der Zukunft vielleicht gefahren werden, aufzunehmen.
 
6. Die Doppelbelegungen im Stuttgart 21-Tiefbahnhof
Nach derzeitigem Planungsstand sind im Stuttgart 21-Tiefbahnhof zahlreiche Doppelbelegungen vorgesehen. Das heißt, dass zwei Züge gleichzeitig am gleichen Bahnsteiggleis halten.
 
Nun kommt im Stuttgart 21-Tiefbahnhof aber auch noch ein Gleisgefälle dazu, das so groß ist wie in keinem anderen Hauptbahnhof und das bereits dazu geführt hat, dass der Stuttgart 21-Tiefbahnhof nicht mehr als Bahnhof, sondern nur noch als Haltepunkt geführt wird. Die beiden Züge am selben Bahnsteig fahren zudem in dieselbe Richtung und nicht etwa in gegensätzliche Richtungen wie das z.B. in Ulm der Fall ist.
 
Die Doppelbelegung verbunden mit der Gleisneigung führt zu massiven betrieblichen Erschwernissen, indem der jeweils zweite Zug über eine lange Strecke hinweg nur ganz langsam einfahren kann und indem der zweite ausfahrende Zug nach Abfahrt des ersten Zuges noch eine Zeitlang warten muss.
 
Das bringt verkehrliche und betriebliche Beeinträchtiungen mit sich. Zudem ist eine behördliche Genehmigung der Doppelbelegungen unter diesen Umständen fraglich.
 
Eine Lösung des Problems kann nur darin bestehen, dass auf die Doppelbelegungen verzichtet wird und statt dessen mehr Züge in den ergänzenden Kopfbahnhof einfahren.
 
7. Der Deutschlandtakt
Das Rendezvous vieler Züge zur vollen und zur halben Stunde im anzustrebenden Vollknoten Stuttgart überfordert den nur achtgleisigen Tiefbahnhof selbst bei Doppelbelegung.
 
Auch für den Deutschlandtakt ist somit ein ergänzender Kopfbahnhof unabdingbar.     

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