Montag, 17. August 2015

Regionalbahnhof Vaihingen: Arbeitet der VVS gegen Verkehrsminister Hermann?

Der von Landesverkehrsminister Hermann zusammen mit der Bahn auf den Weg gebrachte Halt von Regionalzügen in Stuttgart-Vaihingen steht vor der Umsetzung. Dies ist ein ganz wichtiger Schritt hin zu einer Verbesserung des Bahnverkehrs in der Region Stuttgart sowie zu einer Entlastung der S-Bahn. Der Verkehrs- und Tarifverbund Stuttgart (VVS) scheint mit dieser Entscheidung nicht zufrieden zu sein. Nach wie vor präsentiert der VVS auf seiner Internetseite seine Argumente gegen einen Regionalbahnhalt in Stuttgart-Vaihingen.

Bevor wir in der Sache weiter vorangehen, sei hier ganz kurz die Stelle angegeben, an der der VVS gegen den Regionalbahnhalt Vaihingen Stellung bezieht. Die Internetseite des VVS ist www.vvs.de. Dort gibt es ganz oben auf der Seite einen Link "FAQ" (Frequently asked questions, häufig gestellte Fragen). Nach Anklicken dieses Links erscheint eine Seite, bei der in der linken Spalte verschiedene Gruppen von FAQs genannt werden. Hier klickt man "Fahrplanangebot" an. Darauf erscheinen vier Fragen. Die Frage nach dem Regionalbahnhalt Vaihingen ist nicht mehr darunter. Hat der VVS diese Frage klammheimlich gelöscht? Tatsächlich gab es bis vor einiger Zeit noch diese Fragestellung auf der VVS-Seite. Der VVS hat seine ablehnende Haltung zum Regionalbahnhalt Vaihingen jedoch nicht aufgebeben. Man scrolle einfach die Seite herunter. Dann wird man feststellen, dass Antworten zu fünf Themen gegeben werden (und nicht nur zu vier Themen, wie das bei den vier Fragen eigentlich zu erwarten wäre), darunter das Thema Regionalbahnhof Vaihingen und dessen Ablehnung seitens des VVS. 

Die Sache wird somit brisant. Es ist nicht nur bedenklich, dass sich der VVS mit seiner Ablehnung des Regionalbahnhofs Vaihingen klar gegen Verkehrsminister Hermann stellt. Es kommt noch hinzu, dass alle Argumente des VVS gegen den Regionalbahnhof Vaihingen falsch bzw. unzutreffend sind. Gleichwohl will der VVS anscheinend diese Argumente nicht einstampfen. Ein dritter Punkt ist jetzt, dass der VVS seine Argumente gegen den Regionalbahnhof Vaihingen auch noch versteckt. Für Besucher der Webseite des VVS, die nur die Überschriften lesen, erscheint das Thema Regionalbahnhof Vaihingen gar nicht mehr. Nur Besucher, die die Seiten vollständig lesen, stoßen weiterhin auf das Thema.

Anmerkung: Möglicherweise wird der VVS als Reaktion auf diesen Artikel demnächst seine Anmerkungen zum Regionalbahnhof Vaihingen auf seiner Internetseite löschen. Damit keine Missverständisse entstehen und damit später niemand behauptet, es hätte diese Argumente nie gegeben, wurde ein Screenshot der Seite vom Stand 17.08.2015 erstellt.
     
Kommen wir aber zurück zur inhaltlichen Behandlung des Themas Regionalbahnhof Vaihingen.


Offiziell soll der Regionalbahnhof Vaihingen zunächst einmal aus den folgenden Gründen verwirklicht werden:
  • Bis zu einer Inbetriebnahme von Stuttgart 21 können Regionalzüge der Gäubahn auch in Vaihingen halten und damit die S-Bahn entlasten. Zudem wird die Gäubahn durch den Halt in Vaihingen, einem wichtigen Umsteigeknoten und Ziel- und Quellpunkt, attraktiver.
  • Nach einer Inbetriebnahme von Stuttgart 21 mit einer Führung der Züge der Gäubahn über den Flughafen können weiterhin Verstärkerzüge der Gäubahn in S-Vaihingen halten und enden. (Anmerkung: Eine Inbetriebnahme des ursprünglichen Projekts Stuttgart 21 mit einer Führung der Gäubahnzüge über den Flughafen wird es wegen Unfahrbarkeit dieser Planung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zwar nie geben. Das Argument, wie es offiziell vorgetragen wird, soll der Vollständigkeit halber trotzdem hier aufgelistet werden.)
  • Ebenfalls nach Inbetriebnahme von Stuttgart 21 sind nach Ansicht von Verkehrsminister Hermann Züge der Gäubahn denkbar, die als tangeniale Verbindung über S-Vaihingen und die Panoramastrecke in Richtung S-Feuerbach fahren. (Anmerkung: solche tangential verlaufenden S-Bahnlinien rechnen sich in den allermeisten Fällen nicht. Es gibt sie deshalb in Deutschland so gut wie nicht. Eine Zukunft der Panoramastrecke ist nur mit einer weiterhin radialen Führung der Gäubahn von Vaihingen über die Panoramastrecke zum Hauptbahnhof garaniert). 
  • Vor einer Inbetriebnahme von Stuttgart 21 müssen alle Züge der Gäubahn für die Dauer von mehreren Monaten in S-Vaihingen enden.
  • Wegen des gegenüber dem "Rest" von Stuttgart 21 jetzt wesentlich später fertigwerdenden Bahnhofs für die Gäubahn am Flughafen müssen die Züge der Gäubahn jetzt sogar mehrere Jahre in S-Vaihingen enden.
Das also sind die bisher offiziell vorgetragenen Argumente für den Regionalbahnhof Vaihingen. In diesem Blog wurde jedoch mit einer Vielzahl von Artikeln herausgearbeitet, dass es für einen Regionalbahnhalt Vaihingen noch weitere Argumente gibt. Denn die jetzt im Rahmen des Projekts Stuttgart 21 geplante Führung der Gäubahn über den Flughafen ist wegen der deutschlandweit einmaligen unmittelbaren Aufeinanderfolge mehrerer Engstellen nicht fahrbar. Es wird deshalb mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit eine Führung der Gäubahn über S-Vaihingen, die Panoramastrecke und einen Kopfbahnhof im Stuttgarter Talkessel auch weiterhin und als Dauerzustand geben, selbst für den Fall, dass Stuttgart 21 irgendwann in Betrieb genommen werden sollte.

Es ist bis zu einem gewissen Grad verständlich, wenn die derzeit in BW Regierenden sowie die zuständige Exekutive dies von sich weisen. Es gibt für diese Leute auch kaum einen Anreiz, sich dieser Thematik zu stellen. Denn die jetzt amtierenden Politiker sind bei einer Inbetriebnahme von Stuttgart 21 mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht mehr im Amt. Das gilt zu einem großen Teil auch für die Speerspitzen der Stuttgart 21-Befürworter in der Exekutive.

Es gibt somit sachlich und nüchtern betrachtet eine Menge Argumente für den Regionalbahnhof Vaihingen. Hoffentlich gibt es keine weiteren Verzögerungen beim Bauablauf, so dass dieser Bahnhof im Jahr 2017 in Betrieb gehen kann.

Die Argumente des VVS gegen den Regionalbahnhof Vaihingen lösen sich in Luft auf
Kommen wir aber wieder zurück zum VVS und wenden wir uns den Argumenten zu, die der VVS gegen den Regionalbahnhof Vaihingen ins Feld führt.

1. Der Bau eines für die Regionalzüge erforderlichen vierten Bahnsteigs in S-Vaihingen ist gemäß der Argumentation des VVS sehr teuer. 

Das ist kein stichhaltiges Argument. Mit diesem Argument könnte man zukünftig den Bau eines jedweden neuen Bahnsteigs in Deutschland ablehnen.

2. Die Regionalzüge der Fahrtrichtung Böblingen können gemäß der Argumentation des VVS nicht am Gleis 1 in Vaihingen halten, weil der Bahnsteig dort die S-Bahnhöhe von 90 cm hat. 

Dieses Problem lässt sich aber dadurch lösen, dass die Züge der S1 Richtung Böblingen zukünftig am Bahnsteig 2 anhalten, wo bereits die Züge der Linien S2 und S3 halten. Damit wird es möglich, die Bahnsteighöhe bei Bahnsteig 1 von heute 90 cm auf die für Regionalzüge erforderlichen 55 cm herabzusetzen.

3. Der VVS sorgt sich darum, dass die Fahrzeit für die Regionalzüge durch den Halt in Vaihingen um zwei Minuten erhöht wird. Wegen der ab Horb eingleisigen Strecke der Gäubahn würden dadurch die Fahrtenlagen nicht mehr passen. 

Zunächst einmal ist es rührend, dass sich der VVS um die Erhöhung der Fahrzeiten bei der Gäubahn um zwei Minuten Sorgen macht, während der VVS die Erhöhung der Fahrzeiten bei allen Zügen der S-Bahn wegen der bei Stuttgart 21 geplanten Station Mittnachtstraße anscheinend unkritisch findet. Dabei sind durch diese Fahrzeiterhöhung alle Fahrgäste der S-Bahn betroffen, die im Verlauf der Stammstrecke fahren.

Zum Zweiten ist die Sorge um die Fahrzeit der Gäubahn und mögliche Engstellen bei Horb gar nicht die Aufgabe des VVS, sondern des zuständigen Landes BW. Die Erhöhung der Fahrzeit der Gäubahn durch den neuen Haltepunkt Vaihingen kann durch andere Maßnahmen kompensiert werden. Dazu kann zum Beispiel gehören, dass zukünftig auf die zeitraubende Flügelung der Züge Richtung Horb/Freudenstadt in Eutingen verzichtet wird. Eine andere Variante ist, dass die Züge der Gäubahn in Eutingen zukünftig nicht mehr halten und dass statt dessen die von Freudenstadt kommenden Züge über Eutingen weiter bis nach Bondorf fahren. Damit hat man die in Vaihingen verlorenen zwei Minuten wieder gewonnen und in Horb gibt es keine Auswirkungen auf die Fahrtenlagen. Meines Wissens plant das Land BW tatsächlich, in den kommenden Jahren eine dieser Varianten einzurichten. Zudem werden die geplanten Metropolexpress-Züge von Stuttgart nur bis Horb fahren. Somit hat die eingleisige Strecke hinter Horb auf diese Züge keine Auswirkungen.

4. Der VVS ist der Auffassung, dass sich die verkehrlichen Verbesserungen eines Gäubahnhalts in Vaihingen in Grenzen halten werden. 

Das trifft nicht zu. Diese Meinung kommt nur dadurch zustande, dass der VVS einige verkehrliche Dinge einfach ausblendet. So geht der VVS von einem Stundentakt der Gäubahnzüge aus. Das ist aber nicht richtig. Bald werden alle halbe Stunde die Metropolexpresszüge von Stuttgart über Vaihingen nach Horb fahren. Dazu kommt alle zwei Stunden der langsame IC von Stuttgart über Vaihingen nach Zürich. (Der ebenfalls zweistündlich verkehrende schnelle IC von Stuttgart nach Zürich wird nicht in Vaihingen halten).

Der VVS blendet zudem die Vielzahl möglicher Umsteigebeziehungen in Vaihingen aus. Nehmen wir nur mal ein Beispiel: Bei der Fahrt von Böblingen nach Stuttgart-SI-Zentrum (Stadtbahnhaltestelle Salzäcker) kann der Fahrgast zukünftig sowohl mit der S-Bahn von Böblingen nach Vaihingen fahren und dort in die Stadtbahn umsteigen. Es gibt zukünftig aber auch die Möglichkeit, mit der Gäubahn von Böblingen nach Vaihingen zu fahren und dann in die Stadtbahn umzusteigen. Und solche Fahrtbeispiele gibt es im Dutzend.

5. Der VVS argumentiert, dass die Regionalzüge im S-Bahnnetz nur an den Linienendpunkten der S-Bahn sowie in den Kreishauptstädten anhalten (dazu kommt noch die Ausnahme Bad Cannstatt). 

Diese Argumentation ist falsch. Wendlingen zum Beispiel ist weder Kreishauptstadt noch Linienendpunkt der S-Bahn und trotzdem Regionalzughalt. Dasselbe gilt für Winnenden. Einem Halt in S-Vaihingen steht somit nichts mehr im Wege, zumal Vaihingen sogar einen größeren Einzugsbereich hat als z.B. Wendlingen oder Winnenden.

6. Der VVS argumentiert, dass es zwischen S-Bahn und Regionalbahn eine klare Aufgabenteilung gibt, die die gleichmäßige Auslastung der beiden Zugsysteme garantiert.

Diese Argumentation hatte vielleicht eine Berechtigung in den ersten Jahren der Inbetriebnahme der S-Bahn nach 1978. Inzwischen liegen jedoch vollkommen andere Verhältnisse vor. Die S-Bahn gilt inzwischen als teilweise überlastet, was zu immer größeren Verspätungen bei der S-Bahn führt. Deshalb muss man heute über jede Entlastung der S-Bahn froh sein. Und was ist besser für eine Entlastung der S-Bahn geeignet als der Halt der Regionalzüge an bestimmten wichtigen S-Bahnhöfen wie z.B. S-Vaihingen? Es kommt dazu, dass die Regionalzüge in wenigen Jahren in Form der Metropolexpress-Züge zusätzliche Funktionen wahrnehmen werden und geradezu darauf warten, die S-Bahn zu entlasten.                 

Was ist jetzt zu tun?
Jetzt ist Verkehrsminister Hermann gefragt. Hermann muss beim VVS darauf hinwirken, dass dieser den Regionalbahnhalt Vaihingen unterstützt und fördert. Hierzu müsste eigentlich ein Anruf beim Aufsichtsratsvorsitzenden des VVS, Stuttgarts OB Fritz Kuhn, ausreichen.

Darüber hinaus ist es ermutigend, dass es in S-Vaihingen vor Ort rührige und kompetente Bürgergruppen gibt, die ihre Ideen und Vorschläge für die Ausgestaltung des Regionalbahnhofs Vaihingen einbringen. Diese Arbeit ist so gut, dass wir den VVS für dieses Thema eigentlich gar nicht mehr benötigen.     

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