Diese These wollen wir im heutigen Post in diesem Blog Schritt für Schritt nachvollziehen.
Es gibt beim Stuttgarter Flughafen bereits einen Bahnhof
Zunächst einmal gilt es festzustellen, dass es beim Stuttgarter Flughafen bereits einen Bahnhof gibt, den zweigleisigen Bahnhof für die S-Bahn direkt unter dem Terminal des Flughafens. Gleichzeitig gilt es festzustellen, dass dieser bestehende Bahnhof Flughafen große Reserven und Potenziale hat, die bisher nicht ansatzweise genutzt werden. Diese Potenziale sind sowohl quantitativer als auch qualtitativer Natur, sowohl verkehrlicher als auch betrieblicher Art.
Der überlastete S-Bahn-Haltepunkt Hauptbahnhof soll nicht ausgebaut werden; die großen Reserven des Flughafenbahnhofs der S-Bahn sollen nicht genutzt werden
Wir kommen gleich darauf, diese Reserven und Potenziale des bestehenden Flughafenbahnhofs näher zu betrachten. Zuvor muss man jedoch auf eine Merkwürdigkeit aufmerksam machen. Es gibt im Stuttgarter S-Bahnnetz viele Engpässe. Der wohl größte Engpass ist der Haltepunkt Hauptbahnhof (tief). Dieser zweigleisige Haltepunkt ist kaum mehr in der Lage, den planmäßigen S-Bahnverkehr während der Spitzenzeiten abzuwickeln, zumal sich die durchschnittlichen Fahrgastwechselzeiten bei der S-Bahn in den vergangenen Jahren eher verlängert haben. In diesem Zusammenhang wurde nun ein drittes Gleis für den Haltepunkt Hauptbahnhof angesprochen, jedoch gleich darauf wegen baulicher Unmöglichkeit wieder verworfen. Die Grünen haben vorgeschlagen, eine der sechs S-Bahnlinien doch zukünftig im Kopfbahnhof enden und wenden zu lassen, um den Haltepunkt Hauptbahnhof (tief) zu entlasten.
Wir halten also fest: Es gibt im Stuttgarter S-Bahnnetz viele Engpässe, darunter gravierende wie der Haltepunkt Hauptbahnhof*. Zur Beseitigung dieser Engpässe wird jedoch praktisch nichts unternommen. Dafür ist kein Geld da. Dafür sind keine Ideen da. Dazu hat man keinen richtigen Elan. Auf der anderen Seite gibt es jedoch im Stuttgarter S-Bahnnetz Stellen, die keine Engpässe sind, sondern im Gegenteil große Reserven und Potenziale aufweisen. Dazu gehört der Bahnhof Flughafen. Das Tragische an der Sache ist nun, dass zur Aktivierung dieser Reserven und Potenziale ebenfalls nichts unternommen wird. Das Ganze passt nicht zusammen.
* Hier ganz kurz als Einschub, warum der Engpass Hauptbahnhof bei der Stuttgarter S-Bahn in der heutigen Form vorhanden ist. Wir haben ja in den mit Stuttgart vergleichbaren S-Bahnnetzen in München, Frankfurt/Main und Zürich ganz andere Lösungen für den Haltepunkt Hauptbahnhof der S-Bahn. In München haben wir das spanische System, also getrennte Bahnsteige für die ein- und aussteigenden Fahrgäste. In Frankfurt/Main und Zürich hat der Haltepunkt Hauptbahnhof jeweils vier Gleise.
Man hat für das Stuttgarter S-Bahnnetz versucht, die Konfiguration der Münchner und Frankfurter S-Bahn mit ihren zahlreichen Haltepunkten in der erweiterten Innenstadt zu kopieren, obwohl wegen der Kessellage die erweiterte Innenstadt in Stuttgart viel kleiner ist als in München und Frankfurt. Gleichzeitig hat man beim Kopieren aber vergessen, auch den Haltepunkt Hauptbahnhof passend zu gestalten. Zudem hat man der Zahl der Haltepunkte in der erweiterten Innenstadt eine zu große Bedeutung beigemessen und gleichzeitig den Punkt der Durchbindung zwischen den beiden wichtigsten Zufahrten Bad Cannstatt und Zuffenhausen vernachlässigt. Die Bahnstrecke mit den Haltepunkten Plochingen - Esslingen - Bad Cannstatt - Hauptbahnhof - Zuffenhausen - Ludwigsburg - Bietigheim ist die wichtigste Bahnstrecke Württembergs. Sie wird durch die S-Bahn nicht nachgebildet (durch Stuttgart 21 übrigens auch nicht). Die Stuttgarter S-Bahn ist das einzige S-Bahnnetz im deutschsprachigen Raum, bei dem die beiden wichtigsten Zufahrten zum Hauptbahnhof nicht miteinander verbunden sind. Das zwingt die Hälfte aller S-Bahnen, innerhalb der Stammstrecke zu enden und zu wenden. Dafür musste man extra eine 1,5 Kilometer lange unterirdische Wendeschleife bauen. Auch dies ist ein Alleinstellungsmerkmal der Stuttgarter S-Bahn, auf das man nicht unbedingt stolz zu sein braucht, sondern das seine Notwendigkeit aus dem verkorksten Planungsansatz des S-Bahnnetzes in Stuttgart bezieht.
Nun kann man für diese lang zurückliegende Geschichte heute selbstverständlich niemand mehr verantwortlich machen. Es gibt jedoch einen Grund, weshalb mir diese Darstellung zur Stuttgarter S-Bahn so wichtig ist: Weil sich bei Stuttgart 21 jetzt genau dieselbe Geschichte wiederholt. Wieder werden fundamentale Fehler gemacht, weil bestimmte Kreise nicht bereit sind, die Meinung interessierter Bürger und kritischer Fachleute anzuhören und zu berücksichtigen. Der sogenannte Filderdialog ist hierzu ein eindrucksvolles bzw. abschreckendes Beispiel. Im Unterschied zum damaligen S-Bahnbau gibt es bei Stuttgart 21 aber nach wie vor die berechtigte Hoffnung, dass die Sache noch rechtzeitig gestoppt und in die richtigen Bahnen gelenkt werden kann.
Die großen Reserven und Potenziale des bestehenden Flughafenbahnhofs der S-Bahn
Worin bestehen nun die großen Reserven und Potenziale des bestehenden Flughafenbahnhofs? Der bestehende Flughafenbahnhof ist in der Lage, ohne Probleme mindestens doppelt so viele Fahrten der S-Bahn und damit auch Fahrgäste aufzunehmen wie zur Zeit vorhanden. Das wird durch diese Maßnahmen erreicht:
- Die für Stuttgart 21 vorgesehene Strecke Flughafen-Wendlinger Kurve wird übernommen und direkt an den bestehenden Bahnhof Flughafen-Terminal angeschlossen. Dadurch ist es möglich, mindestens eine S-Bahn pro halbe Stunde (bei Bedarf aber auch alle Viertel Stunde) von Flughafen-Terminal über Wendlingen nach Plochingen fahren zu lassen. Ebenfalls mindestens alle halbe Stunde fährt eine S-Bahn von Flughafen-Terminal nach Nürtingen.
- Es wird eine zusätzliche Express-S-Bahn vom Hauptbahnhof (Kopfbahnhof) über S-Vaihingen zum Bahnhof Flughafen-Terminal eingerichtet. Damit gibt es zwischen dem Flughafen und dem Hauptbahnhof endlich den 10-Minuten-Takt bei der S-Bahn.
- Die bestehende S-Bahnstrecke zwischen dem Bahnhof Flughafen-Terminal und S-Rohr bleibt in ihrer heutigen zweigleisigen, hochleistungsfähigen Form bestehen. Sie wird also nicht für den Mischbetrieb zwischen S-Bahn und Fern-/Regionalzügen umgebaut. Der bestehende Flughafenbahnhof wird nicht in zwei eingleisige Bahnhöfe zerlegt. Es wird keine höhengleiche Gleiskreuzung beim Flughafenbahnhof eingerichtet. Die Rohrer Kurve mit ihrer höhengleichen Gleiskreuzung wird ebenfalls nicht eingerichtet. Die Signalisierung der bestehenden Strecke wird ggf. ergänzt, so dass Zugfolgezeiten der S-Bahn von 5 Minuten möglich sind.
Zu den qualitativen Potenzialen des bestehenden Bahnhofs Flughafen-Terminal gehört, dass dieser Bahnhof - im Gegensatz zum Stuttgart 21-Flughafenbahnhof - schnell und einfach erreichbar ist. Des weiteren kann beim Bestehen nur eines einzigen Bahnhofs am Flughafen dort auch schnell und ohne große Wege umgestiegen werden - ganz im Gegensatz zu Stuttgart 21, wo ja lange und beschwerliche Umsteigewege zwischen den beiden Bahnhöfen am Flughafen zurückzulegen sind.
Ein weiteres qualitatives Potenzial des bestehenden Flughafenbahnhofs liegt darin, dass die Fahrgäste jeweils in wenigen Minuten vom Flughafen zu den Umsteigeknoten Wendlingen, Plochingen, Nürtingen, Vaihingen und Hauptbahnhof gelangen können - und von dort weiter in die ganze Region Stuttgart und in das ganze Land BW. Zusammen mit der kurzen Zugangszeit zum bestehenden Flughafenbahnhof ergeben sich daraus konkurrenzlos günstige Reisezeiten, die den Gesamtreisezeiten bei Stuttgart 21 sogar überlegen sind.
Nicht zuletzt sind für den bestehenden Bahnhof Flughafen-Terminal wesentlich kleinere Instandhaltungs- und Betriebsaufwendungen zu leisten als für die Stuttgart 21-Konfiguration mit zwei Bahnhöfen am Flughafen. Das dürfte auch den Stuttgarter Flughafen interessieren, dem es dann möglich sein wird, mehr Geld in den Flugbetrieb zu investieren und die Gebühren für die Fluglinien und Fluggäste zu senken.
Damit ist klar: Der bestehende Bahnhof Flughafen-Terminal hat so große Potenziale und Reserven, dass er auf unabsehbare Zukunft alle Wünsche der Fahrgäste, der Fluggäste, der Messebesucher und des Flughafens erfüllen kann. Ein zweiter, unglaublich teurer, mit sehr hohen Betriebs- und Folgekosten belegter Flughafenbahnhof ist vor diesem Hintergrund nicht nur unnötig, sondern schlichtweg nicht statthaft.
Die Varianten einer zukünftigen S-Bahnbedienung des Stuttgarter Flughafens / Landesmesse
Nachfolgend sind vier Varianten einer zukünftigen Bedienung des Bahnhofs Flughafen-Terminal aufgezeichnet. Eine Bewertung dieser Varianten soll hier und heute nicht erfolgen. Dafür sind genauere Untersuchungen in Bezug auf den Fahrplan, die Fahrtenlagen und die Umsteigesituation erforderlich. Es gibt über die vier Varianten hinaus zudem viele weitere mögliche Varianten.
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