Die Fraktion der Grünen im Europäischen Parlament hat vor wenigen Tagen eine kleine Anfrage an die Europäische Kommission wegen der Kofinanzierung von Stuttgart 21 durch die EU gestellt. Das haben mir auf meine Anfrage jetzt die Grünen-Parlamentarier Heide Rühle und Michael Cramer mitgeteilt.
Michael Cramer ist verkehrspolitischer Sprecher der Europafraktion Die Grünen. Heide Rühle ist unter anderem stellvertretendes Mitglied im Ausschuss für regionale Entwicklung des Europaparlaments.
Hintergrund der Anfrage der Grünen ist die erst vor kurzem veröffentlichte Begründung der EU für ihre geplante Kofinanzierung von Stuttgart 21 im Rahmen von über 140 Millionen Euro. Die EU begründet ihre Kofinanzierung mit einer doppelt so hohen Leistungsfähigkeit des Stuttgart 21-Tiefbahnhofs gegenüber dem bestehenden Kopfbahnhof und mit signifikanten Fahrzeitgewinnen durch Stuttgart 21 für die Magistrale Paris-Bratislava. Beide Argumente treffen nicht einmal in Ansätzen zu. Sie verkehren sich teilweise sogar in ihr Gegenteil (siehe auch den Post vom 26.10.2012 in diesem Blog).
Verdoppelung der Kapazität wird bei weitem nicht erreicht
Die Grünen begründen ihre Anfrage an die EU-Kommission mit den Ergebnissen von Stresstest und Schlichtung, die ergäben hätten, dass die genannte Kapazität bei weitem nicht erreicht wird. Das trifft zwar zu. Leider ist diese Begründung aber viel zu kurz gegriffen. Denn umfangreiche Untersuchungen in den Monaten nach dem Stresstest haben ergeben, dass auch die Angaben im Stresstest nicht zutreffen und die Kapzität des geplanten S21-Tiefbahnhofs sogar kleiner ist als das Betriebsprogramm, das zur Zeit im Kopfbahnhof gefahren wird (siehe bei wikireal).
Zudem bringt Stuttgart 21 auch keine nennenswerten Fahrzeitgewinne für die Magistrale Paris-Bratislava. Die engen Kurvenradien in S-Zuffenhausen und in S-Feuerbach - wahrscheinlich die engsten Kurvenradien der gesamten Magistrale - bleiben bei Stuttgart 21 sogar für alle Zeiten erhalten. Stuttgart 21 steht auch im Widerspruch zum Bestreben der EU, die Bahnnetze für den Wettbewerb zu öffnen. Denn für Wettbewerber der Bahn ist im S21-Tiefbahnhof aus verschiedenen Gründen kein Platz (siehe auch den Post vom 26.09.2012 in diesem Blog).
Europäisches Amt für Betrugsbekämpfung ist verpflichtet, EU-Zuschüsse für S21 zu untersuchen
Es wäre schön, wenn die Grünen ihre Anfrage an die EU-Kommission um weitere Argumente erweitern würden. Allerdings ist es ratsam, stets mehrere Wege zu gehen, damit wenigstens einer der Wege zum Ziel führt. Es gibt bei der EU auch noch das Europäische Amt für Betrugsbekämpfung (OLAF). Dieses Amt ist verpflichtet, Untersuchungen einzuleiten, wenn der Verdacht besteht, dass Gelder der EU falsch ausgegeben oder anderweitig veruntreut werden. OLAF ist ebenfalls bereits über die falschen Angaben zum Projekt Stuttgart 21 und die damit verbundene Fragwürdigkeit der EU-Zuschüsse informiert. OLAF ist verpflichtet, allen Hinweisen nachzugehen. Hierbei bleibt die Anonymität des Hinweisgebers gewahrt.
Es kann allerdings nicht schaden, wenn auch noch der oder die andere aus der großen Bürgerbewegung gegen Stuttgart 21 sich an das OLAF wendet und ggf. noch neue Aspekte zum Thema in den Ring wirft.
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