Freitag, 24. Juni 2011

Heiner Geißler enttäuscht

Als in der Vorbereitung für den Sach- und Faktencheck zu Stuttgart 21 der Name Heiner Geißler fiel, hatten viele Menschen - mich eingeschlossen - ein positives Grundgefühl. Mir war Heiner Geißler nicht nur als Politiker ein Begriff, sondern vor allem als Bergsteiger. 



Über viele Jahre hinweg konnte man den Namen Heiner Geißler, seine Ansichten und auch seine Erlebnisse am Berg immer wieder in den Publikationen der Alpenvereine und von Bergzeitschriften lesen. Ich hegte von daher eine gewisse Bewunderung für ihn, vor allem vor dem Hintergrund, dass er es anscheinend schaffte, sich nicht wenige Tage im Jahr vom Politikbetrieb loszusagen und in seine geliebten Berge zu gehen. Und dies waren und sind ja auch meine geliebten Berge. Die Erfahrung und Faszination von Steilheit und Wildnis, das Gehen über dem Nebelmeer, die Sehnsucht nach den Gebirgen, wenn man mitten im Alltag gefangen ist: das hat Heiner Geißler erlebt und das gehört auch zu meinen Erfahrungen.

Dann kam der Sach- und Faktencheck zu Stuttgart 21 und die Zeit danach. Meine Bewunderung für Heiner Geißler war dahin. Ich sollte ihn zukünftig nicht mehr mit den Bergen in Verbindung bringen. Denn meine Berge will ich mir erhalten.

Da wird wochenlang im Sach- und Faktencheck über Stuttgart 21 gestritten. Und am Ende des Sach- und Faktenchecks erklärt Heiner Geisler, dass die Argumente gegen Stuttgart 21 ja alle recht und gut seien, dass das Projekt aber trotzdem gebaut werden müsse. Denn es sei schon so weit fortgeschritten. Dafür allerdings hätte es den Sach- und Faktencheck nicht gebraucht.

Vorher streut er noch Nebelkerzen. Da spricht er davon, es dürften während des Sach- und Faktenchecks keine vollendeten Tatsachen geschaffen werden. Da erklärt er K 21 für das ökologischere Projekt. Aber im Nachhinein diente dies alles nur der Ruhigstellung. Am Ende des Sach- und Faktenchecks zeigte er den Befürwortern eines etappierbaren Ausbaus des Bahnknotens Stuttgart die lange Nase.

Aber es kam noch schlimmer. In den Wochen und Monaten nach dem Sach- und Faktencheck tingelte Heiner Geißler durch die Talkshows und die Diskussionsrunden der Republik. Man rieb und reibt sich verwundert die Augen. Anscheinend hat Heiner Geißler einen ganz anderen Sach- und Faktencheck erlebt als die Mehrzahl der Bürger. Da behauptete er immer wieder, dass sich nach dem Sach- und Faktencheck das Meinungsbild zu Stuttgart 21 umgedreht habe und dass jetzt die Mehrzahl der Bürger für Stuttgart 21 sei. Es ist mir ein Rätsel, worauf er diese Behauptungen gründet. Die letzte seriöse Umfrage zu Stuttgart 21 gab es kurz vor der Landtagswahl und diese Umfrage bestätigte eine Mehrheit gegen Stuttgart 21.

Und er strickte weiter an einer Legende. Die Menschen seien nur deshalb gegen Stuttgart 21, weil über dieses Projekt schon vor Jahren entschieden worden sei und die Menschen die Gründe für dieses Projekt nicht mehr kennen. Da habe der Sach- und Faktencheck Abhilfe geschaffen. Wie kann man nur so daneben liegen? Die Bürger kennen die Gründe für Stuttgart 21 sehr genau, viel genauer als mancher Politiker und auch genauer als Heiner Geißler. Und die Menschen sind nicht deshalb gegen das Projekt, weil sie dessen Gründe nicht kennen. Sie sind gegen das Projekt, weil das Projekt Unsinn ist, weil Dutzende Gründe dagegen sprechen.

Jetzt soll Heiner Geißler erneut im Zusammenhang mit Stuttgart 21 tätig werden und die Ergebnisse des Stresstests präsentieren. Vor wenigen Tagen sagte er, dass er die Präsentation des Stresstests ablehnen werde, wenn zwischen Befürwortern und Gegnern keine Einigkeit über die Randbedingungen und Eingangsgrößen des Stresstests hergestellt werden könne.

Was sich auf den ersten Blick gut anhört, ist auf den zweiten Blick doch wieder nur eine der Geißler`schen Nebelkerzen. Deshalb Vorsicht! Heiner Geißler sollte sich von Stuttgart 21 zurückziehen und den Stresstest nicht präsentieren. Vor allem aber sollte er es unterlassen, bei der Präsentation des Stresstests wieder einen Schlichterspruch (also seine eigene Meinung) zu verkünden.           

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