Mittwoch, 29. Dezember 2010

Die Fragmentierung Stuttgarts durch Straßenbauten muss beseitigt werden


Im Rahmen der Argumentation für das Projekt Stuttgart 21 verfolgt die Autolobby ein großes Ablenkungsmanöver. Die Bahn wird als der Verursacher der Fragmentierung Stuttgarts dargestellt. Die "böse" Bahn hat Ende des 19. Jahrhunderts die Parkanlagen beeinträchtigt und getrennt, als die Bahnstrecken in den Stuttgarter Talkessel hineingeführt worden sind. Diese "schlimme Sünde" müsse rückgängig gemacht werden. Und das würde durch das Projekt Stuttgart 21 geschehen.

Das Dumme ist nur, dass in den ganzen Jahrzehnten vor der Lancierung des Projekts Stuttgart 21 diese Beeinträchtigung der Parkanlagen durch die Bahn eigentlich niemand groß auffiel und sich niemand daran störte. Hingegen störten und stören sich die Menschen sehr wohl an der Beeinträchtigung des Stuttgarter Stadtgebiets im Talkessel durch die Autostraßen. Und während kaum ein Tourist im Bereich der Parkanlagen weit außerhalb der Innenstadt unterwegs ist, die die Bahn angeblich trennt, wirkt sich die Fragmentierung der Stuttgarter Innenstadt sehr wohl und sehr stark auf die Attraktivität Stuttgarts für auswärtige Besucher aus.


Straßentunnelrampe in der Willy-Brandt-Straße beim Gebhard-Müller-Platz. Dieses Straßenentwurfselement hat in der Stuttgarter Innenstadt nichts zu suchen und muss so bald wie möglich verschwinden.

Straßentunnelrampe in der Planie zwischen Neuem Schloss (Bild oben) und Altem Schloss (Bild unten): Autobahnentwurfselemente mitten im historischen Herz von Stuttgart.

Insgesamt zehn Straßentunnelrampen gibt es in der Stuttgarter Innenstadt. Straßentunnelrampen sind ein Entwurfselement des Straßenbaus, das in einer so beengten Innenstadt wie in Stuttgart nichts zu suchen hat. Acht dieser Tunnelrampen befinden sich im Verlauf der B14 (Gebhard-Müller-Platz, Charlottenplatz, Wilhelmsplatz, Österreichischer Platz). Zwei weitere Tunnelrampen befinden sich im Verlauf der B27 (Planie, Friedrichstraße).

Es führt kein Weg daran vorbei und die Politik der Landeshaupt Stuttgart sollte sich so bald wie möglich mit dem Gedanken anfreunden: alle zehn Tunnelrampen in der Stuttgarter Innenstadt müssen über kurz oder lang verschwinden. Es gab bis vor wenigen Jahren das Projekt, die Konrad-Adenauer-Straße ("Kulturmeile") zwischen dem Charlottenplatz und dem Gebard-Müller-Platz zu untertunneln. Dieses Projekt scheiterte. Einerseits waren die Kosten zu hoch, andererseits wäre auch nach dem Tunnelbau noch relativ viel Verkehr an der Oberfläche geblieben.

Der Hauptgrund, der gegen den Tunnel unter der Konrad-Adenauer-Straße sprach, wurde jedoch kaum in der Öffentlichkeit diskutiert. Der Tunnel unter der Konrad-Adenauer-Straße hätte zwar zwei der acht Straßentunnelrampen im Verlauf der B14 beseitigt. Der Tunnel hätte jedoch zwei weitere der acht Tunnelrampen für alle Zeiten festgezurrt. Und dies ist nicht diskutabel.

Noch einmal: alle Straßentunnelrampen in der Stuttgarter Innenstadt müssen beseitigt werden, weil nur so die Urbanität und Lebensqualität der Stadt wiederhergestellt werden kann. 

Nun steht natürlich die Frage im Raum, wie der Autoverkehr in Stuttgart ohne diese Tunnelrampen und Unterführungen zukünftig abgewickelt werden kann. Diese Frage muss man ernst nehmen. Denn es kann hier ja nicht darum gehen, den Autoverkehr einfach nicht mehr nach Stuttgart hereinzulassen. Zumal es in Stuttgart (das war ja in einem der vorausgegangenen Posts bereits das Thema) noch keinen Mittleren Ring gibt. 

In den nächsten beiden Posts bleiben wir an diesem Thema dran. Im nächsten Post gibt es einen Vorschlag, wie der Straßenverkehr auf dem Stuttgarter Cityring zukünftig ohne Tunnelrampen und Unterführungen und stadtverträglicher abgewickelt werden kann. Und im übernächsten Post geht es um den Mittleren Ring, ein sehr vermintes Thema, das aber trotzdem angesprochen werden muss.

Aber eines ist klar: Die wichtige Neukonzeption des Straßenverkehrs im Stuttgarter Talkessel und die damit zusammenhängende städtebauliche Aufwertung der Stadt ließe 20 oder mehr Jahre auf sich warten, würde man das Projekt Stuttgart 21 verwirklichen. Denn in diesem Fall hätte man keine Zeit, Energie und Geld für die lebensnotwendige Weiterentwicklung eines urbanen Stuttgart.          

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