Kopfbahnhöfe haben eine wunderbare Eigenschaft, die in den Siebziger, Achziger und Neunziger Jahren des letzten Jahrhunderts dazu genutzt wurde, um S-Bahnen in die Innenstädte und durch die Innenstädte hindurch zu führen.
Kopfbahnhöfe sind in der Mehrzahl der Fälle so ausgerichtet, dass die Gleisachsen dieser Bahnhöfe in Richtung der Innenstadt zeigen. Das ist auch nicht weiter verwunderlich, denn mit Hilfe der Kopfbahnhöfe hat man ja versucht, die Bahngleise so nah wie möglich an die Innenstadt heranzuführen. Diesen Umstand hat man sich im letzten Jahrhundert bei praktisch allen Großstadtkopfbahnhöfen zu Nutzen gemacht, um die S-Bahn unter dem Kopfbahnhof hindurch geradeaus weiter in die Innenstadt und noch weiter am anderen Ende der Innenstadt hinaus bis zur nächsten Bahnlinie zu führen. Hierzu musste man die Gleise der S-Bahn im Vorfeld der Kopfbahnhöfe mit einer Tunnelrampe unter die Erde bringen und unter dem Kopfbahnhof hindurch in einen Tunnel durch die Innenstadt führen.
So geschah es in München, wo ein solcher S-Bahnnetztyp aus Anlass der Olympischen Spiele 1972 als erstes in Betrieb genommen wurde. Es folgten die Städte Stuttgart und Frankfurt / Main, wo ab 1978 die Führung der S-Bahn unter dem Kopfbahnhof und unter der Innenstadt hindurch in Abschnitten eröffnet worden ist. Im Jahr 1979 wurde in Hamburg beim Kopfbahnhof Hamburg-Altona die City-S-Bahn unter dem Bahnhof durchgebunden. Im Jahr 1990 folgte Zürich mit der Eröffnung der ersten Etappe eines der größten S-Bahnsysteme der Welt. 2007 wurde in Kassel das Regionalstraßenbahnnetz unter dem Hauptbahnhof (Kopfbahnhof) hindurch mit dem innerstädtischen Straßenbahnnetz verbunden. In Leipzig ist zur Zeit der Citytunnel noch im Bau. Der Bau einer Unterfahrung des Leipziger Kopfbahnhofs durch eine S-Bahn war zu DDR-Zeiten aus finanziellen Gründen nicht machbar. Deshalb die verspätete Realisierung des Konzepts in Leipzig.
Damit wurde nun bei allen großen Kopfbahnhöfen des deutschsprachigen Raums diese Konzeption einer Unterfahrung durch die S-Bahn und einer Führung der S-Bahn unter der Innenstadt hindurch verwirklicht. Das ist umso bemerkenswerter, als ja in den verschiedenen Regionen unterschiedliche politische Mehrheiten und auch unterschiedliche Mentalitäten bestanden und bestehen. Die Durchbindung der S-Bahn unter einem Kopfbahnhof hindurch in die Innenstadt muss also ein sehr gutes Konzept gewesen sein. Sonst wäre es nicht quer durch den deutschsprachigen Raum bei allen großen Kopfbahnhöfen verwirklicht worden.
Im Gegensatz dazu wird die S-Bahn in den Großstädten mit Durchgangsbahnhöfen kaum unter der Innenstadt hindurch geführt. So verkehrt zum Beispiel in Düsseldorf selbstverständlich eine S-Bahn. Sie fährt aber nur entlang der vorhandenen Bahngleise durch den 16gleisigen Durchgangsbahnhof hindurch und nicht unter der Innenstadt. Ebenso verhält es sich beim 21gleisigen Durchgangsbahnhof von Nürnberg. Und nicht anders ist es beim 12gleisigen Durchgangsbahnhof von Hannover.
Was für ein Glück hatte / hat Stuttgart also, dass es einen Kopfbahnhof besitzt. Ohne den Kopfbahnhof hätte Stuttgart wohl kaum die heute so erfolgreiche S-Bahn durch die Innenstadt hindurch erhalten.
Nun gab es in den Neunziger Jahren des letzten Jahrhunderts eine weitere Idee. Man wollte nun quer zu den Kopfbahnhöfen neue Durchgangsbahnhöfe für alle Züge bauen und die Kopfbahnhöfe in der Folge stilllegen. Diese Projekte werden auch 21er-Projekte genannt. Im Gegensatz zur erfolgreichen S-Bahndurchbindung, die in allen betroffenen Regionen befürwortet worden ist, wurde den 21er-Projekten jedoch wesentlich weniger Begeisterung entgegengebracht. Alle in Frage kommenden Städte mit Kopfbahnhöfen haben die 21er-Projekte abgelehnt - bis auf Stuttgart.
Was kann man daraus folgern? Im Gegensatz zur Durchbindung der S-Bahn sind anscheinend die 21-er Projekte lange nicht so gut und so begründbar. Nur in Stuttgart ist man aus unterschiedlichen Gründen den Verheißungen der 21er-Projekte gefolgt. Das Verhalten der anderen Städte sollte jedoch auch in Stuttgart zu denken geben. Noch ist es für einen Ausstieg aus dem Stuttgart 21 - Projekt nicht zu spät.
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