Freitag, 18. Oktober 2024

Kein Bekenntnis zum Bau des Gäubahn-Pfaffensteigtunnels

Gero Hocker (FDP) ist der neue Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium und damit Nachfolger von Michael Theurer (FDP), der zur Bundesbank wechselte. 

Gero Hocker nahm am 11.10.2024 als Vertreter des Bundes an der Feier für das Richtfest beim Stuttgart 21-Flughafenbahnhof teil. So etwas ist ja seit jeher eine gute Gelegenheit, eine neue Botschaft zu verkünden oder mit einem neuen Scheck zu wedeln. Das aber tat Gero Hocker nicht. Gemäß einem Bericht der Stuttgarter Zeitung vom 11.10.2024 ließ sich Hocker eine Zusage zum Bau des Gäubahn-Pfaffensteigtunnels nicht entlocken.

Das muss aufhorchen lassen. Das Umfeld für den Bau des Gäubahn-Pfaffensteigtunnels sieht anscheinend nicht besonders gut aus. Das passt jedenfalls zu den Äußerungen zum Tunnelbau, die in letzter Zeit aus der Schweiz und von DB InfraGO kommen. Im Tunnelland Schweiz ist eine Diskussion um weitere Eisenbahntunnel entbrannt. Denn diese Tunnel kosten ja nicht nur beim Bau ein Heidengeld. Sie liegen in den Folgejahren weiter auf der Tasche der Steuerzahler. Denn sie müssen regelmäßig gewartet und instandgesetzt werden. Und nicht zu vergessen sind die täglichen hohen Betriebskosten. Ähnlich sieht es wohl aus der Sicht von DB InfraGO aus. Dort hat man alle Hände voll zu tun, das Bestandsnetz in Schuss zu halten und instandzusetzen. Für weitere Megatunnel vom Typ des Pfaffensteigtunnels ist da wohl erst mal kein Geld vorhanden.

Die Gretchenfrage lautet: Wie viel Infrastruktur (z.B. Bahntunnel) kann sich eine Gesellschaft, ein Staat, dauerhaft leisten. Und diesbezüglich gibt es drei Varianten:

1. Es ist noch Luft nach oben. Es gibt noch Geld und Resourcen für weitere Tunnel.

2. Der Wendepunk ist erreicht. Weitere Bahntunnel können nicht mehr gebaut werden, es sei denn, man legt vorhandene Infrastruktur still.

3. Der Wendepunkt ist überschritten. Die vorhandene Infrastruktur zerfällt und kann wenigstens in Teilen nicht mehr instandgehalten werden.

Wenn man die jüngsten Äußerungen zusammenfügt, scheint unsere Gesellschaft, unser Staat, so langsam bei der Variante 2 anzukommen.

Es sieht also nicht gut aus für den Gäubahn-Pfaffensteigtunnel.
Man kann den Bau dieses Tunnels, eines der längsten Tunnels Deutschlands, nicht wirklich begründen. Denn die Gäubahn verfügt bereits über eine zweigleisige Zulaufstrecke zum Stuttgarter Hauptbahnhof (mit Ausnahme eines ganz kurzen Stücks beim Nordbahnhhof, das aber leicht geheilt werden kann). 

Der Pfaffensteigtunnel würde die Rahmenbedingungen für die Gäubahn sogar verschlechtern. Denn die Züge der Gäubahn müssen sich hier unmittelbar hinter dem Pfaffensteigtunnel in den Fildertunnel einfädeln und sich in die Zugschlange der Züge von Ulm und von Tübingen einflechten. Das ist gerade unter dem Gesichtspunkt des Integralen Taktfahrplans (Deutschlandtakt) ganz schlecht. Die Gäubahn braucht eigene Gleise zum Hauptbahnhof, damit das Rendez-Vous der Züge zur vollen und halben Stunde im Stuttgarter Hauptbahnhof ausreichend kompakt gestaltet werden kann.

Und was soll eigentlich dieser Pfaffensteigtunnel? Für drei Züge pro Stunde und Richtung einen der längsten und teuersten Tunnels Deutschlands bauen? Und die Züge dann beim Flughafen eine 270 Grad-Pirouette drehen lassen? Das ist weltweit einmalig. Einmalig lächerlich.

Alle diese Punkte sollten auch berücksichtigt werden, wenn im Februar des kommenden Jahres die Klage der DUH um Erfüllung des Planfeststellungsbeschlusses und um den Weiterbetrieb der Gäubahn auf ihrer angestammten Panoramastrecke zum Stuttgarter Hauptbahnhof verhandelt wird.             


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