Freitag, 28. Juni 2024

Mögliche Einstellung der IC-Linie 61 Karlsruhe - Stuttgart - Nürnberg - Leipzig: Gibt es Verbindungen zu Stuttgart 21?

Gemäß einem Bericht der Zeitschrift "Spiegel" will die Bahn mehrere IC-Linien einstellen, darunter ist auch die Stuttgart betreffende IC-Linie 61.

Die Bahn hat prompt dementiert. Meldung und Dementi spielen hier aber erstmal keine Rolle. Denn das Land BW täte gut daran, die Zukunft des Regionalverkehrs auf den Strecken Karlsruhe - Pforzheim - Stuttgart und Stuttgart - Aalen heute bereits zu planen. Das soll heute das Thema hier in diesem Blog sein.

Da war doch was: Neue IC-Linie Stuttgart - Würzburg - Bamberg
Vor wenigen Jahren hat die Bahn Pläne vorgestellt, wonach das IC-Netz in Deutschland erweitert werden soll. In diesem Zusammenhang wurde auch eine neue IC-Linie Stuttgart - Würzburg - Bamberg vorgestellt.
 
Nach einiger Zeit ist es um diese Planungen wieder ruhig geworden. Und heute verkehren sich die Planungen möglicherweise in ihr Gegenteil. Es ist nichts mehr mit neuen IC-Linien. Statt dessen werden möglicherweise bestehende IC-Linien eingestellt.
 
Könnte Stuttgart 21 ein Grund für eine Einstellung der IC-Linie 61 sein?
Wir haben dieses Thema bereits mehrfach in diesem Blog angesprochen. Eine IC-Linie 61 müsste bei Stuttgart 21 mehrere Engstellen bewältigen. Das führt dann zur Unfahrbarkeit dieser Linie. 
 
Von Karlsruhe kommend würde diese Linie im Stuttgart 21-Hauptbahnhof eine sogenannte Innen-Außen-Relation (Feuerbacher Tunnel - Untertürkheimer Tunnel) befahren. Diese Relation kostet Kapaziät. An den Untertürkheimer Tunnel schließt sich dann eine mehrere hundert Meter lange eingleisige Strecke an ("Interregio-Kurve"). Dann folgt eine höhengleiche Gleiskreuzung mit der S-Bahn von Bad Cannstatt nach Waibingen, die im 5/10-Minuten-Takt fährt. Schließlich gibt es eine Einfädelung in die Regionalzugstrecke Bad Cannstatt - Waiblingen. Das ist unfahrbar.
 
Von daher ist es nicht ausgeschlossen, dass Stuttgart 21 der Grund für eine mögliche Einstellung der Linie 61 ist.
 
Das Land BW stellt seinen IRE 1 in der derzeitigen Konfiguration ebenfalls ein
Das Land BW zeigt sich besorgt in Sachen Einstellung der IC-Linie 61. Das ist jedoch merkwürdig. Denn das Land BW wird seinen IRE 1, der zur Zeit noch genauso fährt wie der IC 61, mit Stuttgart 21 ebenfalls in der heutigen Form einstellen. Das Land BW wird keine Regionalzüge bestellen, die über die Interregio-Kurve fahren. Es sieht also alles danach aus, dass das Land um die Problematik der Durchbindung von Karlsruhe nach Aalen sowie der Interregio-Kurve sehr wohl Bescheid weiß.
 
Von daher wirkt die Besorgnis des Landes in Sachen Einstellung des IC 61 gekünstelt.
 
Jahrhundertchance für IRE-Halbstundentakt in Pforzheim
Die Einstellung des IC 61 bringt für das Land BW große Chancen, wenngleich sie mit etwas Geldeinsatz verbunden sind. 
 
Es gibt ja heute den IRE 1, der zwischen Karlsruhe und Stuttgart im Halbstundentakt fährt. Allerdings gibt es alle zwei Stunden eine Taktlücke. Das ist dann, wenn der IC 61 fährt. Den zahlreichen Fahrgästen mit Regionalverkehrsticket nutzt der IC 61 überhaupt nichts. Sie müssen dann bis zu eine Stunde auf den IRE 1 warten. Das ist kein tragbarer Zustand.

Nun will das Land BW den vierten IRE pro Zwei-Stunden-Intervall mit dem Stuttgart 21-Fahrplan einrichten. Allerdings fährt dieser vierte IRE nicht über Pforzheim, sondern über Bruchsal und die Schnellfahrstrecke. Pforzheim hat davon also gar nichts. Dabei braucht Pforzheim dringend bessere Zugverbindungen nach Stuttgart und Karlsruhe. Denn Pforzheim ist in den letzten Jahren auch zu einer Mega-Schlafstadt für die Wirtschafts- und Technologiemetropolen Stuttgart und Karlsruhe geworden. Pforzheim braucht den exakten Halbstundentakt in Richtung Stuttgart und Karlsruhe.
 
Das Land muss seine Regionalverkehrspläne umschreiben
Bereits vor Inbetriebnahme eines Teils von Stuttgart 21 deutet sich somit an, dass die Regionalverkehrspläne des Landes BW zum Teil Makulatur sind. Die Planungen für den IRE 1 müssen geändert werden.
 
Durchbindungen einiger schneller Regionalzüge im Stuttgarter Hauptbahnhof sind zwar nicht mehr zu vermeiden, wenn man einen Teil von Stuttgart 21 in Betrieb nehmen will. Sie sind jedoch eigentlich nicht die Aufgabe von Baden-Württemberg. Denn die Länder sind für den Schienenpersonennahverkehr zuständig. Und der ist durch Gesetz für Fahrten gedacht, die im Schnitt unter einer Stunde Reisezeit sowie weniger als 50 km Entfernung aufweisen.  
 
Gleichzeitig sind die Metropolexpress-Züge MEX anders zu konfigurieren, so dass sie hauptsächlich im ergänzenden Kopfbahnhof im Stuttgarter Hauptbahhnhof ankommen und abfahren. Nicht zu vergessen sind die Züge der Gäubahn, die ebenfalls in den ergänzenden Kopfbahnhof einfahren müssen. Und last but not least gibt es auch noch die S-Bahn, für die im ergänzenden Kopfbahnhof ebenfalls Gleise reserviert werden müssen.
  

Samstag, 22. Juni 2024

Stuttgart 21 ist einziger Tagesordnungspunkt der 78. Sitzung des Verkehrsausschusses des Bundestags

Am Mittwoch, den 26. Juni 2024 findet von 7:30 bis 9:30 die 78. Sitzung des Verkehrsausschusses des Bundestags statt.

Der einzige Tagesordnungspunkt ist Stuttgart 21. Die Sitzung ist nicht öffentlich.

Konkret geht es um: "Bericht des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr auf Antrag der Fraktion der CDU/CSU, Aufklärung der erneuten Verzögerung der Inbetriebnahme von Stuttgart 21 und Klarstellung der Verantwortlichkeiten sowie des Finanzplans". 

Die 79. Sitzung des Verkehrsausschusses schließt sich unmittelbar an (ab 9:30).

Sofern nach der 78. Sitzung auf der Website des Verkehrsausschusses Informationen (z.B. Protokolle) zur 78. Sitzung veröffentlicht werden, werden wir hier in diesem Blog darüber berichten. 

Freitag, 21. Juni 2024

Gotthard-Basistunnel: Höhere Kapazität und geringerer Energieverbrauch durch Reduzierung der Höchstgeschwindigkeit

Heute geht es hier in diesem Blog um einige Probleme des Gotthard-Basistunnels. Die Leserinnen und Leser mögen selbst beurteilen, ob und wie diese Probleme in Relation zu Stuttgart 21 zu setzen sind. Werden die nicht wegzudiskutierenden Probleme des Gotthard-Basistunnels einigermaßen gelöst und wie sieht dies bei Stuttgart 21 aus?

Voraussichtlich im September 2024 soll die wegen des schweren Bahnunfalls nur eingeschränkte Nutzbarkeit des Gotthard-Basistunnels enden. Dann soll auch - wegen des Bahnunfalls verspätet - der genaue Halbstundentakt beim Personenverkehr im Gotthard-Basistunnel eingeführt werden.  

Damit aber ist längst nicht alles in Butter beim Gotthard-Basistunnel. Der Tunnel leidet vielmehr unter Einschränkungen und Defiziten, die zum Teil auf falsche Entscheidungen der Politik zurückzuführen sind.

Das sehen wir uns heute hier in diesem Blog näher an. Konkret geht es um die Themen Tunnelquerschnitt und Energieverbrauch, Mischverkehr mit Personen- und Güterverkehr sowie Integraler Taktfahrplan.

Tunnelquerschnitte
Hier sind einige lichte Tunnelquerschnitte aufgelistet (jeweils eingleisige Tunnelröhren):  
Gotthard-Basistunnel: 41 m²
Lötschberg-Basistunnel: 45 m²
Katzenbergtunnel (Freiburg - Basel): 62 m²
Boßlertunnel und Steinbühltunnel (Stuttgart - Ulm): 60 m²
 
Es fällt sofort auf, dass der Gotthard-Basistunnel einen vergleichsweise kleinen lichten Querschnitt aufweist. Nach allem, was ich im Internet recherchieren konnte, geht dieser kleine Querschnitt auf Einflussnahmen der Politik zurück und ist gegen den Rat von Fachleuten gebaut worden. 
 
Extrem hoher Energieverbrauch im Gotthard-Basistunnel
Der Energieverbrauch der fahrenden Züge im Tunnel hängt unmittelbar vom Tunnelquerschnitt ab.      

Gemäß dem "Verband Schweizer Lokführer und Anwärter" kann durch eine maßvolle Reduzierung der Höchstgeschwindigkeiten von 200 km/h auf 160 km/h in den langen Alpentunneln (Gotthard-Basistunnel, Ceneri-Basistunnel, Lötschberg-Basistunnel) der Energieverbrauch um 30 Prozent gesenkt werden. 

In einer Stellungnahme des Schweizer Bundesrates vom 22.08.2018 auf eine parlamentarische Anfrage heißt es, dass Züge bei 250 km/h im Tunnel im Vergleich zu 200 km/h 56 Prozent mehr Energie verbrauchen. Beim Vergleich 250 km/h zu 180 km/h sind dies sogar 93 Prozent mehr Energie.

Die Schweizer Zeitung "Blick" berichtete am 04.09.2016, dass der Gotthard-Basistunnel um fast 10 Prozent enger gebaut ist als der Lötschberg-Basistunnel und keine Druckausgleichsstollen aufweist. 

Im Gotthard-Basistunnel müssen die Züge eine bis zu 57 Kilometer lange Luftsäule in einer vergleichsweise engen Röhre vor sich herschieben. Ein im Tunnel vorausfahrender Güterzug - das ist der Regelbetriebsfall - bremst das Luftpaket weiter ab.

Die Schweizer Bundesbahnen SBB haben sich zu einer energiesparenden Fahrweise verpflichtet. Es ist deshalb wahrscheinlich - auch wenn dies in den Pressemitteilungen zum September 2024 nicht explizit erwähnt wird - dass die Personenzüge im Normalfall ab September 2024 nur noch mit 160 km/h durch den Gotthard-Basistunnel fahren werden.

Die folgenden Geschwindigkeiten sind wahrscheinlich ab September 2024 im Gotthard-Basistunnel relevant:
Technische Höchstgeschwindigkeit: 275 km/h
Zulässige Geschwindigkeit der Personenzüge bei Verspätungen: 200 km/h
Regelgeschwindigkeit der Personenzüge: 160 km/h
Regelgeschwindigkeit der Güterzüge: 100 km/h
 
Der Mischverkehr mit Personen- und Güterzügen
Es gibt aber noch einen weiteren wichtigen Grund, der dafür spricht, dass die Regelgeschwindigkeit für die Personenzüge zukünftig auf 160 km/h festgelegt wird. Das ist der im Gotthard-Basistunnel herrschende Mischverkehr mit Personen- und Güterzügen.
 
Hier sind die Fahrzeiten durch den Tunnel (57,1 Kilometer Länge):
275 km/h (76,38 m/s): Fahrzeit 748 s = 12,5 Minuten
200 km/h (55,55 m/s): Fahrzeit 1.028 s = 17,1 Minuten
160 km/h (44,44 m/s): Fahrzeit 1.285 s = 21,4 Minuten
100 km/h (27,78 m/s): Fahrzeit 2.055 s = 34,3 Minuten
Dies ist eine vereinfachte Berechnung ohne Beschleunigungs- und Verzögerungsvorgänge.
 
Variante 200 km/h für Personenzüge und 100 km/h für Güterzüge
1. Ein Personenzug fährt zur Minute 00* in den Tunnel ein und verlässt den Tunnel zur Minute 18 (Minuten jeweils aufgerundet).
 
* Beispiel, muss nicht mit dem Fahrplan übereinstimmen.

2. Ein Personenzug fährt zur Minute 30 in den Tunnel ein (Halbstundentakt im Personenverkekhr) und verlässt den Tunnel zur Minute 48.

3. Ein Güterzug fährt dann zur Minute 3 in den Tunnel (Annahme: Zugbruttomindestabstand 3 Minuten) und verlässt den Tunnel zur Minute 38.

4. Ein Güterzug fährt dann zur Minute 6 in den Tunnel und verlässt den Tunnel zur Minute 41.
 
5. Ein Güterzug fährt dann zur Minute 9 in den Tunnel und verlässt den Tunnel zur Minute 44.
 
6. Mehr Güterzüge passen nicht in den Tunnel. Es würde sonst der nachfolgende Personenzug gestört.
 
Bei einer Geschwindigkeit der Personenzüge von 200 km/h und der Güterzüge von 100 km/h passen somit zwei mal drei = sechs Güterzüge pro Stunde und Richtung in den Tunnel. Das ist nicht gerade viel. 
 
Variante 160 km/h für Personenzüge und 100 km/h für Güterzüge 
1. Ein Personenzug fährt zur Minute 00 in den Tunnel ein und verlässt den Tunnel zur Minute 22 (Minuten jeweils aufgerundet).

2. Ein Personenzug fährt zur Minute 30 in den Tunnel ein und verlässt den Tunnel zur Minute 52.

3. Ein Güterzug fährt dann zur Minute 3 in den Tunnel (Annahme: Zugmindestbruttoabstand 3 Minuten) und verlässt den Tunnel zur Minute 38.

4. Ein Güterzug fährt dann zur Minute 6 in den Tunnel und verlässt den Tunnel zur Minute 41.
 
5. Ein Güterzug fährt dann zur Minute 9 in den Tunnel und verlässt den Tunnel zur Minute 44.
 
6. Ein Güterzug fährt dann zur Minute 12 in den Tunnel und verlässt den Tunnel zur Minute 47.
 
7. Mehr Güterzüge passen nicht in den Tunnel. Es würde sonst der nachfolgende Personenzug gestört.
 
Bei dieser Variante passen also zwei mal vier = acht Güterzüge pro Stunde und Richtung in den Tunnel.
 
160 km/h für Personenzüge wegen kleinem Tunnelquerschnitt und für größere Leistungsfähigkeit
Damit wird klar, warum ab September 2024 für die Personenzüge im Gotthard-Basistunnel im Regelfall 160 km/h eingeführt werden sollte. Das ist zum Einen aus Energiespargründen notwendig. Das ist zum Anderen auch wegen des Mischverkehrs notwenig, der ansonsten die Leistungsfähigkeit des Tunnels allzusehr beschneiden würde.
 
Was ist mit dem Integralen Taktfahrplan (ITF)?
Der Fahrzeitunterschied im Gotthard-Basistunnel zwischen 200 und 160 km/h beträgt vier bis fünf Minuten. Es stellt sich die Frage, die hier aber nicht beantwortet werden kann, ob die Fahrzeiten zwischen den ITF-Knoten nördlich der Alpen (z.B. Zürich) und den Tessiner ITF-Knoten (Bellinzona, Lugano) bei einer Fahrzeiterhöhung noch passend sind, um die Kantenzeiten zu ermöglichen.
 
Fazit
Der Gotthard-Basistunnel weist einige Probleme auf. Wegen des relativ kleinen Tunnelquerschnitts entsteht bei hohen Geschwindigkeiten ein enormer Energieverbrauch. Eine Reduzierung der Geschwindigkeit für Personenzüge auf 160 km/h ist deshalb sinnvoll. Auch wegen des Mischbetriebs von Personen- und Güterzügen ist eine Annäherung der Höchstgeschwindigkeiten von Güterzügen (100 km/h) und Personenzügen (160 km/h) richtig. Je kleiner die Geschwindigkeit der Personenzüge ist, desto höher ist die Kapazität des Tunnels. Eventuelle Auswirkungen einer kleineren Geschwindigkeit der Personenzüge auf den Integralen Taktfahrplan können hier nicht abgeschätzt werden.

Es scheint unter dem Strich so sein, dass die Probleme des Gotthard-Basistunnels einigermaßen gelöst werden können. Würde so etwas auch auf Stuttgart 21 zutreffen?
 

Freitag, 14. Juni 2024

Gäubahn unter Stuttgart 21: Bahn und Politik verstricken sich in Widersprüche

Die Art, wie die Gäubahn unter Stuttgart 21 behandelt wird, setzt dem widersprüchlichen und schillernden Projekt Stuttgart 21 die Krone auf.

Widerspruch Nr.1
Jahrelang strebte man an, die Gäubahn auf den Gleisen der Flughafen-S-Bahn zu führen. Äußerungen von Projektkritikern, wonach diese Führung der Gäubahn unfahrbar ist, wurden nicht beachtet. Vor wenigen Jahren kam dann der plötzliche Schwenk. Jetzt war die ursprüngliche Planung einer Führung der Gäubahn über die Gleise der Flughafen-S-Bahn doch nicht der Weisheit letzter Schluss. Statt dessen wollte man für die Gäubahn mit dem Pfaffensteigtunnel den längsten Bahntunnel Deutschlands bauen.
 
Was für ein Widerspruch! Zunächst mal schien die Gäubahn eine wenig wichtige Bahnstrecke zu sein, die sich mit einer Führung auf den Gleisen der Flughafen-S-Bahn begnügen musste. Dann plötzlich war für die Gäubahn in Form des Pfaffensteigtunnels nur noch das Teuerste gut genug.
 
Widerspruch Nr. 2
Nach jetzigem Planungsstand sollen die Züge der Gäubahn ab 2026 für einen nicht absehbaren Zeitraum in Stuttgart-Vaihingen enden und den Stuttgarter Hauptbahnhof nicht mehr anfahren.
 
Teile der Politik und der Bahn argumentieren, dass ein Endpunkt der Gäubahn in Stuttgart-Vaihingen große Chancen beinhalte. Denn viele Fahrgäste der Gäubahn wollten nach S-Vaihingen und Umgebung.
 
Warum aber - so muss man hier sofort fragen - wird dann die Führung der Gäubahn nach S-Vaihingen nicht dauerhaft beibehalten und auf den Pfaffensteigtunnel, der die Gäubahn an S-Vaihingen vorbeileitet, verzichtet?
 
Widerspruch Nr. 3
Teile der Bahn und der Politik argumentieren, dass nur wenige Fahrgäste von der Gäubahn im Stuttgarter Hauptbahnhof in Fernzüge umsteigen wollen. Warum aber muss man unter diesen Umständen dann die Gäubahn im längsten Bahntunnel Deutschlands teuer und aufwändig zum Stuttgarter Hauptbahnhof führen. Das ist doch ein eklatanter Widerspruch! 
 
Abgesehen davon stimmt die oben genannte Behauptung nicht. Die Mehrzahl der Züge am Bahnknoten Stuttgart sind Regionalzüge. Sehr wohl steigen viele Fahrgäste der Gäubahn im Stuttgarter Hauptbahnhof in die Regionalzüge um, sowie in die S-Bahn, in die Stadtbahn usw. Und auch in die Fernzüge würden die Fahrgäste gerne umsteigen, wenn es gute Anschlüsse gäbe - mit Stuttgart 21 nicht machbar.
 
Die Auflösung der Widersprüche
Eine Auflösung der Widersprüche kann nur eine Beibehaltung der Führung der Gäubahn über die Stuttgarter Panoramastrecke zu einem ergänzenden Kopfbahnhof beim Stuttgarter Hauptbahnhof bringen.
 
Bei dieser Lösung werden sowohl Stuttgart-Vaihingen als auch der Stuttgarter Hauptbahnhof an die Gäubahn angebunden.
 
Bei dieser Lösung verfügt die Gäubahn über eigene Zulaufgleise zum Stuttgarter Hauptbahnhof. Das ist für den Freiheitsgrad der Fahrplangestaltung von großer Wichtigkeit. Das steigert auch die Kapazität des Bahnknotens Stuttgart.
 
Bei dieser Lösung gibt es mehr als acht Gleise im Stuttgarter Hauptbahnhof. Das ermöglicht bessere Anschlüsse und die Einführung des Deutschlandtakts.     


Montag, 10. Juni 2024

Inbetriebnahmetermin von Stuttgart 21 verschiebt sich wahrscheinlich: "Fernwanderwege" am Hauptbahnhof müssen schnellstmöglichst verkürzt werden

Erste Mitteilungen in verschiedenen Medien deuten darauf hin, dass sich eine erste Teilinbetriebnahme von Stuttgart 21 auf Ende 2026 verschieben wird.

Damit muss aber klar sein: Die betehenden "Fernwanderwege" beim Stuttgarter Hauptbahnhof müssen schnellstmöglich verkürzt werden.

Zur Zeit müssen die Fahrgäste zwischen dem Kopfbahnhof und dem S-Bahnhaltepunkt, der Stadtbahnhaltestelle sowie der Innenstadt weite Wege zurücklegen. Diese Wege können verkürzt werden, sobald die Bauarbeiten in den betroffenen Bereichen abgeschlossen sein werden. Das wird wohl sogar vor Ende 2025 der Fall sein.

Es gibt zwei dieser Fernwanderwege. Der südöstliche der beiden Wege (ab Gleis 16) könnte von heute ca. 330 Meter auf ca. 175 Meter verkürzt werden. Der nordwestliche der beiden Wege (ab Gleis 1) könnte von heute ca. 340 Meter auf ca. 180 Meter verkürzt werden.

Die Politik muss gegenüber der Bahn darauf bestehen, dass als Teil-Kompensation für die sich weiter verzögernde erste Teil-Inbetriebnahme von Stuttgart 21 wenigstens die beiden Fernwanderwege so schnell es geht - und das ist vor Ende 2025 - verkürzt werden.   

Freitag, 7. Juni 2024

Die Sanierung und Modernisierung der Stuttgarter Panoramastrecke der Gäubahn

Der dauerhafte Weiterbetrieb der Stuttgarter Panoramastrecke der Gäubahn mit der Führung der Gäubahn in einen ergänzenden Kopfbahnhof beim Stuttgarter Hauptbahnhof wird immer realistischer. 

Das folgt daraus, dass hinter den Konkurrenzprojekten zu einer Beibehaltung der Führung der Gäubahn über die Panoramastrecke - Pfaffensteigtunnel oder Führung über die Gleise der Flughafen-S-Bahn - immer mehr Fragezeichen stehen. Einerseits können die Konkurrenzprojekte wahrscheinlich wegen der enormen Mittelknappheit beim Bund nicht mehr in absehbarer Zeit finanziert werden. Andererseits sind bei diesen Projekten allzu viele Engstellen im Streckenverlauf vorhanden.

Es ist also an der Zeit, sich mit dem Thema der Sanierung und Modernisierung der Panoramastrecke der Gäubahn zu befassen. Hierbei sind die Sanierung und Modernisierung klar zu trennen.

Unter einer Modernisierung der Panoramastrecke der Gäubahn sind Maßnahmen zu verstehen, die die Gäubahn attraktiver machen, die aber nicht unbedingt notwendig sind und von der Kassenlage abhängig sind. Im Gegensatz dazu sind bestimmte Sanierungsmaßnahmen der Panoramastrecke der Gäubahn notwendig. Allerdings ist auch hier nicht immer ein sofortiger Handlungszwang vorhanden. Die Sanierungsmaßnahmen können sich über einige, wenn nicht viele Jahre erstrecken.

Im Gegensatz zum Pfaffensteigtunnel und zur Führung der Gäubahn über die Gleise der Flughafen-S-Bahn gibt es die Panoramastrecke der Gäubahn bereits. Das ist ein nicht zu unterschätzender finanzieller Vorteil. Denn während bei den beiden erstgenannten Projekten als Voraussetzung für eine Inbetriebnahme die gesamte Maßnahme fertiggestellt sein muss, kann man bei der Panoramastrecke der Gäubahn stufenweise und zum Teil nach Kassenlage vorgehen. Die Gäubahn fährt in jedem Fall.

Hasenbergtunnel und Kriegsbergtunnel
Die beiden Tunnel im Verlauf der Panoramastrecke der Gäubahn stehen im Fokus sowohl der Sanierung als auch der Modernisierung. Beide Tunnel entsprechen nicht mehr den heutigen Vorschriften. Es ist kein Sicherheitsraum vorhanden. Der Gleisabstand ist zu klein. Der Tunnelquerschnitt ist ebenfalls zu klein. 

Eine Modernisierung von Hasenbergtunnel und Kriegsbergtunnel würde auf einen Neubau beider Tunnel hinauslaufen. Zwei getrennte Tunnelröhren für Richtung und Gegenrichtung sind jedoch nicht erforderlich. Der Querschnitt der neuen Tunnel wäre ca. doppelt so groß wie im Bestand.  

Eine Sanierung, die wahrscheinlich einer Modernisierung einige Jahre vorauslaufen wird, würde eine eingleisige Führung der Gäubahn in den beiden Tunneln erfordern. Nur so kann der erforderliche Sicherheitsraum im Tunnel gewonnen werden. Bei der eingleisigen Führung gibt es zwei Varianten. Man kann die beiden Gleise über jeweils eine Weiche in ein Gleis zusammenführen und wieder auseinanderführen. Es gibt aber auch die Möglichkeit, beide Gleise lediglich zu verflechten, so dass ein vierschieniger Gleisabschnitt entsteht. Die Freiheit bei der Gestaltung des Fahrplans der Gäubahn wäre durch die eingleisigen Tunnelabschnitte etwas beeinträchtigt. Es gibt einen Beschluss des Stuttgarter Gemeinderats, wonach die eingleisigen Abschnitte in den beiden Tunnels nicht gebaut werden sollen. Die beiden eingleisigen Abschnitte scheinen jedoch noch im erträglichen Rahmen zu sein und wären nicht mit der Engstellen-Parade bei der Führung der Gäubahn über die Gleise der Flughafen-S-Bahn zu vergleichen.

Besser die kurzen eingleisigen Abschnitte für den Zeitraum einiger Jahre als eine dauerhafte Stilllegung der Panoramastrecke der Gäubahn!

Vorbild Pforzheimer Tunnel
Das Vorbild für einen Neubau von Hasenberg- und Kriegsbergtunnel der Gäubahn ist der Pforzheimer Tunnel. Dort wurde neben den alten Tunnel ein neuer Tunnel gebaut. Die Kosten für den Neubau des 909 Meter langen Pforzheimer Tunnels betrugen ca. 100 Mio. Euro. Der Querschnitt des neuen Pforzheimer Tunnels ist ca. doppelt so groß wie beim Vorgängerbau.
Der Tunnel wurde im Jahr 2018 in Betrieb genommen. Der Altbau wurde anschließend kraftschlüssig verfüllt. Damit gibt es einen Richtwert für die Kosten eines Neubaus des Hasenbergtunnels und des Kriegsbergtunnels. 
 
Hasenbergtunnel (Gäubahn)
Länge: 258 Meter
Zulässige Geschwindigkeit: 70 km/h
Bau: 1875/76
Zustandskategorie: 2
 
Im Rahmen einer Modernisierung der Panoramastrecke der Gäubahn sollte der Hasenbergtunnel neugebaut werden, nicht nur wegen seines Alters und Zustands, sondern auch mit dem Ziel, dass die Geschwindigkeit der Züge auf 100 km/h erhöht werden kann. Allerdings wäre der neue Hasenbergtunnel dann ca. 900 Meter lang.

Kriegsbergtunnel
Länge: 579 Meter
Zulässige Geschwindigkeit: 90 km/h
Bau: 1875/76
Zustandskategorie: 3

Im Rahmen einer Modernisierung der Panoramastrecke der Gäubahn könnte ein neuer Kriegsbergtunnel neben den bestehenden Tunnel gebaut werden. Es gibt jedoch auch die Möglichkeit, den Gleisverlauf zwischen dem Westportal des Kriegsbergtunnels und dem Haltepunkt Nordbahnhof der S-Bahn so zu verändern, dass die Metropolexpresszüge der Gäubahn unmittelbar neben und parallel zu den Gleisen der S-Bahn am Haltepunkt Nordbahnhof halten können (Umsteigepunkt). Dann wäre der neue Kriegsbergtunnel länger als das bestehende Bauwerk.
 
Temporäre Betriebsunterbrechungen bei der Gäubahn
Außer den Tunnels gibt es im Verlauf der Panoramastrecke der Gäubahn zahlreiche Brücken, die auch irgendwann erneuert werden müssen. Vielleicht ist irgendwann auch der Gleisabstand im Verlauf der gesamten Panoramastrecke zu vergrößern.
 
Man wird sich also darauf einrichten müssen, dass es auf unabsehbare Zeit immer wieder wochenlange Betriebsunterbrechungen bei der Gäubahn im Verlauf der Panoramastrecke geben wird. Aber das ist ja von der Strecke der Gäubahn und auch von der Stammstrecke der Stuttgarter S-Bahn (Sommerferien) generell schon bekannt. Auch hier gilt: Besser immer wieder eine mehrwöchige Betriebsunterbrechung als eine dauerhafte Einstellung des Betriebs im Verlauf der Panoramastrecke der Gäubahn.