Mittwoch, 12. Dezember 2018

Neue Erkenntnisse zur Panoramastrecke der Gäubahn unter dem Projekt Stuttgart 21


Die Panoramastrecke der Gäubahn zwischen dem Stuttgarter Hauptbahnhof und Stuttgart-Vaihingen existiert eigentlich bereits nicht mehr. Denn die Bahn hat den Grund und Boden dieser Strecke längst an die Landeshauptstadt Stuttgart verkauft. 

Nur für eine Übergangszeit von mehreren Jahren will die Bahn auf dieser ihr gar nicht mehr gehörenden Strecke noch Bahnbetrieb stattfinden lassen, bis von Seiten der Bahn dann die Stilllegung beabsichtigt ist.

Es ist deshalb auch schwierig bis unmöglich, fachlich fundierte Aussagen zu einer möglichen Zukunft der Panoramastrecke zu erhalten, zu ihrem möglichen Sanierungsbedarf, zu den Kosten, zur Zukunft der beiden Tunnel im Verlauf dieser Strecke oder auch zu den Möglichkeiten der Modernisierung und Leistungssteigerung.

Neue Entwicklungen beim Projekt Stuttgart 21 sowie neue Erkenntnisse lassen jetzt aber erwarten, dass die Panoramastrecke der Gäubahn demnächst wohl ihre Wiederauferstehung feiern wird. Das sehen wir uns heute in diesem Blog näher an.


Es gab und gibt viele Vorschläge für eine Weiternutzung der Panoramastrecke der Gäubahn. Im Sach- und Faktencheck zu Stuttgart 21 unter Heiner Geißler schlug dieser vor, die Panoramastrecke der Gäubahn leistungsfähig in Richtung Stuttgart-Feuerbach anzubinden. Das wäre eine tangentiale Eisenbahnstrecke geworden, zu der hier in diesem Blog stets massive Vorbehalte geäußert wurden.

Eine andere tangentiale Streckenverbindung stellt der Vorschlag dar, die Panoramastrecke der Gäubahn über ein sogenanntes Nordkreuz beim Nordbahnhof nach Bad Cannstatt durchzubinden. Auch dies ist eine tangentiale Verbindung mit allen ihr anhaftenden Problemen.

Es gab dann auch den Vorschlag, die Panoramastrecke der Gäubahn für eine Art Stadtbahnbetrieb zu nutzen, also dort Fahrzeuge einzusetzen, die anders sind als Eisenbahnfahrzeuge und die an vielen neuen Stationen im Streckenverlauf anhalten. Die hierfür wohl am ehesten zuständige SSB hat bereits abgewinkt. Und in der Tat würde eine solche Stadtbahnstrecke durch eher dünn besiedeltes Gebiet führen. Sie wäre ebenfalls eine tangentiale Verbindung und damit wohl kaum wirtschaftlich. 

Es hat mich stets gewundert, dass diese Idee einer Stadtbahn auf der Panoramastrecke auch unter manchen Gegnern von Stuttgart 21 Anklang gefunden hat. Dabei bedeutet eine Umsetzung dieser Pläne, dass die Züge der Gäubahn dort nicht mehr verkehren könnten und somit definitiv über den Flughafen umgeleitet werden müssten. Wer also für eine Stadtbahn im Verlauf der Panoramastrecke eintritt, unterstützt damit das Projekt Stuttgart 21....

Anbindung oder Einbindung der Panoramastrecke an den / in den Stuttgart 21-Tiefbahnhof?
Schließlich gibt es Vorschläge für eine Anbindung bzw. Einbindung der Panoramastrecke an den bzw. in den neuen Hauptbahnhof in Tieflage des Projekts Stuttgart 21. Hier muss man jetzt ganz genau aufpassen und hinhören. Eine Einbindung der Panoramastrecke der Gäubahn in den Tiefbahnhof bedeutet, dass die Panoramastrecke irgendwo im Tunnel verschwinden muss und dann relativ aufwändig an einen der Stuttgart 21-Tunnel angeschlossen werden muss. Eine Anbindung jedoch kann bedeuten, dass die Panoramastrecke der Gäubahn in einem Kopfbahnhof endet, der möglichst nahe und umsteigefreundlich zum Stuttgart 21-Tiefbahnhof liegt.

Nun gibt es Berichte, dass sogar das Land Baden-Württemberg eine Anbindung bzw. Einbindung der Panoramastrecke der Gäubahn an den Stuttgart 21-Tiefbahnhof untersuchen lässt. Ergebnisse sollen im Laufe des Jahres 2019 vorliegen. Ich meine, dass es sich bei den Untersuchungen um eine Anbindung handelt. Wäre dies so, müsste auch ein ca. 6-8gleisiger Kopfbahnhof unmittelbar beim Stuttgart 21-Tiefbahnhof mindestens eine der Varianten sein, die untersucht werden.

Die Panoramastrecke der Gäubahn ist nur mit Radialverkehren sinnvoll
Die Panoramastrecke der Gäubahn lässt sich wohl nur dann wirtschaftlich betreiben, wenn sie weiterhin von allen Zügen der Gäubahn im Rahmen radialer Verkehre genutzt wird - Verkehren also, die zum Hauptbahnhof fahren. Eine Nutzung lediglich durch tangentiale Verkehre bzw. eine Nutzung durch eine Stadtbahn ist wahrscheinlich nicht wirtschaftlich, weil hier zu wenige Fahrgäste und Züge auftreten würden.

Das muss man vor allem auch unter dem Aspekt sehen, dass die Panoramastrecke der Gäubahn in die Jahre gekommen ist und früher oder später aufwändig modernisiert werden muss. Das gilt nicht zuletzt auch für die beiden Tunnel im Verlauf der Panoramastrecke - Hasenbergtunnel und Kriegsbergtunnel. Beide Tunnel müssen mittelfristig wohl sogar neugebaut werden - wie dies jetzt gerade beim Pforzheimer Tunnel der Strecke Stuttgart-Karlsruhe erfolgt ist.

Im Rahmen eines solchen Neubaus wird man selbstverständlich auch an Verbesserungen für die Strecke denken. So sollte der neue Hasenbergtunnel gestreckter verlaufen als der bestehende und länger werden, so dass anstatt mit 70 km/h zukünftig dort mit 100 km/h gefahren werden kann. Auch der neue Kriegsbergtunnel könnte anders verlaufen und zwar so, dass die Strecke parallel zum Haltepunkt Nordbahnhof der S-Bahn zu liegen kommt, so dass man dort umsteigen kann.

Jedenfalls aber gehört die Modernierung der Panoramastrecke nicht mehr zum Projekt Stuttgart 21. Dies ist ein Vorhaben, das man nach Beendigung von Stuttgart 21 mit neuen Geldern in Angriff nehmen muss.

Die drohende Unterbrechung der Gäubahn muss seitens des Landes BW verhindert werden
Nun deutet sich ja an, dass die Züge der Gäubahn für mehrere Jahre möglicherweise in Stuttgart-Vaihingen enden müssen und nicht mehr zum Hauptbahnhof fahren können. Das hat seinen Grund darin, dass der Viadukt der Panoramastrecke beim Nordbahnhof wegen der Verlegung der S-Bahn im Rahmen des Projekts Stuttgart 21 zum Teil abgerissen werden muss und eine alternative Linienführung der Gäubahn über den Flughafen noch nicht zur Verfügung steht. Sollte die Bahn - was angesichts der klammen Kassen möglich erscheint - das Projekt Stuttgart 21 zeitlich weiter strecken oder Teile davon sogar auf den Sankt Nimmerleinstag verschieben, droht ein Endpunkt Vaihingen für die Gäubahn sogar für die Dauer von 10 und mehr Jahren.

Hier sollte es jetzt an erster Stelle der Agenda seitens des Landes Baden-Württemberg stehen, diesen Endpunkt Vaihingen für die Gäubahn mit allen Mitteln zu verhindern. Das Land muss jetzt darauf hinwirken, dass der Viadukt der Panoramastrecke beim Nordbahnhof während der gesamten Bauzeit von Stuttgart 21 erhalten bleibt - notfalls eingleisig.

Wenn das aber mal erreicht ist, steht einer weiteren Führung der Gäubahn über die Panoramastrecke nichts mehr im Wege. Die Führung der Gäubahn über den Flughafen erscheint wegen der Vielzahl der dort zusammentreffenden Engstellen unfahrbar. Einen 6-8gleisigen Kopfbahnhof neben dem Stuttgart 21-Tiefbahnhof benötigt man zudem nicht nur für die Gäubahn, sondern auch für die Metropolexpresszüge der Zufahrt Ludwigsburg, für die Metropolexpresszüge von Nagold-Calw, für die Züge der Strohgäubahn sowie für einige S-Bahnzüge. Allgemein benötigt man diesen Kopfbahnhof zur Gewährleistung einer ausreichenden Zahl an Bahnsteiggleisen für den geplanten Deutschlandtakt und für die Nutzung der zusätzlichen Kapazität des geplanten 5. und 6. Gleises der Zufahrt Zuffenhausen.

Nun mag man noch bedauern, dass eine Durchbindung der Gäubahn von Zürich über Stuttgart nach Nürnberg mit einem Kopfbahnhof wohl nicht möglich ist, weil hier der Anschluss nach Bad Cannstatt fehlt. Diese Durchbindung ist für die Reisenden jedoch praktisch wertlos. Viel wichtiger für die Reisenden der Gäubahn ist ein Rundumanschluss im Hauptbahnhof in alle möglichen Richtungen, nicht nur nach Nürnberg, sondern auch nach Heilbronn-Würzburg, nach Aalen, nach Göppingen, nach Ulm-München, nach Karlsruhe und nach Mannheim-Frankfurt. Für diesen Rundumanschluss im Rahmen des Deutschlandtakts sind jedoch viele Bahnsteiggleise erforderlich, die man nur mit einem Kombibahnhof, bestehend aus Durchgangsbahnhof und Kopfbahnhof bekommt. 

Blick auf das Südportal des Pforzheimer Tunnels: Der neue Pforzheimer Tunnel (links) wurde am 10.09.2018 eröffnet. Der alte Tunnel aus dem Jahr 1860 (rechts) konnte nicht mehr saniert werden und entsprach nicht mehr den heute gültigen Richtlinien und Vorschriften. Der alte Pforzheimer Tunnel wird im Laufe des kommenden Jahres kraftschlüssig verfüllt.
               

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