Es gehört zu den Erfolgen der Stuttgart 21-Propaganda, dass sie das Metropolexpresslinien-Konzept für die Metropolregion Stuttgart mit dem Projekt Stuttgart 21 verknüpft hat.
Höchste Zeit also, dem etwas entgegenzusetzen. Ein erfolgreiches Metropolexpresslinien-Konzept für die Metropolregion Stuttgart benötigt kein Stuttgart 21. Im Gegenteil ist das Projekt Stuttgart 21 dem Metropolexpresslinien-Konzept sogar hinderlich. Ein erfolgreiches Metropolexpresslinien-Konzept für die Metropolregion Stuttgart benötigt statt dessen Gleise, Gleise und nochmals Gleise.
Das wollen wir uns im heutigen Post in diesem Blog näher ansehen.
Bei der Anhörung zu Stuttgart 21 vor dem Verkehrsausschuss des Bundestags am 11. Juni 2018 hat Thomas Bopp, der Vorsitzende des Verbands Region Stuttgart, auf dieser Klaviatur der Verknüpfung des Metropolexpresslinien-Konzepts mit dem Projekt Stuttgart 21 noch einmal trefflich gespielt, indem er die Durchbindung aller Metropolexpresslinien im Stuttgarter Hauptbahnhof (Stuttgart 21-Durchgangsbahnhof) als Voraussetzung für ein erfolgreiches Metropolexpresslinien-Konzept bezeichnet hat.
Damit liegt er grundlegend falsch. Das Gegenteil ist der Fall. Das sehen wir uns gleich näher an.
Welche Bedeutung spielt das Metropolexpresslinien-Konzept für Stuttgart 21?
Das Metropolexpresslinien-Konzept ist aus dem Blickwinkel der Stuttgart 21-Betreiber so etwas wie der Rettungsring für Stuttgart 21. Zunächst einmal war im Zusammenhang mit Stuttgart 21 nur von der Magistrale Paris-Bratislava die Rede, einer Propaganda, die bei der Bevölkerung wenig glaubhaft war und die zudem für die Region Stuttgart herzlich wenig brachte.
Schlaue Köpfe erfanden daraufhin das Metropolexpresslinien-Konzept. Das sollte die fehlende Aktzeptanz von Stuttgart 21 in der Metropolregion Stuttgart schaffen, indem es postulierte, dass Stuttgart 21 sehr wohl auch für die Region Stuttgart etwas positives bringen würde.
Was steht der Einführung eines Metropolexpresslinien-Konzepts für die Metropolregion Stuttgart bisher im Wege?
Warum gibt es das Metropolexpresslinien-Konzept nicht schon längst? Sieht man sich den Zustand des Schienennetzes in der Metropolregion Stuttgart näher an, kommt man schnell zum einzigen gewichtigen Grund dafür, dass das Metropolexpresslinien-Konzept noch nicht eingeführt worden ist.
Der Kopfbahnhof ist nicht der Grund dafür. Vielmehr gibt es zu wenige Gleise, und zwar nicht nur an einer Stelle, sondern quer durch die Metropolregion.
Beispiele:
Zwischen Zuffenhausen und dem Hauptbahnhof gibt es für den Fernverkehr, für die schnellen Regionalzüge und für die Metropolexpresszüge nur zwei Gleise. Das ist viel zu wenig. Eine solche Mischverkehrszufahrt kann maximal 10 bis 13 Züge pro Gleis und Stunde bewältigen. Das wird in der Spitzenstunde bereits heute erreicht. Für ein erfolgreiches Metropolexpress-System sind zwei zusätzliche Gleise erforderlich.
Dasselbe gibt für die Strecke von Bad Cannstatt zum Hauptbahnhof.
Auf der Strecke von S-Rohr bis Herrenberg müssen Fernzüge, S-Bahnen, Metropolexpresszüge und schnelle Regionalzüge mit denselben zwei Gleisen vorlieb nehmen. Das ist zu wenig. Zwischen S-Rohr und Herrenberg sind zwei weitere Gleise erforderlich.
Zu wenige Gleise gibt es auch im Verlauf der Strecken Waiblingen-Schorndorf, Waiblingen-Backnang, Backnang-Gaildorf, Ditzingen-Zuffenhausen (Metropolexpresszüge nach Calw), Bad Cannstatt-Plochingen und Plochingen-Göppingen.
Stuttgart 21 fördert das Metropolexpresslinien-Konzept nicht
Stuttgart 21 liefert diese dringend benötigten Gleise nicht bzw. nur an ganz wenigen Stellen. Gegenüber dem Argument der zu wenigen Gleise ist die von Thomas Bopp jetzt zum wiederholten Male angesprochene Durchbindung der Metropolexpress-Züge im Stuttgarter Hauptbahnhof kaum von Gewicht.
Je genauer man den Fahrplan von Stuttgart 21 plant, desto mehr stellt man fest, dass diese Durchbindung wegen des Fehlens von Fahrplantrassen nur eingeschränkt möglich ist, selbst wenn man sie wollte oder wenn sie von Bedeutung wäre.
Wir haben hier in diesem Blog jedoch an anderer Stelle bereits ausführlich erörtert, weswegen eine Durchbindung der Metropolexpresslinien im Stuttgarter Hauptbahnhof kaum etwas bringt und sogar nachteilig ist.
Der Stuttgarter Hauptbahnhof wird immer der Hauptumsteigepunkt in der Metropolregion Stuttgart bleiben.
Ein Teil der Fahrgäste der Metropolexpresslinien steigt im Stuttgarter Hauptbahnhof aus, um mit dem Fernverkehr oder dem schnellen Regionlverkehr weiterzufahren (Zubringerverkehre).
Ein weiterer Teil der Fahrgäste der Metropolexpresslinien steigt im Stuttgarter Hauptbahnhof aus, um mit der S-Bahn weiterzufahren.
Ein weiterer Teil der Fahrgäste der Metropolexpresslinien steigt im Stuttgarter Hauptbahnhof aus, um mit der Stadtbahn und mit den Linienbussen weiterzufahren.
Ein weiterer Teil der Fahrgäste der Metropolexpresslinien steigt im Stuttgarter Hauptbahnhof aus, um mit dem Taxi weiterzufahren oder um zu Fuß weiterzugehen.
Nicht zuletzt steigt ein weiterer Teil der Fahrgäste der Metropolexpresslinien im Stuttgarter Hauptbahnhof aus, um mit anderen Metropolexpresslinien weiterzufahren.
Die ganz große Mehrheit der Fahrgäste der Metropolexpresslinien wird also stets im Stuttgarter Hauptbahnhof aus- und einsteigen - unabhägnig davon, ob diese Linien jetzt durchgebunden werden oder nicht.
Wenn es im Bahnnetz von Baden-Württemberg einen Bahnhof gibt, bei dem es sich betrieblich und verkehrlich lohnt, die Züge enden, wenden und wieder zurückfahren zu lassen, dann ist dies der Stuttgarter Hauptbahnhof.
Was ist zu tun?
Die Politiker, die jetzt postulieren, dass an Stuttgart 21 noch Änderungen, Anpassungen und Verbesserungen vorgenommen werden müssen, sind jetzt beim Wort zu nehmen. Das dürfen keine Worthülsen bleiben. Dem müssen jetzt Taten und Beschlüsse folgen.
Konkret:
Alle Bauvorhaben von Stuttgart 21, die bisher noch nicht begonnen worden sind, müssen storniert werden. Das sind konkret die Rohrer Kurve, die Umrüstung der Strecke Rohr-Flughafen für den Mischbetrieb, der eingleisige Bahnhof für die Gäubahn am Flughafen, die Einschleifung der Gäubahn in die Strecke vom/zum Fildertunnel und der Flughafenbahnhof in Tieflage der Relation Stuttgart-Ulm/Tübingen.
Die hierdurch eingesparten Kosten sind für zusätzliche Gleise zu verwenden, um das Metropolexpresslinien-Konzept zum Laufen zu bringen.
Konkret:
1. Es werden zwei neue Gleise von Zuffenhausen zum Hauptbahnhof gebaut, die in einen 6-8gleisigen Kopfbahnhof münden.
2. Die Gäubahn fährt auf separaten Gleisen über Stuttgart-Vaihingen und die Panoramastrecke zum Kopfbahnhof.
3. Es wird eine Ausschleifung aus Richtung Korntal zum Stuttgarter Kopfbahnhof gebaut, die den zukünftig von Calw kommenden Metropolexpresszügen dient.
4. Der Flughafenbahnhof für die Relation Stuttgart-Ulm/Tübingen wird direkt an der A8 gebaut.
5. Die Wendlinger Kurve wird zweigleisig und höhenfrei gebaut.
6. Zwischen Rohr und Herrenberg werden zwei neue Gleise gebaut.
7. Zwischen Plochingen und Göppingen wird abschnittsweise ein drittes Gleis gebaut.
8. Zwischen Waiblingen und Schorndorf wird abschnittsweise ein drittes Gleis gebaut.
9. Zwischen Waiblingen und Backnang wird abschnittsweise ein drittes Gleis gebaut.
10. Zwischen Backnang und Gaildorf wird abschnittsweise ein zweites Gleis gebaut.
Damit kann es gelingen, aus dem Projekt Stuttgart 21, das bisher nur ein Umbauprojekt ist, doch noch ein Bahn-Ausbauprojekt zu machen. Die Bahnpolitik in der Metropolregion Stuttgart würde damit aus ihrer Außenseiterposition auf europäischer Ebene wieder ein wenig herausfinden.
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