Der neue Stuttgarter Oberbürgermeister Fritz Kuhn will die von der Landeshauptstadt Stuttgart im Jahr 2001 gekauften Flächen der Gäubahn (sogenanntes Gebiet D) an die Bahn zurückgeben und den Kaufpreis einschließlich Verzinsung zurückfordern. Damit werden der Bahn 22,8 Millionen Euro (14 Millionen Euro Kaufpreis plus Verzinsung von 5 Prozent pro Jahr) im Budget für Stuttgart 21 fehlen. Weitere Grundstücksrückabwicklungen hat Kuhn bereits angedeutet.
Glückwunsch an Fritz Kuhn
Bevor wir aber auf dieses Thema näher eingehen, kommen wir noch kurz auf die OB-Wahl in Stuttgart vom vergangenen Sonntag zu sprechen. Zunächst einmal geht ein herzlicher Glückwunsch an Fritz Kuhn zur eindeutig gewonnenen OB-Wahl. Wir danken Fritz Kuhn dafür, dass er für dieses schwere Amt kandidiert hat, dass er sich bereit erklärt hat, die durch seinen Amtsvorgänger Schuster tief gespaltene Stadt in eine bessere Zukunft zu führen und dass er den widerlichen Angriffen seines Mitbewerbers Turner mit so großer Gelassenheit begegnet ist.
Zu Turner selbst sollte man eigentlich kein weiteres Wort mehr verlieren. Es bleibt jedoch festzuhalten, dass jemand, der seinen Wettbewerber in Postwurfsendungen öffentlich an den Pranger stellt mit irgendwelchen Gegenüberstellungen (z.B. "ich habe 4 Kinder, Kuhn hat 2 Kinder", "ich bin evangelisch, Kuhn ist konfessionslos", "ich habe auch in den USA studiert, Kuhn hat nur in Deutschland studiert" usw.) nicht ernsthaft OB von Stuttgart werden darf. Was hätten wir Bürger denn unter einem solchen OB zu erwarten? Stellt er uns dann genauso an den Pranger?
Kuhn nimmt überraschend deutlich zu den Grundstücksgeschäften Stelllung
Kommen wir aber wieder zurück zu den Grundstücksgeschäften im Zusammenhang mit Stuttgart 21 und deren Rückabwicklung. In der Antwort auf einen offenen Brief der Parkschützer, einer wichtigen Organisation innerhalb der großen Bürgerbewegung gegen Stuttgart 21, hat Kuhn jetzt überraschend deutlich zu den Grundstücksgeschäften zwischen der Landeshauptstadt Stuttgart und der Bahn Stellung bezogen (die Antwort von Fritz Kuhn wurde am 19.10.2012 auf der Seite www.bei-abriss-aufstand.de publiziert).
Die Landeshauptstadt Stuttgart hat ja zur Förderung des Projekts Stuttgart 21 im Jahr 2001 für den Preis von 459 Millionen Euro Grundstücke von der Bahn gekaut und der Bahn für die bei Stuttgart 21 erst in ferner Zukunft freiwerdenden Grundstücke auch noch die Verzugszinsen bis 2020 erlassen. Einen kleinen Teil dieser Grundstücke, die Gleisflächen der Gäubahn zwischen dem Nordbahnhof und Dachswald (Gebiet D), will Kuhn jetzt gemäß seinem Antwortschreiben rückabwickeln und den Kaufpreis von der Bahn zurückfordern. Denn seit der Schlichtungsvereinbarung unter Heiner Geißler ist klar: Diese Grundstücke werden nicht frei werden, selbst dann nicht, wenn Stuttgart 21 gebaut würde. Sie bleiben Bahngelände und dürfen deshalb auch von der Stadt Stuttgart nicht gekauft werden.
Liegt Untreue vor?
In diesem Zusammenhang ist die Frage zu stellen, warum der Noch-OB Schuster und sein Finanzbürgermeister Föll nicht längst die Rückabwicklung des Grundstücksgeschäfts für das D-Gebiet betrieben haben. Denn die sogenannte Schlichtung zu S21 war ja im November 2010 beendet. Wollte Schuster die Rückabwicklung des Grundstücksgeschäfts aussitzen? Wollte er das Projekt S21 nicht gefährden? Man müsste prüfen, ob hier nicht ein Fall von Untreue vorliegt. Denn Schuster hat damit einen zweistelligen Millionenbetrag, der eigentlich der Stadtkasse und damit den Bürgern der Stadt zusteht, von der Stadtkasse ferngehalten.
Rückabwicklung weiterer Grundstücksgeschäfte
Kuhn deutet in seinem Antwortschreiben aber auch noch die Rückabwicklung weiterer Grundstücksgeschäfte an. Sollte die Stuttgarter Netz AG, die ja einen Teil der bestehenden Gleisanlagen auch bei Stuttgart 21 weiterbetreiben will, vor Gericht obsiegen, muss gemäß Kuhn ein weiterer Betrag in hoher dreistelliger Millionenhöhe von der Bahn zurückgefordert werden. Alle Fachleute gehen davon aus, dass der Weiterbetrieb der oberirdischen Gleisanlagen vor Gericht bestätigt werden wird.
Weiter stellt Kuhn fest, dass selbst im Falle einer Fertigstellung von Stuttgart 21 der Kopfbahnhof noch mindestens ein Jahr und ggf sogar dauerhaft im Betrieb bleiben muss. Die Verzugszinsen für die Grundstücksgeschäfte hat die Stadt der Bahn aber "nur" bis zum Jahr 2020 erlassen. Nehmen wir einmal freundlich an, S21 würde im Jahr 2025 in Betrieb gehen, dann wären für die 459 Millionen Euro der Stadt weitere ca. 156 Mio Euro an Verzugszinsen fällig.
Die Bahn AG sollte sich also schon einmal darauf einstellen, dass im Budget für Stuttgart 21 weitere Gelder in einer Höhe von bis zu knapp 800 Millionen Euro fehlen werden. Damit ist jedoch Stuttgart 21 nicht mehr finanzierbar. Bevor noch weitere Schäden angerichtet werden, sollte die Bahn das Projekt von sich aus jetzt umgehend stoppen.
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