Mittwoch, 25. Mai 2011

Stop von Stuttgart 21 öffnet Tor für S-Bahnnetz im Großraum Stuttgart, Teil 3

In den letzten beiden Posts wurde klar, dass die S-Bahn Stuttgart gegenüber den S-Bahnen vergleichbarer Regionen unterentwickelt ist. Und es wurde klar, dass das Projekt Stuttgart 21 die Entwicklung der Stuttgarter S-Bahn für mindestens 30 Jahre stoppen würde. Zudem bringt Stuttgart 21 konkrete Nachteile für die S-Bahn mit sich.

Nach einem Aus für Stuttgart 21 sollte die Region Stuttgart als Aufgabenträgerin der S-Bahn mit Unterstützung des Landes Baden-Württemberg umgehend eine Arbeitsgruppe einsetzen, die einen forcierten Ausbau der S-Bahn untersucht. In diesem Post soll es um die Rahmenbedingungen gehen, die für einen Ausbau der S-Bahn berücksichtigt werden müssen.



Fangen wir mal mit der Stammstrecke der S-Bahn durch die Innenstadt an. Die Stammstrecke ist während der Berufsverkehrszeiten ausgelastet. Trotzdem wird eine zweite Stammstrecke durch die Stuttgarter Innenstadt nicht umsetzbar sein. Sie wäre nicht bezahlbar und würde sich nicht rechnen. In München, dessen S-Bahn noch stärker ausgelastet ist und dessen innere Stadt wesentlich größer ist, ist gerade eine zweite Stammstrecke durch die Innenstadt für die S-Bahn in der Planung. Jedoch steht ihre Umsetzung immer wieder auf der Kippe. Bundesverkehrsminister Ramsauer hat jetzt erklärt, dass er die Mitfinanzierung der zweiten S-Bahn-Stammstrecke in München von der Vergabe der Winterolympiade 2018 abhängig machen wird. Erhält München den Zuschlag, wird gebaut, sonst nicht.

Was Stuttgart betrifft, kann die S-Bahn-Stammstrecke nur durch die Einrichtung weiterer Strecken entlastet werden, die nicht durch den Stuttgarter Talkessel führen. Damit würde es Fahrgästen mit Quelle und Ziel außerhalb des Talkessels ermöglicht, andere Routen als die Stammstrecke zu wählen. 

Als nächster Punkt kommt der Netzgedanke. Das bestehende Stuttgarter S-Bahnnetz ist ja gar kein richtiges Netz. Im Rahmen der derzeit laufenden bescheidenen Ergänzungen (S60 Böblngen-Renningen und S40 Marbach-Backnang) wird es zwar zum ersten Mal Andeutungen eines Netzes geben. Ein richtiges Netz ist aber erst dann vorhanden, wenn Alternativrouten zwischen wichtigen Punkten bestehen, die zum Beispiel ein Umfahren des Stuttgarter Talkessels zulassen.

Der dritte Punkt bei einem zukünftigen forcierten S-Bahn-Ausbau ist, dass die S-Bahn viel weiter ins Umland von Stuttgart hinausfährt als im Bestand. Untrennbar damit verbunden ist jedoch die Einrichtung neuer S-Bahnlinien und eines neuen Typs von S-Bahnlinien, des Typs der Express-S-Bahn, die nicht an jedem Haltepunkt hält. Dieser neue S-Bahntyp ist erforderlich, um die Fahrzeiten zwischen den einzelnen Orten im erträglichen Rahmen zu halten.

Und der vierte Punkt ist vielleicht sogar der wichtigste Punkt. Die S-Bahn muss nach einem Stop von Stuttgart 21 volllumfänglich die Erschließung des Flughafens einschließlich Messe sowie der umgebenden Filderregion übernehmen. Dieser Punkt war ja bereits mehrfach Thema in diesem Blog. In den früheren Posts zu diesem Thema war der Blickwinkel der Flughafen-S-Bahnerschließung stets der, dass der Flughafen über die S-Bahn und geeignete Umsteigepunkte (die fünf Portale) an das Bahnnetz des ganzen Landes angeschlossen werden soll und dass damit der Flughafen aus dem ganzen Land wesentlich besser erreichbar werden soll. Das bleibt alles bestehen. Neu ist, dass wir jetzt das Flughafen-S-Bahn-Thema zusätzlich auch noch unter dem Blickwinkel des Netzausbaus sehen. Und in diesem Zusammenhang wird der bestehende und heute alles andere als ausgelastete Flughafen-Haltepunkt zukünftig eine wichtige Rolle spielen. 

Als fünfter Punkt gilt es das Ziel zu formulieren, dass die S-Bahn zukünftig einen Teil des überbordenden Straßenverkehrs aufsaugen muss. Kaum ein Tag vergeht, an dem vom sechsstreifigen Autobahnabschnitt der A81 zwischen Pleidelsheim und Zuffenhausen nicht ein mehrere Kilometer langer Stau während der morgendlichen Berufsverkehrszeit gemeldet wird. Dasselbe gilt für die A8 zwischen Wendlingen und dem Kreuz Stuttgart oder für die A8 zwischen dem Dreieck Leonberg und dem Kreuz Stuttgart. Das sind ja ungeheure Automassen, die hier Tag für Tag im Berufsverkehr unterwegs sind. Hier gilt es anzugreifen und durch neue S-Bahnstrecken die Menschen auf die Schiene zu holen.

Schließlich gilt es noch zu klären, wo heute überhaupt noch neue S-Bahnlinien gebaut werden können. Ich glaube, dass es diesbezüglich nur drei Varianten gibt:
  • Die S-Bahn wird im Verlauf bereits vorhandener Bahnstrecken gebaut
  • Die S-Bahn wird im Tunnel gebaut
  • Die S-Bahn wird neben der Autobahn gebaut (wobei für die S-Bahn wegen ihrer Steigungsfähigkeit bis 40 Promille hier bessere Randbedingungen bestehen als für den ICE oder gar Güterzüge).

Mit diesen Randbedingungen müsste es möglich sein, im nächsten Post konkrete Ausbauschritte für die S-Bahn Stuttgart nach dem Stop von Stuttgart 21 zu benennen.

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