Freitag, 30. August 2024

Stuttgarter S-Bahn bis Mühlacker anstatt bis Vaihingen/Enz? Schnapsidee bleibt Schnapsidee

In den vergangenen Wochen wurde eine Führung der Stuttgarter S-Bahnlinie S5 über ihren derzeitigen Endpunkt Bietigheim hinaus bis nach Mühlacker thematisiert. Dabei fahren zwischen Mühlacker, Vaihingen/Enz und Bietigheim längst die Metropolexpresszüge des Landes BW.

In den Jahren davor war immer wieder von der Verlängerung der S5 bis nach Vaihingen/Enz die Rede. Augenscheinlich hat man jetzt gesehen, dass ein Endpunkt Vaihingen/Enz der S5 betrieblich schwer in den Griff zu bekommen ist. Denn das Wenden der S5 im Bahnhof Vaihingen/Enz ist kaum möglich und mindestens verspätungsanfällig. 

Eine Führung der S5 bis nach Mühlacker ist jedoch genauso wie die Führung nach Vaihingen/Enz mit einer Vielzahl an Nachteilen verbunden. Darum soll es heute hier in diesem Blog gehen. Und es ärgert mich, dass dieses Thema hier in diesem Blog noch einmal angesprochen werden muss, nachdem wir die Nachteile einer Verlängerung der S5 bereits mehr als einmal thematisiert haben.

Mühlacker liegt nicht in der Region Stuttgart
Die Stadt Mühlacker liegt im Enzkreis und damit nicht in der Region Stuttgart. Der Verband Region Stuttgart ist also für die Bedienung von Mühlacker nicht zuständig. Über eine S-Bahn nach Mühlacker entscheidet der Verband Region Stuttgart nicht. Zuständig ist jedoch das Land BW, das heute schon Aufttraggeber für den Metropolexpress zwischen Mühlacker und Stuttgart Hauptbahnhof über Bietigheim ist.
 
Unterschiedliche Bahnsteighöhen
Metropolexpress und S-Bahn sollten mit Ausnahme wichtiger Umsteigebahnhöfe möglichst nicht die selben Bahnhöfe bedienen, weil sie unterschiedliche Bahnsteighöhen aufweisen (96 cm bei der S-Bahn und 76 cm beim Metropolexpress). Das führt dann entweder dazu, dass das Ein- und Aussteigen bei der S-Bahn nicht barrierefrei ist, oder dass überlange Bahnsteige mit unterschiedlichen Bahnsteighöhen gebaut werden müsssen. Beides ist ganz schlecht.
 
Unterschiedliche Türanordnungen
Die für den Metropolexpress eingesetzten Fahrzeuge und die Fahrzeuge der Stuttgarter S-Bahn haben vollkommen unterschiedliche Türanordnungen. Damit ist es im Falle eines gemeinsam genutzten Bahnsteigs nicht möglich, die Lage der Türen am Bahnsteig zu markieren. 
 
Der Metropolexpress hat ein WC
Die Stuttgarter S-Bahn hat kein WC, sehr wohl aber der Metropolexpress. Das ist auch ein Argument, doch besser den Metropolexpress als die S-Bahn einzusetzen.  
 
Der Metropolexpress hat die Option für längere Züge
Die S-Bahn kann ihre derzeitige maximale Zuglänge von 210 Metern nicht verlängern. Denn die unterirdischen Haltepunkte der Stammstrecke der S-Bahn können nicht erweitert werden. Ganz anders der Metropolexpress. Hier gibt es die Perspektive für eine Verlängerung der Züge in Richtung 300 Meter und damit bedeutende Steigerungen der Kapazität. Denn Einschränkungen wie bei der S-Bahn-Stammstrecke gibt es beim Metropolexpress nicht.    
 
Der Metropolexpress kann mit Doppelstock-Fahrzeugen fahren
Niemals kann die Stuttgarter S-Bahn mit Doppelstock-Fahrzeugen fahren und damit ihre Kapazität erhöhen. Denn Doppelstock-Fahrzeuge haben wesentlich weniger Türen als einstöckige Fahrzeuge. Das würde bei der S-Bahn in den Stationen der Stammstrecke zu überlangen Fahrgastwechselzeiten führen. Das aber ist wegen der starken Auslastung der Stammstrecke nicht praktikabel. 
 
Ganz anders verhält es sich beim Metropolexpress. Im Rahmen eines ergänzenden Kopfbahnhofs beim Stuttgarter Hauptbahnhof können die Doppelstock-Züge die wegen der kleinen Zahl an Türen langen Fahrgastwechselzeiten gut bewältigen. 
 
Die Verlängerung radialer Linien trägt nichts zur Steigerung der Kapazität bei
Die bisherigen Argumente für den Metropolexpress waren wichtig. Das entscheidende Argument haben wir aber noch gar nicht angesprochen.
 
Maßgebend ist die angestrebte Verdoppelung der Fahrgastzahlen im Eisenbahnverkehr bis 2030. Und dafür bringt die Verlängerung einer radialen Linie über ihren bisherigen Endpunkt hinaus überhaupt nichts. Bleiben wir mal bei der S5. Eine Verlängerung  der S5 über ihren heutigen Endpunkt Bietigheim hinaus bringt für das Verdoppelungsziel nichts. Denn nach einer solchen Verlängerung fährt zwischen Bietigheim und dem Stuttgarter Hauptbahnhof kein Zug mehr als heute. Es wird kein Fahrzeug oder Sitzplatz zusätzlich angeboten.
 
Das Verdoppelungsziel wird nur durch eine neue Linie erreicht, wie es der Metropolexpress darstellt. Nur durch den Metropolexpress fahren sowohl zwischen Mühlacker und Bietigheim als auch zwischen Bietigheim und dem Stuttgarter Hauptbahnhof mehr Züge. Hierzu sind ein Ergänzungsbahnhof beim Stuttgarter Hauptbahnhof sowie zwei weitere Gleise im Nordzulauf zum Stuttgarter Hauptbahnhof erforderlich.
 
Die Stuttgart 21-Planungen
Gemäß den Planungen des Landes, die am 11.10.2022 öffentlich vorgestellt worden sind, plant das Land BW eine Linie RE 17 mit MEX-Standard, die halbstündlich von Pforzheim über Mühlacker und Bietigheim zum Stuttgarter Hauptbahnhof und weiter zum Flughafen und nach Tübingen fährt.
 
Kurzer Einschub: Was ist das eigentlich, eine RE-Linie mit MEX-Standard? Was für ein Durcheinander! Der Marke MEX wird dadurch Schaden zugefügt. Warum heißt es nicht MEX? Das werden wir demnächst in diesem Blog noch einmal ansprechen.
 
Wenn der halbstündlich fahrende MEX zwischen Pforzheim und Bietigheim sowie Stuttgart-Hauptbahnhof nicht ausreicht, kann als nächstes der Viertelstundentakt beim MEX angegangen werden. Und hierzu wird eine zusätzliche Doppelspur im Nordzulauf zum Stuttgarter Hauptbahnhof benötigt. Hierzu wird auch ein Ergänzungsbahnhof beim Stuttgarter Hauptbahnhof benötigt.


Freitag, 23. August 2024

Nach Stuttgart 21-Blamage: Muss man sich jetzt auch noch für den Stuttgarter Schlossplatz schämen?

In diesen Tagen sieht man vielfach Touristen in der Umgebung des Stuttgarter Schlossplatzes, die ungläubig und zum Teil fassungslos auf das schauen, was sich ihnen hier bietet: 

Nahezu der gesamte Schlossplatz ist hinter eine mobilen Absperrung verschwunden und somit nicht oder kaum sichtbar. Am ehesten erwischt man noch einen Blick auf den Schlossplatz, wenn man in den Musikpavillon hineingeht. Denn der Fußboden des Musikpavillons ist etwas erhöht. So drängen sich in diesen Tagen zuweilen Menschen mit emporgestemmter Kamera oder iPhone, um vielleicht doch noch ein Bild vom Schlossplatz machen zu können.

Was ist geschehen?
Der Stuttgarter Schlossplatz war der Standort mehrerer Großveranstaltungen. Das hat den Platz so zugerichtet, dass er jetzt für mehrere Wochen wohl bis in den September hinein gesperrt bleiben muss. 

Angefangen hat es mit der Großveranstaltung des Public Viewing zur Fußball-Europameisterschaft. Die EM begann am 14.06.2024. Der Aufbau der Megakonstruktion begann einige Wochen vorher. Nach der Fußball-EM gab es einen fliegenden Wechsel der Megakonstruktion. Dann begannen die Jazz Open.

Summa summarum bleibt der Stuttgarter Schlossplatz somit im Jahr 2024 für die Dauer von wohl drei Monaten für die Öffentlichkeit - für Einheimische wie Touristen - gesperrt. 

Muss man sich das bieten lassen?
Viel zu wenig wird hinterfragt, ob man sich so etwas bieten lassen muss. Öffentlichkeit, Stadtverwaltung, Gemeinderat, Landesverwaltung und Landesparlament sollten in der Tat mal diskutieren, ob es richtig ist, den wichtigsten öffentlichen Raum der Landeshauptstadt Stuttgart für die Dauer von drei Monaten pro Jahr der Öffentlichkeit zu entziehen.

Denn Stuttgart hat nicht viele solche urbanen und schönen Plätze wie den Schlossplatz. Der Schlossplatz wurde nicht für Großveranstaltungen wie Public Viewing oder für Musikveranstaltungen gemacht. Der Schlossplatz und seine umgebende Bebauung sollen heute in erster Linie für sich selbst wirken und für die Einheimischen wie für die Touristen ein angenehmer Ort sein.

München zum Beispiel würde so etwas niemals einfallen. Und München hat mehr schöne und urbane Plätze als Stuttgart. Das Public Viewing in München fand im Olympiapark statt.

Wie attraktiv ist Stuttgart für Touristen?
Ist Stuttgart für Touristen attraktiv? Ich habe mir das mal durch den Kopf gehen lassen. Und in der Tat: Stuttgart hat unglaublich viele und viele Dutzend Einzelsehenswürdigkeiten, wie z.B. das Porsche Museum, die Grabkapelle Württemberg, die Hohenheimer Gärten, die Wilhelma, die Mineralbäder und -quellen, die Zahnradbahn und viele, viele andere mehr. Stuttgart hat aber ein Problem, wenn es um das Thema einer urbanen, durch eine räumliche, zweidimensionale Abfolge von Plätzen, Boulevards, Parks und markanten Gebäuden mit guter Architektur charakterisierten Stadt geht. Das ist zum Teil auf die topographische Situation, zum Teil auf die Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg, aber auch auf schwere städtebauliche Fehler beim Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg zurückzuführen. Eine glaubhafte Kehrtwende kann ich noch nicht erkennen.

Vor diesem Hintergrund den Schlossplatz, den mit Abstand besten Platz Stuttgarts, für ein Viertel Jahr pro Kalenderjahr der Bevölkerung zu entziehen, ist nicht zulässig.

Die Landeshauptstadt Stuttgart sollte so schnell wie möglich auf das Land BW, den Eigentümer des Schlossplatzes zugehen und vereinbaren, dass Großveranstaltungen zukünftig nicht mehr auf dem Schlossplatz, sondern z.B. auf dem Cannstatter Wasen stattfinden.

Schlossplatz-verträglich scheint mir hingegen der Weihnachtsmarkt mit Eisenbahn und leuchtenden Figuren zu sein. Und selbstverständlich müssen auf dem Schlossplatz auch Demonstrationen stattfinden können. Das Demonstrationsrecht ist in der Deutschen Verfassung ganz hoch angesiedelt.    

Freitag, 16. August 2024

Regionalverkehrsfahrplan Stuttgart 21: Schlechte Anbindung baden-württembergischer Großstädte an den Bahnknoten Stuttgart

Der am 11.10.2022 vom Landesverkehrsministerium Baden-Württemberg vorgestellte Regionalverkehrsfahrplan für Stuttgart 21 ist in vielerlei Hinsicht nicht zufriedenstellend. Unter anderem werden einige baden-württembergische Großstädte schlecht an den Bahnknoten Stuttgart und an die Landeshauptstadt Stuttgart angebunden. 

Das ist eine unmittelbare Folge der Unterdimensionierung von Stuttgart 21, die die eigentlich erforderlichen und gewünschten Züge nicht fahren lässt.

Sehen wir uns hierzu mal die baden-württembergischen Großstädte in der Reihenfolge ihrer Einwohnerzahl an (selbstverständlich ohne Stuttgart). Die Einwohnerzahlen wurden der Wikipedia entnommen und auf volle Tausender gerundet. 

Mannheim, 316.000 Einwohner
keine Anbindung im Regionalverkehr an Stuttgart
 
Karlsruhe, 309.000 Einwohner
Anbindung im Regionalverkehr an Stuttgart

Freiburg im Breigau, 236.000 Einwohner
keine Anbindung im Regionalverkehr an Stuttgart
 
Heidelberg, 162.000 Einwohner
keine Anbindung im Regionalverkehr an Stuttgart
 
Ulm, 129.000 Einwohner
Anbindung im Regionlverkehr an Stuttgart
 
Heilbronn, 128.000 Einwohner
Anbindung im Regionalverkehr an Stuttgart
 
Pforzheim, 128.000 Einwohner
Anbindung im Regionalverkehr an Stuttgart
 
Reutlingen, 118.000 Einwohner
Anbindung im Regionalverkehr an Stuttgart

Ist denn einen direkte Anbindung der Großstädte in Baden-Württemberg an den Bahnknoten Stuttgart wirklich so wichtig? Ich meine ja. Das ist einer von vielen Aspekten der geplanten Verdoppelung der Fahrgastzahlen bis zum Jahr 2030. Und das Nichtvorhandensein dieser direkten Anbindung an die Landeshauptstadt Stuttgart bei einigen Großstädten in Baden-Württemberg ist auch eines von vielen Kennzeichen für die Unterdimensionierung des Bahnknotens Stuttgart unter dem Projekt Stuttgart 21.

Eine direkte Anbindung aller Großstädte in BW an den Bahnknoten Stuttgart sollte auch im Interesse der Stuttgarter Politik sein. Dadurch wird Stuttgart gestärkt und attraktiver.

Eine direkte Anbindung aller Großstädte in BW an den Bahnknoten Stuttgart nutzt auch den Bewohnerinnen und Bewohnern von Stuttgart. Denn sie verfügen dann über noch mehr Züge, die ab und bis Stuttgart verkehren. 

Durchbindung der Regionalzüge in Stuttgart
Bei genauerer Hinsicht stößt man auf ein Paradoxon. Stuttgart 21 bindet viele Regionalzüge im Stuttgarter Hauptbahnhhof durch - ausgerechnet dort, wo die wenigsten Fahrgäste eine Durchbindung benötigen, weil sie dort einsteigen, aussteigen oder umsteigen.
 
Im Gegensatz dazu müssen die Fahrgäste z. B. von Stuttgart nach Heidelberg unter Stuttgart 21 umsteigen. Hier wäre ein durchgebundener Zug wichtig.
    
Es gab schon mal einen Zug nach Heidelberg
Bis vor einigen Jahren gab es schon mal einen durchgehenden Zug von Stuttgart nach Heidelberg. Das war zwar kein schneller Regionalzug, aber immerhin. Heute und unter Stuttgart 21 gibt es einen solchen Zug nicht mehr. Heute und unter Stuttgart 21 muss man in Karlsruhe-Durlach oder in Bruchsal umsteigen. Wenn man Pech hat, muss man dann ab Durlach oder Bruchsal mit einer Bummel-S-Bahn fahren.
 
Dabei bräuchte die Welt-Top-Tourismus-Destination Heidelberg dringend eine schnelle, mindestens stündliche Regionalverkehrsverbindung ohne Umsteigen in die Landeshauptstadt Stuttgart. Und umgekehrt verhält es sich genauso.
 
Stündlich muss auch Mannheim im schnellen Regionalverkehr ohne Umsteigen an Stuttgart angebunden sein.
 
Unterdimensioniertes Stuttgart 21 verunmöglicht direkte Regionalverkehrs-Anbindung der Großstädte in BW an Stuttgart 
Das Thema der Anbindung der Großstädte in BW an den Bahnknoten Stuttgart zeigt einmal mehr, dass der Stuttgarter Hauptbahnhof dringend einen ergänzenden Kopfbahnhof benötigt.
 
Erweiterung um Großstädte, die unmittelbar hinter der Landesgrenze von BW liegen
Die Untersuchung kann man noch um diejenigen Großstädte erweitern, die unmittelbar hinter der Landesgrenze von BW liegen. Eine direkte Anbindung an Stuttgart im Regionalverkehr wäre für diese Großstädte ebenfalls sinnvoll.
 
Straßburg, 291.000 Einwohner
keine Anbindung im Regionalverkehr an Stuttgart
 
Basel, 174.000 Einwohner
keine Anbindung im Regionalverkehr an Stuttgart 
 
Ludwigshafen am Rhein, 174,000 Einwohner
keine Anbindung im Regionalverkehr an Stuttgart
 
Würzburg, 129.000 Einwohner 
Anbindung im Regionalverkehr an Stuttgart
 
Regionalisierungsgesetz
Stehen die gewünschten Regionalzugverbindungen zwischen Stuttgart und den Großstädten von BW im Einklang mit dem Regionalisierungsgesetz?
 
Gemäß dem Regionalisierungsgesetz liegt ein von den Bundesländern zu bestellender Verkehr vor, wenn in der Mehrzahl der Beförderungsfälle eines Verkehrsmittels die gesamte Reiseweite 50 Kilometer oder die gesamte Reisezeit eine Stunde nicht übersteigt.
 
Das ist dann der Fall, wenn die zwischen den Großstädten fahrenden Regionalzüge unterwegs alle 20 bis 25 Kilometer anhalten.   

        

Freitag, 9. August 2024

Brache bei ehemaliger Bundesbahndirektion in Stuttgart nährt Zweifel an Stuttgart 21-Rosenstein

Braucht Stuttgart das Gebiet "Stuttgart 21-Rosenstein" wirklich so dringend für den Wohnungsbau?

Wenn man sich die Brache bei der ehemaligen Bundesbahndirektion gleich beim Stuttgarter Hauptbahnhof genauer ansieht, kommen diesbezüglich Zweifel auf. Das gilt aber nicht nur in Bezug auf die ehemalige Bundesbahndirektion, sondern auch in Bezug auf viele andere Flächen in Stuttgart, die seit Jahren und Jahrzehnten brachliegen oder weit unter Wert genutzt werden oder bei denen ein Baufortschritt nur mit Zeitlupe auszumachen ist.

In Sachen Bebauung der Flächen bei der ehemaligen Bundesbahndirektion tut sich seit vielen Jahren de facto nichts.

Bereits 2018 war man ungeduldig
Bereits im Jahr 2018 gab es Rückfragen aus der Öffentlichkeit, wann denn nun endlich mit einer Bebauung der Flächen rund um den stehengebliebenen Restteil der ehemaligen Bundesbahndirektion begonnen würde. Damals hieß es, dass der hierzu notwendige Bebauungsplan wohl erst im Jahr 2022 beschlossen würde. Aus damaliger Sicht war das noch ganz weit in der Zukunft und eine Enttäuschung. Warum braucht man eigentlich für die Erstellung eines Bebauungsplans so lang?

Nun leben wir bekanntlich bereits im Jahr 2024. Aber es tut sich weiterhin nichts. Das Gelände ist wohl im Besitz eines Bauträgers. Allerdings gab es vor einiger Zeit Wünsche der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stadt, an Stelle eines Umzugs des Technischen Rathauses auf die Fildern doch diese Institution mit vielen hundert Arbeitsplätzen lieber auf dem Brachgelände rund um die ehemalige Bundesbahndirektion anzusiedeln.

Wichtig ist allein: Es wird nicht gebaut
Aber eigentlich ist es vollkommen egal, weshalb die Brache nicht bebaut wird. Wichtig ist allein, dass sie nicht bebaut wird - wie auch zahlreiche andere Brachen und unterwertig genutzte Bauflächen im ganzen Stadtgebiet einschließlich der Stuttgarter Innenstadt. Als Eines für Alle sei nur noch einmal das Gelände des ehemaligen Güterbahnhofs Bad Cannstatt genannt, wo sich eine Neubebauung inzwischen über Jahrzehnte hinzieht und immer noch nur ein kleiner Teil des Geländes bebaut ist.

Wie kann die Landeshauptstadt Stuttgart im Ernst unter solchen Umständen vor ihre Bevölkerung treten und das Bauprojekt Stuttgart 21 Rosenstein verkünden? Man braucht dieses Projekt nicht! Dabei bleiben selbst bei einem Weiterbetrieb von Teilen des Stuttgarter Kopfbahnhofs und Teilen der Zulaufstrecken zum Kopfbahnhof noch genügend Flächen übrig, die von Seiten der Landeshauptstadt Stuttgart bebaut werden könnten, mehr als diese in der Lage ist zu bauen. 

Den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Stadtverwaltung, die mit dem Projekt Stuttgart 21-Rosenstein betraut sind, möchte man eigentlich raten, bei ihrem Arbeitgeber um eine sinnvollere Verwendung nachzufragen. Oder es sollten diese Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ihren Job bei der Stadt kündigen und bei besseren Städtebauprojekten anheuern. Wer will seine berufliche Biographie denn schon mit dem Looser-Projekt Stuttgart 21-Rosenstein belasten?

Blick von der Jägerstraße in Stuttgart-Mitte in nordöstliche Richtung: Brache in der Stuttgarter Innenstadt nur wenige Meter vom Hauptbahnhof entferrnt.

 
Blick von der Jägerstraße in Stuttgart-Mitte zum Kriegsberg: Wurde in der Weinberghütte ganz oben Stuttgart 21 erfunden?

Blick von der Jägerstraße in Stuttgart-Mitte zum Rest der ehemaligen Bundesbahndirektion: Ein desolates Gebiet.

Freitag, 2. August 2024

P-Option des Projekts Stuttgart 21 mit Wartbergtunnel: Der Weg in die Sackgasse

Das seit jeher problematische Projekt Stuttgart 21 scheint mit der P-Option einschließlich des neuen Wartbergtunnels immer tiefer in die Sackgasse zu geraten.

Die Zusammenhänge sehen wir uns heute hier in diesem Blog näher an. 

Stuttgart 21 versagt, wenn es darum geht, den Bahnknoten Stuttgart für den Deutschlandtakt (Integraler Taktfahrplan) fit zu machen. Für den Deutschlandtakt ist eine Fahrzeit Mannheim - Stuttgart von weniger als die Kantenzeit von 30 Minuten erforderlich. Gleichzeitig sind wesentlich mehr als acht Bahnsteiggleise im Stuttgarter Hauptbahnhof erforderlich, damit sich die Züge aus den und in die unterschiedlichsten Fahrtrichtungen jeweils zur vollen und halben Stunde dort treffen können.

Beide Anforderungen erfüllt Stuttgart 21 nicht. Die Fahrzeit Mannheim - Stuttgart beträgt heute ca. 37 Minuten. Stuttgart 21 kann mit Hilfe des Feuerbacher Tunnels gerade mal eine Beschleunigung von zwei Minuten bieten. Das ist bei weitem nicht ausreichend. Zudem sind die acht Gleise des Stuttgart 21-Hauptbahnhofs ebenfalls bei weitem nicht ausreichend, damit der Stuttgarter Hauptbahnhof ein Taktknoten im Rahmen des Deutschlandtakts werden kann.

Nordzulauftunnel als Rettungsanker in Sachen Deutschlandtakt?
Nun soll der neue Nordzulauftunnel zusammen mit weiteren Maßnahmen dafür sorgen, dass die Fahrzeit Mannheim - Stuttgart auf unter die Kantenzeit von 30 Minuten sinkt. Nur wenn die Fahrzeit wenige Minuten unter der Kantenzeit liegt, können sich die ICE aus Richtung und Gegenrichtung im Stuttgarter Hauptbahnhof wie auch im Mannheimer Hauptbahnhof begegnen, was wiederum die Voraussetzung dafür ist, dass dort ein Deutschlandtakt-Taktknoten eingerichtet werden kann.
 
Dies sind die geplanten Beschleunigungsmaßnahmen Mannheim - Stuttgart:
1. Feuerbacher Tunnel von Stuttgart  21
2. Nordzulauftunnel
3. Schlankere Weichen im Gleisvorfeld des Mannheimer Hauptbahnhofs
4. Erhöhung der Höchstgeschwindigkeit von 250 km/h auf 280 km/h, allerdings nicht dann, wenn sich zwei Züge in den zweigleisigen Tunnels begegnen. 
 
Damit soll eine Fahrzeit Mannheim - Stuttgart von ca. 28 Minuten erreicht werden.
 
Feuerbacher Tunnel von Stuttgart 21 muss zwei bis drei Jahre außer Betrieb genommen werden 
Der Nordzulauftunnel wurde beim Bau von Stuttgart 21 bisher nicht berücksichtigt. Das führt im Falle des Baus des Nordzulauftunnels zu schwerwiegenden Komplikationen. Denn der Nordzulauftunnel kann nur dann an den Feuerbacher Tunnel von Stuttgart 21 angeschlossen werden, wenn der Feuerbacher Tunnel für einen Zeitraum von zwei bis drei Jahren gesperrt wird. Damit aber wäre der Stuttgarter Hauptbahnhof aus Richtung Norden (40 Prozent des Bahnverkehrs ohne S-Bahn) zwei bis drei Jahre nicht  mehr erreichbar.
 
Um dies zu verhindern wird jetzt die P-Option mit dem neuen Wartbergtunnel aus dem Hut gezaubert. Mit Hilfe der P-Option einschließlich des Wartbergtunnels soll erreicht werden, dass auch bei einer Sperrung des Feuerbacher Tunnels noch Züge über den Nordzulauf zum Stuttgarter Hauptbahnhof fahren können.
 
Was bedeutet die P-Option konkret? Aus Richtung Zuffenhausen zweigen die Züge vor dem Beginn der Rampe des Feuerbacher Tunnels ab und fahren durch den alten Pragtunnel. Der Pragtunnel muss hierfür saniert werden. Südlich des Pragtunnels ungefähr im Bereich der Löwentorbrücke beginnt dann der neue Wartbergtunnel, der den Nordzulauf an den Cannstatter Tunnel von Stuttgart 21 anschließt.
 
Der Cannstatter Tunnel von Stuttgart 21
Der Cannstatter Tunnel ist der schwächstbefahrene unter den vier  Zu-/Abläufen von Stuttgart 21. Dieser Tunnel weist größere Reserven auf, die für die im Nordzulauf über den Wartbergtunnel kommenden Züge zur Verfügung stehen können.
 
Allerdings können im Cannstatter Tunnel nicht alle Züge des Nordzulaufs fahren, wie sie bisher für den Feuerbacher Tunnel geplant sind. Denn die Züge des Nordzulaufs müssen ihre Gleise im Cannstatter Tunnel ja mit anderen Zügen teilen. Und auch der Feuerbacher Tunnel ist ein Engpass, denn mit ihm weist der Nordzulauf nur zwei Gleise auf - nicht mehr als heute bereits vorhanden sind.
 
An zwei Gleisen vom Pragtunnel in einen Ergänzungsbahnhof beim Stuttgarter Hauptbahnhof führt kein Weg vorbei
Stuttgart 21 steckt mit seinem Nordzulauf also in einer Sackgasse. Deshalb ist es unabdingbar, dass zwei Gleise des Nordzulaufs in einen Ergänzungsbahnhof beim Stuttgarter Hauptbahnhof geführt werden. Wie könnte so etwas konkret aussehen?
 
Diese beiden Gleise müssen von der P-Option abzweigen, und zwar zwischen dem Pragtunnel und dem Wartbergtunnel. Sie verlaufen dann oberirdisch - wie das heute auch schon der Fall ist - zum Ergänzungsbahnhof.
 
Nicht einfach wird die Abzweigung der beiden Gleise in Richtung Ergänzungsbahnhof aus der P-Option sein. Es ist allerdings nicht meine Aufgabe, das im Detail zu planen. Dafür ist der Bauherr von Stuttgart 21 zuständig. Auch das Land BW sollte darauf achten, dass der Nordzulauf ausreichend leistungsfähig ist.
 
Noch einmal: Zwei Gleise des Nordzulaufs müssen in einen Ergänzungsbahnhof beim Stuttgarter Hauptbahnhof geführt werden - und das aus zwei Gründen.
 
Zum Einen muss während der mehrjährigen Sperrung des Feuerbacher Tunnels von Stuttgart 21 die für den Nordzulauf geplante Zugzahl weiterhin fahren können. Das geht nur mit dem Ergänzungsbahnhof.
 
Und zum Anderen müssen wegen des geplanten Deutschlandtakts (Integraler Taktfahrplan) mehr als die bisher geplanten acht Gleise im Stuttgarter Hauptbahnhof zur Verfügung stehen. Auch das geht nur mit dem Ergänzungsbahnhof. Will man den Ergänzungsbahnhof nicht, dann kann man auch den geplanten Nordzulauftunnel bleiben lassen. Es geht nicht, dass man sich nach dem Cafeteria-Prinzip einzelne Bestandteile des Deutschlandtakts herauspickt und die anderen Bestandteile liegen lässt. Der Deutschlandtakt geht nur vollständig - also mit Nordzulauftunnel und Ergänzungsbahnhof.