Mittwoch, 5. Oktober 2022

Express-S-Bahnen in der Region München versus Metropolexpress in der Metropolregion Stuttgart

Zwischen den im Zusammenhang mit der Zweiten Stammstrecke der Münchner S-Bahn geplanten Express-S-Bahnen und dem Metropolexpress-Konzept in der Metropolregion Stuttgart gibt es Gemeinsamkeiten und Unterschiede. Das wollen wir im heutigen Post in diesem Blog ein wenig näher betrachten.

Die Bahnsteighöhen
Die Bahnsteige der Zweiten Stammstrecke der Münchner S-Bahn sind 960 mm hoch, genauso hoch wie die Bahnsteige der Ersten Stammstrecke. Das ist deshalb erforderlich, weil im Verlauf der Zweiten Stammstrecke nicht nur Express-S-Bahnen, sondern auch herkömmliche S-Bahnen fahren sollen.
 
Nach den derzeit vorliegenden Fahrplanentwürfen für die Münchner S-Bahn mit Zweiter Stammstrecke (die sich selbstverständlich auch noch ändern können) werden mit Inbetriebnahme der Zweiten Stammstrecke zwei herkömmliche S-Bahnlinien von der Ersten Stammstrecke in die Zweite Stammstrecke verlegt. In der Ersten Stammstrecke verbleiben dann noch fünf herkömmliche S-Bahnlinien, die jeweils im 15 Minuten-Takt verkehren. Das ergibt in der Ersten Stammstrecke alle drei Minuten pro Richtung einen Zug und damit 20 Züge pro Stunde und Richtung (Im Gegensatz zu heute 30 Züge pro Stunde und Richtung).
 
Die im Rahmen der Zweiten Stammstrecke geplanten Express-S-Bahnlinien haben somit ebenfalls eine Bahnsteighöhe von 960 mm. Denn sie nutzen dieselben Gleise und Bahnsteige wie die herkömmlichen S-Bahnlinien.  
 
Im Gegensatz dazu sind die Bahnsteige im Verlauf des Metropolexpress der Metropolregion Stuttgart 760 mm hoch. Damit haben S-Bahn und Metropolexpress in der Metropolregion Stuttgart unterschiedliche Bahnsteighöhen. Die Stuttgarter S-Bahn hat wie die Münchner S-Bahn eine Bahnsteighöhe von 960 mm.
 
Die Takte
Die S-Bahnlinien in Stuttgart fahren im 15-Minuten-Takt. Mit der Inbetriebnahme der Zweiten Stammstrecke sollen die herkömmlichen S-Bahnlinien in München ebenfalls im 15-Minuten-Takt verkehren.
 
Die Metropolexpresslinien in der Metropolregion Stuttgart fahren alle 30 Minuten. Die zusätzlichen Express-S-Bahnen nach Eröffnung der Zweiten Stammstrecke in München sollen ebenfalls alle 30 Minuten fahren.
 
Die Zahl der Linien
Das Metropolexpress-Konzept für die Metropolregion Stuttgart sieht sieben radiale Metropolexpress-Linien vor, die nach den derzeit vom Verkehrsministerium Baden-Württemberg bereitgestellten Unterlagen jeweils im Hauptbahnhof beginnen und enden.
 
Nach dem derzeit für den Betrieb der Zweiten Stammstrecke der Münchner S-Bahn verfügbaren Fahrkonzept sind dort zusätzlich zu den beiden herkömmlichen S-Bahnlinien vier Express-S-Bahnlinien geplant.
 
Damit lässt sich die Zugzahl im Verlauf der Zweiten Stammstrecke berechnen. Das sind zwei herkömmliche S-Bahnlinien jeweils alle 15 Minuten. Das ergibt acht Züge pro Stunde und Richtung. Dann kommen die vier Express-S-Bahnlinien hinzu, die jeweils alle halbe Stunde verkehren. Das ergibt ebenfalls acht Züge pro Stunde und Richtung. In der Summe haben wir in der Zweiten Stammstrecke 16 Züge pro Stunde und Richtung und damit einen durchschnittlichen Zugabstand von 3,75 Minuten.

Die Bedeutung des Metropolexpress gegenüber den Express-S-Bahnen der Zweiten Stammstrecke
Der Metropolexpress sieht sieben radiale Linien vor, die jeweils vom Stuttgarter Hauptbahnhof weit in die Metropolregion hinausfahren.
 
Demgegenüber haben die Express-S-Bahnen im Verlauf der Zweiten Stammstrecke in München eine viel kleinere Bedeutung. Es gibt gemäß dem derzeit vorliegenden Fahrplanentwurf nur eine Express-S-Bahnlinie, die durchgebunden ist. Das ist die Linie S23X von Mering über Marienhof zum Flughafen. Die anderen drei Express-S-Bahnlinien enden in der Station Leuchtenbergring am Ostende der Zweiten Stammstrecke und sind damit nicht durchgebunden. Es gibt somit de facto in München zukünftig fünf radiale Express-S-Bahnstrecken gegenüber sieben Metropolexpress-Strecken in der Metropolregion Stuttgart.
 
Es kommt noch hinzu, dass die geplanten Express-S-Bahnlinien in München lange nicht so weit in die Metropolregion München hinausfahren wie das bei den Metropolexpresslinien in der Metropolregion Stuttgart der Fall ist. So fährt eine Express-S-Bahnlinie nach Herrsching. Dorthin fährt aber auch die herkömmliche S-Bahn. Eine weitere Express-S-Bahnlinie fährt nach Buchloe, gerade mal zwei Stationen weiter als die herkömmliche S-Bahn (Geltendorf). 
 
Die Einbindung in den Deutschlandtakt
Züge, die im Halbstundentakt verkehren, sollten am Rendez-Vous der Züge zur vollen und halben Stunde in den Knotenpunktsbahnhöfen Stuttgart-Hauptbahnhof und München-Hauptbahnhof im Rahmen des Deutschlandtakts (Integraler Taktfahrplan) teilnehmen.
 
Dagegen brauchen Züge, die alle 15 Minuten verkehren (also die S-Bahnen in Stuttgart und die herkömmlichen S-Bahnlinien in München) nicht am Rendez-Vous teilzunehmen. Diese Züge können hintereinander durch eine Stammstrecke geschleust werden, ohne dass Rücksicht auf Anschlüsse zu den Fern- und Regionalzügen genommen werden muss.
 
Der Metropolexpress in der Metropolregion Stuttgart sollte an den Knoten Stuttgart-Hauptbahnhof angebunden werden. Das könnte klappen, wenn die einzelnen Metropolexpresslinien nicht hintereinander durch eine Stammstrecke geschleust werden, sondern wenn sie in die Lage versetzt werden, sich am Beginn des Rendez-Vous zur vollen und halben Stunde beim Hauptbahnhof einzufinden und nach dem Ende des Rendez-Vous dort wieder abzufahren. Hierzu ist ein Ergänzungsbahnhof im Stuttgarter Hauptbahnhof erforderlich.
 
Dagegen ist eine Teilnahme der neuen Express-S-Bahnlinien in München am Rendez-Vous im Münchner Hauptbahnhof nicht möglich. Denn diese Züge werden hintereinander durch die Zweite Stammstecke geschleust, zusammen mit herkömmlichen S-Bahnen. Rücksicht auf Anschlüsse zu den Fern- und Regionalzügen kann so nicht genommen werden.     
 
Der Ergänzungsbahnhof in Stuttgart
Mit dem geplanten Ergänzungsbahnhof für den Regionalverkehr im Stuttgarter Hauptbahnhof erringt der Metropolexpress eine wesentlich höhere verkehrliche Qualität als die für die Zweite Stammstrecke der Münchner S-Bahn geplanten Express-S-Bahnlinien. Der Deutschlandtakt (Integraler Taktfahrplan) kann dann im Stuttgarter Hauptbahnhof voll zur Anwendung kommen - unter Einbeziehung der Metropolexpresslinien.
 
Fazit und Schlussfolgerung
Der für die Metropolregion Stuttgart geplante Metropolexpress hat das Potenzial, eine kräftigere Marke zu werden als die geplanten Express-S-Bahnlinien im Verlauf der Zweiten Stammstrecke der S-Bahn in München.
 
Voraussetzung ist allerdings, dass im Stuttgarter Hauptbahnhof ein Ergänzungsbahnhof für den Regionalverkehr gebaut wird, der auch dem Metropolexpress dient.
 
Ungeachtet der Probleme mit der Einbindung der neuen Express-S-Bahnlinien in München ist die Zweite Stammstrecke für die Münchner S-Bahn unbedingt notwendig. Denn die Zweite Stammstrecke soll die überlastete Erste Stammstrecke entlasten und Kapazität für mehr S-Bahnzüge bereitstellen.    
 
 

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