Mittwoch, 8. Juni 2022

FDP-Vorschlag zur Gäubahn beinhaltet Widersprüche und Ungereimtheiten

Einerseits ist es gut, wenn sich die Politik jetzt wieder verstärkt der Gäubahn annimmt. So bleibt wenigstens ein kleines Stück Hoffnung, dass der Jahrhundert-Planungsfehler "Stuttgart 21" wenigstens in Sachen Gäubahn noch zu einem akzeptablen Ende führt.

Die Äußerungen, die der Verkehrsexperte der Landtags-FDP Hans Dieter Scheerer jetzt aber in Sachen Gäubahn gemacht hat, beinhalten Widersprüche und Umgereimtheiten (Bericht des SWR vom 08.06.2022).

Pfaffensteigtunnel und Wegfall der Fernverkehrshalte in Böblingen und Singen (Hohentwiel)
So fordert Scheerer, den geplanten Wegfall der Fernverkehrshalte in Böblingen und Singen (Hohentwiel) rückgängig zu machen. Gleichzeitig fordert Scheerer, dass der Pfaffensteigtunnel für die Gäubahn vorangetrieben wird. 

So geht das aber nicht! Der Wegfall der Fernverkehrshalte der Gäubahn in Böblingen und Singen (Hohentwiel) und der Bau des Pfaffensteigtunnels sind Bestandteile ein und derselben Planung sowie Nutzen-Kosten-Rechnung. Wenn man will, dass die Fernzüge der Gäubahn weiterhin in Böblingen und Singen (Hohentwiel) halten, muss man den Pfaffensteigtunnel stornieren. Wenn man Änderungen an dieser Planung bzw. Nutzen-Kosten-Rechnung vornehmen will, muss die gesamte Planung neu aufgestellt werden. Dann ist auch eine neue Nutzen-Kosten-Rechnung erforderlich. Das Ergebnis wird höchstwahrscheinlich sein, dass der Pfaffensteigtunnel unwirtschaftlich ist. 

Pfaffensteigtunnel versus Ergänzungsstation
Scheerer fordert Landesverkehrsminister Hermann auf, die Planungen für eine Ergänzungsstation beim Stuttgarter Hauptbahnhof einzustellen. Diese Ergänzungsstation sei nicht wirtschaftlich und ein totes Pferd.
 
Das ist gleich in mehrfacher Hinsicht Quatsch. Zum einen ist die Ergänzungsstation beim Stuttgarter Hauptbahnhof nicht das Projekt von Hermann, sondern Bestandteil des Koalitionsvertrags in BW, der von den Parteien Die Grünen und CDU getragen wird.

Und woher weiß denn Scheerer, dass die Ergänzungsstation unwirtschaftlich ist? Diese Behauptung ist besonders makaber, wenn sie von jemand kommt, der ein Stuttgart 21-Befürworter ist. Stuttgart 21 ist nicht wirtschaftlich. Es konnte nur gebaut werden, weil man es losgelöst vom Bundesverkehrswegeplan in Angriff genommen hat und der Bahn riesige Zuschüsse für ein "eigenwirtschaftliches" Projekt gegeben hat.  
 
Wenn man schon das Wort unwirtschaftlich in den Mund nimmt, dann dürfte dies eher für den Pfaffensteigtunnel gelten als für die Ergänzungsstation. Baupreise von 2015 und die Verbindung mit dem Gäubahnausbau südlich von Horb, der für sich alleingenommen hochwirtschaftlich ist, haben den Pfaffensteigtunnel gerade noch über die Wirtschaftlichkeitsschwelle gehieft. Die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass der Pfaffensteigtunnel demnächst ganz schnell unter die Wirtschaftlichkeitsschwelle fällt.
 
Man muss sich auch fragen, warum für Scheerer die Ergänzungsstation ein totes Pferd ist. Scheerer ist Mitgleid des Landtags. Von daher hat er die Interessen des Landes zu vertreten. Und die lauten, dass es in BW einen attraktiven Bahnverkehr gibt sowie dass der Bahnknoten Stuttgart so attraktiv wie möglich ist. Dazu braucht es die Ergänzungsstation. Scheerer ist nicht Gemeinderatsmitglied in Stuttgart. Wenn die Stadt Stuttgart fürchtet, wegen des Ergänzungsbahnhofs nicht ganz so bauen zu können wie sie das gerne hätte, dann ist es nicht Scheerer, der diese Interessen vertreten sollte.
 
 

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