Der Bund steckt beim Thema Stuttgart 21 den Kopf in den Sand. Das war bei der Großen Koalition so. Das scheint auch bei der wahrscheinlich kommenden Ampel-Regierung mit SPD, Grünen und FDP so zu sein.
Entgegen den berechtigten Erwartungen wird Stuttgart 21 im neuen Koalitionsvertrag mit keinem Wort erwähnt. Auch die in den letzten Monaten hochgekochten Ergänzungsprojekte des Bundes (Nordzulauftunnel, Gäubahn-Fildertunnel) werden im Koalitonsvertrag nicht genannt - ganz im Gegensatz zu vielen anderen Ausbauprojekten in ganz Deutschland.
Dem Bund scheint es egal zu sein, was die zu 100 Prozent im Bundeseigentum befindliche Bahn in Stuttgart macht. Der vom Bund auch gemäß Koalitionsvertrag voranzutreibende Deutschlandtakt funktioniert mit Stuttgart 21 nicht. Hat der Bund dies mal thematisiert? Die Bahn könnte bei Stuttgart 21 viele Milliarden Euro Mehrkosten übernehmen müssen. Gibt es hierzu ein Statement des Bundes? Nein!
Dabei ist es absolut verständlich, dass die Ergänzungstunnel zu Stuttgart 21 wohl jetzt auf die lange Bank geschoben bzw. gleich ganz storniert werden. Denn den Bürgerinnen und Bürgern außerhalb von BW kann man kaum vermitteln, dass ein Projekt, das eigentlich mit dem Anspruch einer Verdoppelung des Bahnverkehrs angetreten ist, jetzt noch zahlreiche weitere Milliarden des Bundes für Ergänzungstunnel benötigt.
Was kann jetzt noch für den Bahnknoten Stuttgart getan werden?
1. Ergänzungsbahnhof
Jetzt kommt die Landesregierung von BW ins Spiel. Der Ergänzungsbahnhof beim Stuttgarter Hauptbahnhof ist Bestanteil des Koalitionsvertrags in BW. Zudem ist der Bund nicht der Hauptfinanzier und Bauherr dieser Maßnahme. Bauherr wird das Land sein. Es warten Zuschüsse vom Bund in großer Höhe. Hierzu muss das Projekt jetzt aber vorangetrieben werden. Das Projekt steht in Bezug auf die Zuwendungen des Bundes möglicherweise in Konkurrenz zu anderern Projekten in Deutschland.
2. Fünftes und sechstes Gleis der Zufahrt Zuffenhausen (Nordzulauf)
Auch wenn der Nordzulauftunnel in absehbarer Zeit nicht gebaut wird, wird das fünfte und sechste Gleis der Zufahrt Zuffenhausen aus Kapazitätsgründen dringend benötigt. Diese beiden Gleise können überwiegend neben die vorhandenen Gleise gelegt werden (nördlich des Bahnhofs Zuffenhausen ist möglicherweise ein kurzer Tunnel erforderlich). Die beiden Gleise setzen sich dann fort durch den vorhandenen Pragtunnel und in den Ergänzungsbahnhof.
Auch hier kommt das Land BW ins Spiel. Diese Maßnahme kann ebenfalls unter dem Titel "Regionalverkehr" laufen und mit großen Zuschüssen des Bundes gebaut werden.
3. Führung der Gäubahn über den Flughafen
Der Gäubahn-Filder-Tunnel kann voraussichtlich nicht gebaut werden. Die vorherige Planung einer Führung der Gäubahn über die Gleise der Flughafen-S-Bahn wurde bei der Präsentation des Gäubahn-Filder-Tunnels von praktisch allen Seiten als schlechte, mängelbehaftete Lösung bezeichnet. Da gibt es jetzt kein Zurück mehr. Die Gäubahn muss an Stelle über den Flughafen auf ihren eigenen Gleisen und über die Panoramastrecke zur Ergänzungsstation beim Stuttgarter Hauptbahnhof geführt werden. Auch hierfür können im Rahmen der verschiedenen Regionalzug-Fördertöpfe Zuschüsse vom Bund beantragt werden.
4. Unterbrechung des Gäubahnbetriebs
Eine bisher geplante jahrlange Unterbrechung des Betriebs der Gäubahn zwischen S-Vaihingen und dem Hauptbahnhof macht unter den neuen Randbedingungen keinen Sinn mehr. Die Gäubahn muss dauerhaft zum Stuttgarter Hauptbahnhof fahren. Hierzu ist ein Teil des bestehenden Kopfbahnhofs nach einer Eröffnung des Stuttgart 21-Tiefbahnhofs in Betrieb zu belassen, solange, bis ein Ergänzungsbahnhof fertiggestellt ist.
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