Das Land Baden-Württemberg wird ein Planungskonzept für einen Ausbau der Frankenbahn zwischen Heilbronn und Osterburken und für die sinnvollen Ausbauschritte finanzieren und beauftragen. Das geht aus einer Pressemittteilung des baden-württembergischen Verkehrsministeriums vom 26.03.2020 hervor.
Damit scheint sich das Land BW von der dunklen Stuttgart 21-Zeit endgültig zu verabschieden und einen Bahnausbau in Angriff zu nehmen, wie er in ganz Europa üblich ist und praktiziert wird. Die Beauftragung des Planungskonzepts für die Frankenbahn wird auch vom Landkreis Heilbronn, vom Neckar-Odenwald-Kreis und von der DB Netz AG unterstützt.
Das ist die normale und sinnvolle Planungsreihenfolge:
1. Es wird der zukünftige Bedarf ermittelt.
2. Darauf werden darauf aufbauend die Ausbaunotwendigkeiten abgestimmt.
Dafür gibt es auch ein Sprichwort: "Form follows function".
Beim Projekt Stuttgart 21 wurde es ja gerade andersherum gemacht. Es wurde eine Idee in die Welt gesetzt, nämlich dass es im Stuttgarter Talkessel keine oberirdischen Bahngleise mehr geben dürfe. Dem musste sich der Ausbau bzw. Umbau der Bahnanlagen unterordnen.
So kann der Stuttgarter Hauptbahnhof beim Bahnprojekt Stuttgart 21 nur acht Gleise erhalten. Mehr war bei den beengten Platzverhältnissen zwischen dem Gebäude der LBBW und dem Bahnhofsgebäude nicht drin. Die wichtige Zufahrt Zuffenhausen musste beim Projekt Stuttgart 21 ohne Ausbau (ohne zusätzliche Gleise) auskommen. Denn dies hätte von vornherein die notwendige Eigenwirtschaftlichkeit des Projekts für die Bahn gesprengt. Der Stuttgarter Hauptbahnhof musste um 90 Grad gedreht werden. Das zog ca. 60 Kilometer Tunnelstrecken nach sich. Die Gäubahn musste bei den Stuttgart 21-Planungen auf eine S-Bahnstrecke gelenkt werden - ein in Europa einmaliger Vorgang. Die Verbindung Karlsruhe - Nürnberg muss bei Stuttgart 21 einen Umweg über Untertürkheim fahren und später dann auch noch eine im 5/10-Minuten-Takt befahrene S-Bahnstrecke höhengleich kreuzen. Und es gibt noch andere Beispiel mehr hierzu.
Wie anders ist das jetzt beim Planungskonzept für die Frankenbahn!
Es soll ermittelt werden, welche Verbesserungen für den Betrieb der Frankenbahn möglich und welche Infrastrukturausbauten dafür sinnvoll sind. Die Pünktlichkeit der Frankenbahn soll erhöht werden. Die Kapazität soll erweitert werden. Die Konzepte sollen zudem nach neuestem Stand der Tecknik simuliert werden, um sie auf ihre Robustheit zu testen. Anscheinend hat man auch hier z.B. vom Betriebsdesaster auf der kürzlich eröffneten Breisgau-S-Bahn, aber vor allem von Stuttgart 21 gelernt.
Ganz vorne bei den Ausbauüberlegungen steht bei der Frankenbahn die bisher noch eingleisige Jagstbrücke zwischen Züttlingen und Möckmühl. Kapazitätsengpässe werden jedoch auch im Bereich von Neckarsulm gesehen, wo auch die Heilbronner Stadtbahn auf die Bahngleise gelenkt wird. Möglicherweise könnte es hier ein drittes Gleis geben.
Wichtig ist auch die Zubringerfunktion der Frankenbahn zum Bahnknoten Stuttgart und zum ICE-Knoten Würzburg. Diesbezüglich würde ich mir eine Ergänzung des Planungskonzepts wünschen. Es sollte ermittelt werden, welche Fahrzeit für die Frankenbahn zukünftig erforderlich ist, um sowohl im Bahnknoten Stuttgart als auch im ICE-Knoten Würzburg an einem Rendez-Vous zur vollen und zur halben Stunde im Rahmen eines integralen Taktfahrplans teilzunehmen. Darauf aufbauend sind dann mögliche Ausbaumaßnahmen zu untersuchen, damit die Frankenbahn die ermittelte Eck-Fahrzeit auch erreichen kann.
Jetzt kommen wir aber wieder zu Stuttgart 21.
Es gab ja immer wieder zaghafte Bemühungen, wenigstens die gröbsten Schnitzer und Fehler dieses Projekts zu heilen. Dazu gehört zum Beispiel der Regionalbahnhof Vaihingen. Nicht dazu gehört das dritte Gleis für die Gäubahn am Flughafen. Das ist eher eine Verschlimmbesserung.
Jetzt gibt es aber erste Anzeichen, dass die Bahn die Führung der Gäubahn über den Flughafen nicht mehr weiter verfolgen will. Bravo! Dann aber sollte jetzt dem ersten Schritt auch der zweite Schritt folgen, nämlich die Beibehaltung der Panoramastrecke der Gäubahn und ihre Einführung in einen ergänzenden Kopfbahnhof beim Stuttgarter Hauptbahnhof.
Auch die Aufnahme eines fünften und sechsten Gleises der Zufahrt Zuffenhausen in den Bundesverkehrswegeplan gehört zu diesen nachträglich noch ins Spiel gebrachten Verbesserungen des Projekts Stuttgart 21. Diesbezüglich gibt es jedoch einen Wermutstropfen. Fachleute weisen darauf hin, dass das vorgeschlagene fünfte und sechste Gleis in Form eines über 10 Kilometer langen Tunnels von der A81 bis nach Feuerbach unter Umgehung des bestehenden Tunnels Langes Feld bis zur Inbetriebnahme wohl noch 20 Jahre benötigen wird. Es ist deshalb dringend erfordlich, für das fünfte und sechste Gleis der Zufahrt Zuffenhausen zum Stuttgarter Hauptbahnhof zunächst mal eine preiswertere, schneller umzusetzende Lösung zu wählen. Das ist möglich. Über weite Bereiche zwischen Feuerbach und der Verzweigung nördlich von Zuffenhausen lassen sich das fünfte und sechste Gleis neben die bestehenden Gleise und auf Bahngrund verlegen. Lediglich nördlich des Bahnhofs Zuffenhausen ist möglicherweise ein wenige hundert Meter langer Tunnel erforderlich. Das fünfte und sechste Gleis wird von Feuerbach durch den bestehenden Pragtunnel und dann weiter in einen ergänzenden Kopfbahnhof beim Hauptbahnhof geführt.
Dieses schnell zu realisierende fünfte und sechste Gleis der Zufahrt Zuffenhausen ist auch für die Frankenbahn wichtig. Einmal aus Kapazitätsgründen. Dann aber auch aus Gründen der Pünktlichkeit und Regelmäßigkeit. Und vielleicht auch, um die eine oder andere Minute Fahrzeitgewinn im Hinblick auf den integralen Taktfahrplan in Stuttgart und Würzburg zu erhalten.
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