Die Bahn hat jetzt die Katze aus dem Sack gelassen. Anstatt wie jahrzehntelang behauptet in 28 Minuten sollen die Fernzüge jetzt in schnellstens 31 Minuten über die NBS von Stuttgart nach Ulm fahren. Dies wurde bei der Anschlagfeier für den Steinbühltunel am 19.07.2013 verkündet. Allein für die Fahrt zwischen Ulm und dem Flughafen sollen die Fernzüge jetzt mindestens 29 Minuten unterwegs sein.
Damit ist jetzt klar: Die Fahrzeit von 28 Minuten zwischen Stuttgart und Ulm war eine politische Fahrzeit. Diese Fahrzeit wurde solange am Leben erhalten, bis die Zustimmung der Politik zur NBS erreicht war. Und ob die 31 Minuten das Ende der Fahnenstange sein werden, ist keineswegs sicher.
Eine Kleinigkeit ist diese Erhöhung der Fahrzeiten nicht. Denn die 28 Minuten waren ein wesentlicher Punkt, weshalb sich selbst verschiedene Fahrgastverbände und ansonsten eher bahnkritische Organisationen mit der NBS angefreundet haben. Die 28 Minuten hätten es nämlich ermöglicht, die für den integralen Taktfahrplan erforderliche Eckfahrzeit von 30 Minuten zwischen Stuttgart und Ulm zu fahren (Fahrzeit plus die Hälfte der Aufenthaltszeiten in den Bahnhöfen).
Mit den nun angekündigten 31 Minuten Fahrzeit ist die Eckfahrzeit von 30 Minuten zwischen Stuttgart und Ulm nicht mehr möglich. Damit muss dann jetzt auf die nächsthöhere Eckfahrzeit gesprungen werden. Das sind 45 Minuten. Diese 45 Minuten werden aber auch erreicht, wenn die Bestandsstrecke zwischen Stuttgart und Ulm stufenweise ausgebaut wird (3.und 4. Gleis mit Umfahrungstunnel Geislinger Steige, Ortsumfahrungen im Filstal mit jeweils kurzen Tunnels).
Diese ursprüngliche Planung der Bahn bringt nicht nur die Eckfahrzeit von 45 Minuten zwischen Stuttgart und Ulm. Sie ertüchtigt die Bahnstrecke Stuttgart-Ulm auch vollumfänglich für den Güterverkehr und sie entlastet gleichzeitig die Anwohner im Filstal vom Güterverkehrslärm.
Wenn jetzt nicht der Anlass ist, von der NBS Wendlingen-Ulm Abstand zu nehmen, dann weiß ich nicht, wann dann noch eine sinnvolle politische Entscheidung gefällt werden kann. Zumal auch die anderen Argumente, die für die NBS angeführt werden, sich längst in Luft aufgelöst haben.
Leichtgüterzüge
Da werden immer wieder die 20 oder 40 ominösen Leichtgüterzüge angeführt, die angeblich über die NBS fahren sollen und mit deren Hilfe die NBS gerade noch über die Wirtschaftlichkeitsgrenze gesprungen ist. Nun gibt es aber diese Leichtgüterzüge heute weit und breit nirgends.
Ein anderer Punkt ist jedoch gravierender und dies haben wir hier in diesem Blog bereits angesprochen. Tagsüber, wenn der Fernverkehr auf der NBS unterwegs ist, können die Leichtgüterzüge gar nicht dort fahren. Denn der Geschwindigkeitsunterschied zwischen den ICE und den Güterzügen ist so groß, dass die ICE auf einen vorausfahrenden Güterzug auflaufen würden und abbremsen müssten. Überholgleise gibt es im Verlauf der NBS nicht.
Die Leichtgüterzüge könnten also allenfalls nachts auf der NBS fahren, wenn dort kein Fernverkehr unterwegs ist. In den 6 dafür in Frage kommenden Nachtstunden sind aber die Instandhaltungsmannschaften auf der Strecke. Und warum soll ein Güterzug nachts über die NBS fahren, wenn er mit einem Bruchteil der Trassengebühren und freien Trassen auch über die Bestandsstrecke fahren kann, die zudem weniger Steigung aufweist als die NBS?
Anschluss des Flughafens
Die Befürworter der NBS argumentieren immer wieder, dass sich die NBS nur mit einem Anschluss an den Stuttgarter Flughafen rechne und dass deshalb ein Anschluss der NBS über Wendlingen an den Kopfbahnhof nicht in Frage komme. Mit diesem Argument begeben sich die NBS-Befürworter aber auf dünnes Eis.
Denn damit geben sie zu, dass die Wirtschaftlichkeit der NBS an einem dünnen Faden hängt. Und ein Anschluss des Flughafens zumindest an den Fernverkehr ist unsicher. Wenn die Bahn zur Zeit einen zweistündlichen Halt eines ICE am Flughafen vorsieht, dann muss dies keinesfalls auch zukünftig so sein. Das zeigt das Beispiel des Flughafens Köln, wo die Zahl der Fernzüge am Flughafenbahnhof drastisch reduziert worden ist. Es bleiben also im wesentlichen nur die vom Land zu bestellenden Regionalzüge, die im Zuge der NBS fahren sollen, um den Flughafen zu bedienen.
Problemfall Regionalzüge auf der NBS
Die vom Land für die NBS zu bestellenden Regionalzüge haben es in sich. Das könnte sich demnächst zum Skandal entwickeln. Das Regionalisierungsgesetz, über das die Regionalzugleistungen finanziert werden, definiert ganz klar, was man unter Regionalverkehr versteht. Die durchschnittliche Fahrtstrecke soll 50 Kilometer nicht übersteigen.
Nun ist aber die Entfernung zwischen Ulm und dem Flughafenbahnhof weit größer als 50 Kilometer. Damit haben wir es hier mit Verkehren zu tun, die nicht dem entsprechen, was das Regionalisierungsgesetz unter Regionalverkehr versteht. Das Land darf also insoweit gar keine Regionalzüge für die NBS bestellen.
Das ist absolut nachvollziehbar. Denn die knappen Regionalisierungsmittel sollen vor allem dafür ausgegeben werden, um bundesweit einen attraktiven Nah- und Regionalverkehr zu gewährleisten. Die Regionalisierungsmittel sollen nicht dafür ausgegeben werden, um sündhaft teure Neubaustrecken zu subventionieren.
Fazit
Nichts spricht mehr für die NBS Wendlingen-Ulm. Spätestens die kommende Bundesregierung muss diese Schnapsidee stoppen und einen etappierbaren, vernünftigen Ausbau des Bahnkorridors Stuttgart-Ulm vorantreiben.
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