Stuttgart`s OB Schuster hat jetzt verlauten lassen, dass das nach einer eventuellen Fertigstellung von Stuttgart 21 geplante Rosensteinviertel ein CO2-freier Stadtteil werden soll. Zudem soll im Rosensteinviertel eine neues, fahrerloses, elektrisches Transportsystem eingerichtet werden, das Autofahrten im Viertel überflüssig machen soll. Ein Stadtrat der CDU hat Schuster prompt sekundiert und die Ausdehnung des neuen Transportsystems auf die Innenstadt vorgeschlagen.
Eines muss man Schuster lassen: er wendet alle möglichen Mittel an, um die Stuttgarter Bevölkerung vom Stuttgart 21-Desaster abzulenken. Dazu gehören auch Versprechungen für einen neuen Heile-Welt-Stadtteil, der frühestens in 20 bis 30 Jahren fertiggestellt werden wird. Zum Zeitpunkt der Fertigstellung des Rosensteinviertels (im unwahrscheinlichen Fall, dass Stuttgart 21 zu Ende gebaut wird) wird Schuster schon längst nicht mehr im Amt sein. Er wird dann mit einer recht großen Wahrscheinlichkeit im Altersheim sitzen. Niemand wird sich in 20 bis 30 Jahren noch an die Versprechungen Schusters erinnern oder ihn dafür zur Rechenschaft ziehen. Aber kurzfristig haben die Versprechungen Schusters ihren Zweck erfüllt. Denn einige leichtgläubige Zeitgenossen lassen sich davon möglicherweise vom Widerstand gegen Stuttgart 21 abbringen.
Dabei wird beim zweiten Blick auf den Schuster-Vorschlag und den sekundierenden Stadtrat die ganze Fragwürdigkeit und Verlogenheit der Sache klar. Würde es Stuttgart mit einer Reduzierung der CO2-Emissionen sowie der Feinstaubbelastung ernst meinen, würde man die für das Rosensteinviertel und eine ferne Zukunft vorgeschlagenen Maßnahmen in der Innenstadt umsetzen - und das sofort. Aber das Gegenteil ist der Fall.
So werden nach wie vor bei jedem Neubauvorhaben in der Stuttgarter Innenstadt neue riesige Tiefgaragen gebaut, die die Zahl der in den Talkessel fahrenden Autos immer weiter erhöhen. Es ist verwunderlich und beängstigend zu sehen, wie die Politik und die Investoren hier auf eine mögliche Katastrophe zusteuern. Es ist gar nicht so unwahrscheinlich, dass in einigen Jahren wegen der riesigen Feinstaubbelastung im Stuttgarter Talkessel die Zufahrt mit dem Pkw nur noch für Anwohner und den Wirtschaftsverkehr zugelassen wird. Was aber geschieht dann mit den ganzen unterirdischen Parksilos?
Auch der öffentliche Verkehr ist in der Innenstadt auf eine markante Reduzierung der Pkw-Fahrten und die damit einhergehende massive Steigerung der Fahrgastzahlen nur ungenügend vorbereitet. Wo sind die Planungen für eine oberirdisch verkehrende Ringstraßenbahn im Zuge des City-Rings? Und auch das bestehende Stuttgarter Stadtbahnetz ist in der Innenstadt strukturell nicht gut aufgestellt.
Die Stadtbahn Stuttgart verfügt nur über zwei Stammstrecken (Staatsgalerie-Stöckach und Türlenstraße-Olgaeck). Auf diesen beiden Strecken drängeln sich alle die Innenstadt anfahrenden Linien. Ein Vergleich mit den Stadtbahn- und U-Bahnnetzen in anderen deutschen Städten zeigt, dass keine vergleichbare Stadt nur über zwei Stammstrecken verfügt. Drei oder vier Stammstrecken sind die Regel. Auch der Quotient zwischen der Zahl der Außenäste und der Zahl der Stammstrecken ist in Stuttgart mit der Zahl neun so hoch wie in keiner anderen deutschen Stadt. Die anderen Städte weisen bei diesem Quotienten Zahlen zwischen zwei und sechs auf.
Bei diesen strukturellen Defiziten des Stuttgarter Stadtbahnnetzes ist es nahezu unmöglich, an Stelle des heute gefahrenen 10-Minuten-Takts einen 7 1/2 - Minuten-Takt für alle Linien einzuführen. Dieser verbesserte Takt aber könnte wegen der genannten Maßnahmen gegen den Feinstaub und der demnächst erforderlich werdenden Reduzierung des Kfz-Verkehrs bald gebraucht werden.
Bereits im Post vom 12.10.2011 in diesem Blog, in dem es um die Stadtbahnlinie U12 ging, ist ein Vorschlag für die Einrichtung einer dritten (oberirdisch verlaufenden) Stammstrecke für die Stadtbahn Stuttgart im Verlauf der Straße "Am Schlossgarten" enthalten, die beide vorhandenen Stammstrecken entlasten kann. Dies ist freilich nur eine von Dutzenden möglichen Varianten. Um aber rechtzeitig für alle kommenden Anforderungen gewappnet zu sein, muss man jetzt mit den entsprechenden Planungen beginnen und nicht mit Sprechblasen und Luftschlössern von den eigentlichen Problemen ablenken.
Solange allerdings das Spukschloss Stuttgart 21 noch durch die Stadt geistert, wird jegliche Mühe für eine vernünftige Stadt- und Verkehrsplanung in Stuttgart vergebens sein.
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