Sonntag, 26. Juli 2015

Warum München eine Fehlplanung wie Stuttgart 21 niemals realisieren würde

Nach wie vor lautet die Kardinalfrage in Sachen Stuttgart 21, wie es dazu kommen konnte, dass diese epochale Fehlplanung in der Region Stuttgart und in Baden-Württemberg bis zur teilweisen Baureife vorangetrieben werden konnte. Eine Möglichkeit zur Beantwortung dieser Hauptfrage zu Stuttgart 21 kann darin bestehen, dass man sich die gesamte Verkehrsplanung der Nachkriegszeit in der Region Stuttgart ansieht. Die Bilanz in Sachen Verkehr in der Region Stuttgart sieht nicht gerade gut aus.

Einige Schlagworte zu diesem Thema:
  • Die Stuttgarter Innenstadt ("Neckartor") weist die höchsten Feinstaubbelastungen in Europa auf.
  • In der Region Stuttgart fahren signifikant weniger Fahrgäste mit den öffentlichen Verkehrsmitteln als in den vergleichbaren und benachbarten Regionen (München, Frankfurt, Zürich).
  • Als nahezu einzige Großstadt in Europa muss in Stuttgart der Straßendurchgangsverkehr (B14, B27) teilweise durch die Innenstadt fahren.
  • Stuttgart hat als nahezu einzige Großstadt in Europa praktisch keine Ringstruktur bei seinem übergeordneten Straßensystem.
  • Die Stuttgarter Stadtbahn hat nur zwei Stammstrecken - einmalig unter den vergleichbaren Großstädten in Deutschland.
  • Als einziges S-Bahnsystem in Deutschland verbindet die Stuttgarter S-Bahn die beiden Hauptzufahrten zum Hauptbahnhof nicht direkt miteinander. Das führt zu einer unwirtschaftlichen Betriebsweise, bei der die Hälfte aller S-Bahnlinien im Verlauf der Stammstrecke (Haltepunkt Schwabstraße) enden und wenden muss.
  • Bezogen auf die Fläche der Innenstadt hat Stuttgart die meisten Tiefgaragenstellplätze aller Großstädte in Europa.
Stuttgart 21 ist nun die Fortsetzung dieser epochalen Fehlplanungen in Sachen Verkehr, die sich seit dem Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg in der Region Stuttgart eingestellt haben.
  • Mit Stuttgart 21 wird der Bahnverkehr in Stuttgart zwangsweise in einen engen Durchgangsbahnhof gepresst, obwohl fast niemand mit der Bahn in Stuttgart durchfahren will. Fast 90 Prozent aller Reisenden haben in Stuttgart Quelle und Ziel ihrer Bahnreise bzw. sie steigen in Stuttgart um.
  • Mit Stuttgart 21 haben wir ein Projekt, das als einziges großes Bahnprojekt in Europa die Kapazität des Bahnverkehrs in seiner Region so gut wie nicht ausweitet, obwohl dieses Projekt die Region ca. 40 Jahre lang in Beschlag nimmt und Resourcen bindet, und obwohl eine massive Kapazitätsausweitung für den Schienenverkehr gerade bei der gegebenen Situation in Stuttgart an erster Stelle der Agenda stehen müsste. 
  • Mit Stuttgart 21 erhält Stuttgart als einzige Großstadt Europas keinen eigentlichen Bahnhof mehr, sondern nur noch einen Haltepunkt mit einer sechsfach überhöhten Gleisneigung gegenüber der nationalen Norm, in dem Züge nicht enden und wenden oder gekuppelt werden dürfen. 
  • Stuttgart 21 bringt für Stuttgart über 60 Kilometer Bahntunnel, die nicht nur im Bau, sondern auch im späteren Betrieb und in der Instandhaltung extrem teuer sind und die große Risiken beim Bau beinhalten. Dabei entlasten diese Tunnel keinen einzigen Einwohner der Region Stuttgart signifikant vom Bahnlärm, insbesondere wenn man berücksichtigt, dass der wesentlichste Bahnlärm durch den Güterverkehr verursacht wird.
Im heutigen Post in diesem Blog wollen wir sehen, wie Verkehrspolitik und Verkehrsplanung auch anders gehen können. Hierzu wollen wir einige aktuelle Verkehrsthemen aus der bayerischen Landeshauptstadt München aufgreifen und sie zu Stuttgart in Bezug setzen.

Sonntag, 5. Juli 2015

Stuttgart 21 - mehr Schaden als Nutzen für die S-Bahn

Stuttgart 21 ist dem Grundsatz nach kein Bahnprojekt. Die Idee zu Stuttgart 21 speiste sich aus anderen Antrieben als einer Verbesserung der Verhältnisse für den Bahnverkehr. Im Nachhinein gab und gibt es zahlreiche Versuche, Stuttgart 21 reinzuwaschen und bahnverkehrliche Gründe für das Projekt anzugeben. Dazu gehört auch, dass Stuttgart 21 Verbesserungen für die Stuttgarter S-Bahn bringe, indem es zum Beispiel Engstellen bei der S-Bahn beseitigt und die S-Bahn entlastet.

Im heutigen Post in diesem Blog wollen wir auf den Argumentationspunkt mit der S-Bahn näher eingehen. Wir werden möglichst genau analysieren, was Stuttgart 21 mit der Stuttgarter S-Bahn macht bzw. nicht macht.

Die Stuttgarter S-Bahn weist heute zahlreiche Engstellen auf. Jede einzelne Engstelle hat für sich allein betrachtet noch keine besonders gravierenden negativen Auswirkungen auf den S-Bahnbetrieb. In der Summe wirken sich diese Engstellen jedoch vielfältig und merkbar auf den S-Bahnbetrieb aus, insbesondere auf die Pünktlichkeit und Regelmäßigkeit, auf die Fahrzeiten und auf den Freiheitsgrad der Fahrplangestaltung.

Nachfolgend sind die Engstellen im heutigen Netz der S-Bahn aufgelistet: