Sonntag, 13. Oktober 2013

Ist der Untergang der FDP die Blaupause für die Stuttgart 21-Grünen?

Die FDP wurde bei der Bundestagswahl 2013 vom Wähler abgestraft und aus dem Bundestag geworfen. Es gab nach diesem Wahldebakel jede Menge Analysen und Kommentare. Wir müssen deshalb in diesem Blog das Rad nicht neu erfinden. Statt dessen können wir uns damit begnügen, kurz die plausibelsten Argumente für das Wahlergebnis der FDP von nur noch 4,8 Prozent zu wiederholen.

Das werden wir gleich tun. Danach jedoch wird es erst richtig spannend. Denn dann gilt es, Parallelen zu ziehen von der Hauptursache für das FDP-Desaster hin zum Verhalten der Grünen in Sachen Stuttgart 21 und das daraus möglicherweise folgende Wahldesaster für die Grünen bei zukünftigen Wahlen.


Fangen wir also mit der FDP an. Die plausibelste Erklärung für das Wahldebakel der FDP bei der Bundestagswahl 2013 habe ich in einem Interview mit einem Politikwissenschaftler im Deutschlandfunk vernommen. Danach wurde die FDP deshalb vom Wähler abgestraft, weil sie ihre zur Bundestagswahl 2009 abgegebenen Versprechungen nicht einmal in Ansätzen gehalten hat. Die FDP wurde bei der Bundestagswahl 2009 mit dem beachtlichen Stimmenanteil von 14,6 Prozent gewählt.

Der Großteil dieser Wähler hat die FDP damals nur aus einem Grund gewählt, nämlich, dass die FDP ihre Wahlversprechen nach der Wahl umsetzt. Was waren die Wahlversprechen der FDP zur Bundestagswahl 2009? Guido Westerwelle hat dies bei jeder Wahl- und Parteiveranstaltung gebetsmühlenhaft hinausposaunt: "Ein einfacheres und gerechteres Steuersystem". 

Nach der Wahl 2009 war die FDP plötzlich eine Andere
Unmittelbar nach der Wahl begann jedoch bereits die wundersame Wandlung der FDP. In einer Pressekonferenz wenige Tage nach der Wahl wurde Westerwelle von einem Journalisten gebeten, doch bitte seinen Spruch vom einfacheren und gerechteren Steuersystem jetzt zu wiederholen. Westerwelle verweigerte sich und wollte nichts mehr davon wissen.

In der Folge pochte Westerwelle darauf, Außenminister zu werden. Dies war einer der ganz großen Fehler, den die FDP in der vergangenen Legislaturperiode gemacht hat. Man muss es noch einmal betonen: Die Wähler haben die FDP nicht gewählt, damit Westerwelle auf seinem Ego-Trip Außenminister wird. Die FDP hätte auf das Außenamt verzichten müssen und statt dessen den Finanzminister stellen müssen. Dazu wäre zum Beispiel der FDP-Finanzexperte Hermann Otto Solms geeignet gewesen. In der Folge wäre dann Westerwelle freilich nicht Minister geworden. Westerwelle hat also seine Karriere in den Vordergrund gestellt und damit seiner Partei massiv geschadet.

Bei einer solchen Diskrepanz zwischen Wahlversprechen und späterem Verhalten in der Regierung war es absolut folgerichtig, dass die FDP nun zum ersten Mal seit dem Jahr 1949 aus dem Bundestag flog. Hätte der Wähler anders entschieden, hätte man tatsächlich an der Urteilskraft der Bundesbürger zweifeln müssen.

Ist dieses Schicksal der FDP nun geeignet, Schlussfolgerungen für die Zukunft der Grünen zu ziehen? In Bezug auf Stuttgart 21 gibt es m.E. bei den Grünen durchaus Parallelen zur Entwicklung bei der FDP. Dieser Artikel reicht freilich nicht aus, um das Thema in vollständiger Tiefe zu beleuchten. Ich möchte deshalb zwei relativ willkürlich gewählte Beispiele nennen.

Nie etwas gehört von Edith Sitzmann?
Im ersten Beispiel geht es um Edith Sitzmann. Nie gehört? Aber von Claus Schmiedel hat doch jeder schon mal etwas gehört. Dieser Claus Schmiedel ist der Vorsitzende der SPD-Fraktion im Landtag von Baden-Württemberg. Und dieser Claus Schmiedel äußert sich bei jeder unpassenden Gelegenheit, gefühlt alle drei Tage, zu Stuttgart 21. Hierbei scheut er sich nicht, seinen Koalitionspartner Grüne zu maßregeln und mit Konsequenzen zu drohen.

Wo bleibt da die Reaktion der Grünen-Fraktion und deren Vorsitzender - ja tatsächlich, das ist Edith Sitzmann? Sitzmann hätte nach jeder Pressekonferenz, die Schmiedel zu Stuttgart 21 einberufen hat, sofort eine eigene Pressekonferenz abhalten müssen und die Äußerungen Schmiedels korrigieren müssen. Sitzmann hätte nach jedem Interview, das Schmiedel dpa oder jemand anderem zu Stuttgart 21 gegeben hätte, sofort ein eigenes Interview zu diesem Thema geben müssen und ihrerseits Schmiedel mit Konsequenzen drohen müssen.

Sitzmann hätte aber noch viel mehr machen müssen als nur reaktiv tätig zu sein und den wutschnaubenden, teilweise hassausströmenden, rachsüchtigen Äußerungen Schmiedels etwas entgegenzusetzen. Sitzmann hätte auch aktiv in der Sache tätig werden müssen, eigene Pressekonferenzen einberufen müssen, eigene Leitinterviews zum Unsinn von Stuttgart 21 geben müssen, eigene Workshops mit hochkarätigen Fachleuten aus dem In- und Ausland zu diesem Thema abhalten müssen.

Davon ist jedoch nichts bekannt. Nicht einmal der Name von Edith Sitzmann dürfte dem Großteil der Menschen in Baden-Württemberg bekannt sein. Diese Grünen haben die Menschen im Jahr 2011 bestimmt nicht gewählt.

Kretschmann muss man leider auch thematisieren
Nehmen wir noch ein zweites Beispiel. Und das handelt vom unvermeidlichen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann. Ich hätte gerne darauf verzichtet, über Kretschmann zum soundsovielten Male in diesem Blog etwas schreiben zu müssen. Aber der Spruch "Der Fisch stinkt vom Kopf her" gilt eben auch für die Grünen.

Das Verhalten von Kretschmann nach der Volksabstimmung und dessen fragwürdiges Verständnis von der Bedeutung und der Einordnung der Volksabstimmung war hier in diesem Blog schon mehrfach das Thema.

Wenden wir uns mal der Zeit vor der Volksabstimmung zu. Es ist nun mal leider so, dass man den Eindruck hat, dass Kretschmann bereits vor der Volksabstimmung das Thema Stuttgart 21 gerne abgeräumt gesehen hätte und sich nicht wirklich gegen Stuttgart 21 ins Zeug legte. Man muss nur daran erinnern, dass Kretschmann in der heißen Phase des Wahlkampfs vor der Volksabstimmung zu Stuttgart 21 zu einem einwöchigen Besuch nach Südamerika aufbrach, angeblich, weil es der Wirtschaft von BW von großem Nutzen sei. Darüber kann man streiten. Es ist zweifelhaft, ob der Besuch von Kretschmann in Südamerika auch nur einen einzigen zusätzlichen Job in BW geschaffen hat.

Nehmen wir noch an, dass der Jetlag ja auch nicht spurlos an einem vorbeigeht, vor allem, wenn man schon über 60 ist, dann ist festzuhalten, dass Kretschmann in der heißen Phase vor der Stuttgart 21-Abstimmung 10 bis 14 Tage ausgefallen ist. Das gilt im übrigen für den gesamten Wahlkampf der Grünen vor der Volksabstimmung. Da mögen einzelne einfache Grünen-Mitglieder sich noch so sehr ins Zeug gelegt haben. Wenn in Sachen Stuttgart 21 bei der Grünen-Spitze weitgehend Fehlanzeige herrscht, laufen alle Bemühungen der Grünen-Basis ins Leere.

Vor der Landtagswahl hat Kretschmann die Verfassungswidrigkeit der Finanzierung von Stuttgart 21 thematisiert. Nach der Wahl wollte er davon nichts mehr wissen. Vor der Landtagswahl hat Kretschmann betont, dass Stuttgart 21 solange noch gestoppt werden könne, solange die Tunnelbohrmaschinen noch nicht angefangen haben zu arbeiten. Vor wenigen Tagen - und die Tunnenbohrmaschinen haben immer noch nicht angefangen - äußerte sich Kretschmann kleinlaut nur noch dahingehend, dass eben Verträge zu S21 bestünden und dass das Land diese Verträge einhalten müsse. Wenn das als einziges Argument übriggeblieben ist, dann Gute Nacht. Die Verträge gab es auch bereits vor der Landtagswahl. Vor der Wahl hat Kretschmann sehr wohl das ungeheure Erpressungspotenzial erkannt, das in der Ausnahmefinanzierung des Ausnahmeprojekts Stuttgart 21 steckt. Nach der Wahl und nach der Volksabstimmung war dieses Thema in Kretschmanns Rede-Textbausteinen nicht mehr aufzufinden.

Verblüffende Ähnlichkeiten mit der FDP
Jedenfalls scheint schon ein wenig klar zu werden, dass das Verhalten der Grünen nach der Landtagswahl 2011 verblüffend dem Verhalten der FDP nach der Bundestagswahl 2009 ähnelt. Und es ließen sich hierfür weitere hunderte Beispiele anführen.

Ich denke schon, dass der Wähler hier in Stuttgart, in BW und in Deutschland ein gewisses Maß an Selbstachtung hat. Und diese Selbstachtung müsste eigentlich dazu führen, dass die Grünen bei den nächsten Wahlen aus den Parlamenten geworfen werden. Warum sollte der Wähler bei den Grünen nicht denselben Maßstab anlegen, den er auch bei der FDP angelegt hat?

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