Montag, 4. Juni 2012

Der Stuttgarter Flughafen braucht keinen ICE-Anschluss, sondern ein besseres Management

Georg Fundel, einer der beiden Geschäftsführer des Stuttgarter Flughafens, spielt ja kräftig im Stuttgart 21-Theaterstück mit. Er nahm zum Beispiel an einer Sitzung beim Sach- und Faktencheck zu Stuttgart 21 unter Heiner Geißler teil. Er trommelt, wo er nur kann, für den ICE-Anschluss des Stuttgarter Flughafens. Er ist auch jetzt wieder aktiv, wo es um die Positionierung im Vorfeld des sogenannten Filderdialogs geht.

Die Äußerungen von Fundel zum Bahnanschluss des Stuttgarter Flughafens sind - höflich ausgedrückt - nicht immer von besonderer Qualität. So begründete er zum Beispiel bei seinem Auftritt beim Sach- und Faktencheck den aus seiner Sicht erforderlichen Bahnanschluss des Stuttgarter Flughafens damit, dass bei Betriebsstörungen des Flugverkehrs in Stuttgart (z.B. durch Wetterereignisse) die Fluggäste dann mit dem ICE schnell zum Frankfurter Flughafen transportiert werden können.

Nun wird die Bahn einen Teufel tun, das ganze Jahr über Kapazitäten für die ein oder zwei Tage pro Jahr vorzuhalten, wenn beim Stuttgarter Flughafen eine Störung vorliegt. Dafür nimmt man auch die Milliarden für einen Bahnanschluss des Stuttgarter Flughafens nicht in die Hand.  Das wäre sonst das teuerste Störungsmanagement im Verkehrswesen des ganzen Planeten.



Ein Bahnfachmann ist Fundel gewiss nicht. Ob er ein Fachmann für den Luftverkehr ist, mag jeder oder jede bei der Durchsicht von Fundels Vita selbst entscheiden.

Heute soll es in diesem Blog jedoch nicht um den Sinn oder Unsinn eines ICE-Anschlusses des Stuttgarter Flughafens gehen. Das wurde in diesem Blog schon zur Genüge erörtert. Und es ist hierbei ganz klar geworden, dass der ICE-Anschluss des Stuttgarter Flughafens nicht Sinn, sondern Unsinn ist. Es soll heute auch nicht der Frage nachgespürt werden, ob es direkte oder indirekte Verbindungen Fundels zu den Stuttgart 21-Protagonisten gibt.

Heute wollen wir einer anderen Spur nachgehen. Wir stellen uns die Frage, ob die Werbung Fundels für einen ICE-Anschluss des Stuttgarter Flughafens nicht ein Ablenkungsmanöver ist, mit dem Managementversagen beim Stuttgarter Flughafen kaschiert werden soll.

Hierzu wählen wir zwei Beispiele aus, eines aus dem Bau und eines aus dem Betrieb.

Fluggastbrücken
Der Stuttgarter Flughafen gehört zu den zehn passagierstärksten Flughäfen Deutschlands. Aktuell ist er an der siebten Stelle, allerdings mit riesigem Abstand zu den beiden führenden Flughäfen Frankfurt und München.

Fluggastbrücken sind so etwas wie die Bahnsteige im Luftverkehr. Über Fluggastbrücken kommt der Fluggast ohne Witterungseinflüsse zum Flugzeug. Die umständliche Fahrt mit Bussen über das Vorfeld und das Treppensteigen hinauf zur Eingangstür beim Flugzeug wird überflüssig. 

Nun sehen wir uns einfach mal an, wieviele Fluggastbrücken die größeren deutschen Flughäfen aufweisen:
  • Frankfurt: mehr als 100
  • München: 45
  • Düsseldorf: 28
  • Berlin Brandenburg*: 16      *im Bau
  • Hamburg: 17
  • Köln/Bonn: 21
  • Stuttgart: 8
  • Hannover: 20

Damit ist klar: Der Stuttgarter Flughafen hat nicht nur etwas weniger Fluggastbrücken als alle anderen vergleichbaren Flughäfen. Er hat auch keinesweg merklich weniger Fluggastbrücken als die Anderen. Nein, der Stuttgarter Flughafen ist ein absoluter Außenseiter unter den deutschen Flughäfen, was die Zahl der Fluggastbrücken betrifft. Augenscheinlich will der Stuttgarter Flughafen hier mit der Stadt Stuttgart wetteifern, die ja - das haben wir im vorangegangenen Post in diesem Blog gesehen - bei vielen verkehrlichen, städtebaulichen und architektonischen Sachverhalten ebenfalls der Außenseiter in Deutschland ist.

Für die lächerlich geringe Anzahl an Fluggastbrücken ist nun aber garantiert nicht die große Bürgerbewegung gegen Stuttgart 21 verantwortlich, und auch nicht die Bewohner der Fildern und auch nicht die Grünen. Dafür ist allein der Flughafen selbst verantwortlich und konkret dessen Management.

Flugplan
Kommen wir nun zu einem betrieblichen Sachverhalt. Vor kurzem kam mein in England lebender Bruder am Flughafen Stuttgart an. Er äußerte dann später mir gegenüber, dass es für ihn ein Rätsel sei, wie der Stuttgarter Flughafen auf seine knapp 10 Millionen Fluggäste pro Jahr kommt. Denn vor und nach der aus England landenden Maschine wäre überhaupt nichts los gewesen, tote Hose sozusagen.

Ich sah mich daraufhin etwas unfreiwillig in die Rolle eines Verteidigers des Flughafens gedrängt. Ich habe dann geantwortet, dass morgens zwischen 6 und halb 8 Uhr, wenn alle über Nacht auf dem Vorfeld geparkten Maschinen wieder starten wollen, durchaus mächtig etwas los ist auf dem Flughafen. Dann gibt es Gedränge vor der Startbahn und vorher auch schon bei den Sicherheitskontrollen.

Feszuhalten bleibt jedoch, dass die Auslastung des Stuttgarter Flughafens sehr ungleichmäßig ist. Früh morgens gibt es Gedränge. Dann gibt es aber zum Beispiel auch Zeitintervalle (15:25 bis 16:00) in denen kein einziges Flugzeug startet und wo dann augenscheinlich tatsächlich tote Hose herrscht.

Wegen der tendenziellen Überlastung früh morgens wollte der Stuttgarter Flughafen schon einmal eine zweite Startbahn haben. Das hat dann der ehemalige Ministerpräsident Oettinger abgelehnt. Denn er wollte neben seinem Steckenpferd Stuttgart 21 nicht noch eine zweite Baustelle mit potenziellem Volksaufstand riskieren. Eine gleichmäßigere Auslastung des Stuttgarter Flughafens über den Tag hinweg macht jedoch nicht nur die zweite Startbahn überflüssig. Dann hätte der Flughafen auch die 1,5 Millionen Passagiere mehr, die er sich durch Stuttgart 21 wünscht. Hierzu ist es auch interessant, den weltweit größten Flughafen zu kennen, der nur über eine Start- und Landebahn verfügt. Dies ist der Flughafen London- Gatwick mit 33 Millionen Fluggästen pro Jahr, mehr als dreimal so viele wie der Flughafen Stuttgart.

Nun gibt es bestimmt gleich ein paar Schlaumeier, die darlegen, dass es gar nicht möglich sei, die Flüge gleichmäßiger über den Tag zu verteilen. Ich entgegne hierzu ganz klar, dass es sehr wohl möglich ist. 

So ist es zum Beispiel möglich, die Start- und Landegebühren nach dem Tageszeiten besser zu staffeln, um die heute bestehenden großen Fluglücken aufzufüllen. Dann muss es möglich sein, dass ein kleiner Teil der Flüge, die früh morgens vom Stuttgarter Flughafen starten, in umgekehrter Reihenfolge stattfinden. Das heißt, die Flugzeuge fliegen nicht als erstes von Stuttgart nach X-Stadt und dann von X-Stadt wieder zurück nach Stuttgart. Sondern sie fliegen morgens als erstes von X-Stadt nach Stuttgart und dann erst von Stuttgart nach X-Stadt. Und es gibt diesbezüglich eine Reihe weiterer Möglichkeiten, deren Darstellung aber den Rahmen dieses Posts sprengt.  
 
Fazit
Der Aufsichtsratsvorsitzende des Stuttgarter Flughafens, der baden-württembergische Verkehrsminister Hermann, sollte sich von Fundel über bestimmte Sachverhalte berichten lassen. Er sollte einen Bericht anfordern über die Fluggastbrücken sowie einen weiteren Bericht über den ungleichmäßigen Flugplan. Zudem sollte sich Hermann berichten lassen, welche Maßnahmen der Flughafen unternommen hat bzw. zu unternehmen  gedenkt, um die S-Bahn-Anbindung des Flughafens zu verbessern (Stichworte: dichterer Takt, Express-S-Bahn, weitere Linien vom Flughafen z.B. nach Wendlingen/Plochingen und nach Obertürkheim/Bad Cannstatt/Hauptbahnhof).

Das hätte gleich zwei Vorteile. Einerseits wäre Hermann besser über bestimmte Details beim Flughafen informiert, so dass er ggf. gegensteuern kann. Und andererseits wäre Fundel ausgelastet und könnte eine gewisse Zeit nicht für Stuttgart 21 trommeln.

Nächster Post
Im folgenden Post sehen wir uns einmal die S-Bahnanbindung des Hamburger Flughafens näher an. Hierbei werden wir sehen, dass ein dichter S-Bahn-Takt für die Fahrgäste wesentlich mehr Vorteile bringt als eine sündhaft teuere ICE-Anbindung, die dann vielleicht alle zwei Stunden bedient wird. Und mit einer besseren S-Bahn-Anbindung erreicht der Hamburger Flughafen bereits die Fluggastzahlen, die der Stuttgarter Flughafen sich durch S21 erhofft.     

                

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