Dienstag, 8. Februar 2011

Der Stuttgart 21 - Murks auf den Fildern

Der den Flughafen und die Fildern betreffende Teil von Stuttgart 21 war schon mehrmals Thema in diesem Blog. Jedoch ist es möglicherweise noch nicht gelungen, alle Merkmale von Stuttgart 21 für die Bereiche Flughafen und Fildern zusammenhängend aufzulisten. Das soll hier nachgeholt werden:

 

  • Der neue Bahnhof am Stuttgarter Flughafen liegt so tief (30 Meter unter der Oberfläche) und ist so weit vom Terminal entfernt (fast 300 Meter), dass der Weg vom Flughafenbahnhof zum Terminal mindestens genauso lange dauert wie die Fahrt vom Hauptbahnhof zum Flughafenbahnhof.
  • Die Tieflage des neuen Bahnhofs am Flughafen bereitet Probleme in Bezug auf Störungen der Aufstiegshilfen, bei Unfällen und Bränden. Auch über 15 Jahre nach Planungsbeginn ist das Planfeststellungsverfahren für diesen Bahnhof noch nicht einmal eingeleitet. Es besteht eine gewisse Wahrscheinlichkeit, dass dieser Bahnhof nicht genehmigt werden kann.
  • Die Entfernung zwischen dem neuen Flughafenbahnhof und dem bestehenden Bahnhof der S-Bahn ist so groß, dass das Umsteigen ca. 10 Minuten dauern wird.
  • Die bisher von der Bahn vorgelegten Fahrpläne weisen am Flughafen keine Umsteigemöglichkeiten zwischen den Bahnhöfen mit akzeptabler Wartezeit auf.
  • Das Vorhandensein zweier Bahnhöfe am Flughafen, die beide von Regional- und Fernzügen angefahren werden sollen, ist für die Fahrgäste verwirrend. Es besteht die große Wahrscheinlichkeit, dass vor allem Gelegenheitsfahrgäste nicht immer den richtigen Bahnhof aufsuchen.
  • Beim bestehenden S-Bahnhof am Flughafen werden zwei eingleisige Strecken eingerichtet, wobei die eine Strecke von der S-Bahn, die andere von den Regional- und Fernzügen der Gäubahn befahren werden soll. Dies ist erforderlich wegen der unterschiedlichen Wagenbodenhöhe von S-Bahn und Regional-/Fernbahn. Die beiden eingleisigen Strecken im Bereich des Bahnhofs führen zu großen Einschränkungen der Betriebsflexibilität, zu massiven Einschränkungen bei der Gestaltungsfreiheit des Fahrplans und zu Einschränkungen bei der Kapazität der Strecke.
  • Der nur für die S-Bahn erbaute Streckenabschnitt zwischen dem Flughafen und S-Rohr soll auch für den Regional- und Fernverkehr freigegeben werden. Das führt dazu, dass die Regional- und Fernzüge über Kurven fahren, deren Radien für diese Züge nicht geeignet sind. In Bezug auf die Sicherheitsräume in den Tunneln und Rampen sind Sondergenehmigungen erforderlich. Es besteht ein latentes Sicherheitsrisiko. Die Sondergenehmigungen haben jedoch eine Befristung auf einen Zeitpunkt, der nur wenige Jahre nach der Inbetriebnahme von Stuttgart 21 liegen wird.
  • Die Fern- und Regionalzüge fahren zwischen Flughafen und der Rohrer Kurve auf den Gleisen der S-Bahnlinien S2 und S3. Dies führt zu weiteren gravierenden Einschränkungen bei der Fahrplangestaltungsmöglichkeit und beim Fahrplan. Die schnelleren Züge müssen hinter den langsameren S-Bahnen bummeln. Die praktisch täglich vorkommenden Verspätungen der S-Bahnen haben direkte negative Auswirkungen auf die Pünktlichkeit der Regional- und Fernzüge. 
  • im Bereich der Rohrer Kurve gibt es eine niveaugleiche Gleiskreuzung zwischen der Fahrbeziehung Flughafen - Böblingen und der Fahrbeziehung Vaihingen - Flughafen.
  • im Vorfeld des Flughafen - S-Bahnhofs gibt es eine niveaugleiche Gleiskreuzung zwischen den S-Bahnen in Richtung Rohr und den Zügen der Gäubahn in Richtung Flughafen
  • Zwischen dem Flughafen - S-Bahnhof und der Einschleifung in die Strecke Wendlingen - Hauptbahnhof gibt es eine eingleisige Strecke
  • Bei der Ausfahrt vom neu zu bauenden Flughafenbahnhof in Richtung Hauptbahnhof gibt es eine eingleisige Strecke
  • die Anbindung des Flughafens an den Fernverkehr ist unwirtschaftlich, schädlich für das System Bahn und nachteilig für die Mehrzahl der nicht am Flughafen aussteigenden Fernverkehrs-Fahrgäste. Zudem erfordert die Führung des Fernverkehrs über den Flughafen lange Tunnels und eine umwegige Linienführung. Dies wird den Kostenaufwand für den Betrieb und damit die Fahrpreise des Fernverkehrs, aber auch des Regionalverkehrs für alle Fahrgäste verteuern. Die Bahn selbst bestätigt diese Feststellungen, indem sie nur alle zwei Stunden einen ICE am Flughafen halten lassen will. Selbst dieser ICE kann jederzeit gestrichen werden, wenn die Bahn damit nicht genügend Einnahmen generiert.      

Dieser Flughafen- und Fildern-Murks von Stuttgart 21 müsste doch eigentlich selbst die härtesten Befürworter des Projekts Stuttgart 21 aufrütteln. Es mag ja sein, dass sich manche Stuttgart 21 - Befürworter mit bestimmten Themen in Bezug auf Stuttgart 21 nicht beschäftigen wollen, zum Beispiel mit dem Denkmalschutz, mit Stadtplanung und Urbanität, mit dem Schutz des Schlossgartens und der Bäume, dem Mineralwasser, der schwierigen Geologie, dem Begriff Heimat und vielen anderen Punkten mehr. 

Aber könnte dieser Flughafen- und Filder-Irrsinn nicht der Anlass sein, das Projekt Stuttgart 21 noch einmal zu überdenken? Ich jedenfalls würde mich schämen, wenn ich ca. vier bis fünf nachfolgenden Generationen so etwas hinterlassen würde, wie es jetzt für den Flughafen und die Fildern geplant ist. Und ich bin der Ansicht, dass die Region Stuttgart, dass Baden-Württemberg etwas besseres verdient hat, eine bessere Anbindung des Flughafens und seiner Umgebung, die zudem viel weniger kostet als Stuttgart 21, eine Lösung, die alle oben genannten Nachteile nicht aufweist. Das Bundesland Baden-Württemberg, die Bürgerinnen und Bürger von Baden-Württemberg haben doch nichts verbrochen, dass sie sich so ein schlechtes Projekt gefallen lassen müssten!

Die ganze bisherige Geschichte des Projekts Stuttgart 21 war durch die angebliche Alternativlosigkeit des Projekts gekennzeichnet. Alternativen konnten zu keinem Zeitpunkt ernsthaft in die Diskussion eingebracht werden. Allein über diesen Sachverhalt gibt es inzwischen eine solche Fülle an Artikeln, dass man darüber eine Doktorarbeit in Recht oder Politikwissenschaft schreiben könnte.

Aber es hilft alles nichts: jetzt müssen die Alternativen endlich auf den Tisch. Und Stuttgart 21 muss zumindest solange gestoppt werden, wie für die ernsthafte Prüfung der Alternativen benötigt wird.  Wie eine solche Alternative zur besseren Anbindung des Flughafens aussehen könnte, soll im folgenden Post noch einmal zusammenhängend dargestellt werden. Der Titel der Lösung heißt "Verbesserte S-Bahnanbindung des Stuttgarter Flughafens und Verknüpfung mit dem Bahnnetz von BW über fünf Umsteigeportale".            

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